Hamilton pokert sich zum Heimsieg

Lewis Hamilton gewann 2015 zum dritten Mal sein Heimrennen in England
© getty

Mit dem richtigen Näschen hat Lewis Hamilton sein Heimrennen in Silverstone zum dritten Mal für sich entschieden. Der Weltmeister gewann den Großbritannien-GP vor seinem Teamkollegen Nico Rosberg, dabei hatten die Mercedes anfangs arge Probleme mit den Williams, die ein gutes Resultat durch Strategiefehler verspielten.

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Felipe Massa und Valtteri Bottas hatten sich direkt nach dem Start an beiden Silberpfeilen vorbeigeschoben und führten das Feld bis zum ersten Boxenstopp ungefährdet an. Dann stoppte Hamilton, fuhr zwei schnelle Runden und übernahm so von Platz 3 aus direkt die Führung. Doch damit nicht genug.

Das Ergebnis des Rennens im Überblick

Als in Silverstone der Regen einsetzte, blieben die Williams zu lange auf Trockenreifen. Sebastian Vettel profitierte davon und fuhr mit Intermediates auf Rang 3 vor, Massa wurde Vierter vor seinem finnischen Teamkollegen.

Die schwierigen Bedingungen machte sich auch Daniil Kvyat zunutze. Er wurde im Red Bull Sechster vor Nico Hülkenberg (Force India), Kimi Räikkönen (Ferrari), Sergio Perez (Force India) und Fernando Alonso, der für McLaren-Honda als Zehnter noch einen Punkt holte.

In der Fahrer-WM vergrößerte Hamilton durch den Sieg seinen Vorsprung. Mit 194 Punkten führt er vor Rosberg (177) und Vettel (135). Bottas liegt als Vierter mit 77 Zählern deutlich zurück. Hamilton stellte zudem einen neuen Rekord auf: Als erster Fahrer in der Formel-1-Geschichte führte er 18 Rennen in Folge an. Bisher hielt Jackie Stewart mit 17 den Rekord.

Die Reaktionen:

Lewis Hamilton (Mercedes): "Ich bin so stolz, das kann sich keiner vorstellen. Ich habe in der letzten Runde feuchte Augen bekommen. Meine Kupplung war am Start gut, ich hatte wie Nico nur wenig Grip. Das hat das Rennen aufregender gemacht. Ich habe einfach weiter gepusht. Zum ersten Mal in meiner Karriere habe ich aus Reifensicht die perfekte Entscheidung getroffen."

Nico Rosberg (Mercedes): "Ich habe alles gegeben, um Lewis unter schwierigen Bedingungen einzufangen. Aber er hat die bessere Entscheidung getroffen und ich habe dadurch verloren."

Sebastian Vettel (Ferrari): "Ohne den Regen wären wir nicht auf dem Podium. Wir haben den Kopf eingezogen und sind geduldig genug geblieben, bis es gegossen hat. So ist das in England nun mal. Wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen."

Der Spielfilm:

Vor dem Start: Bei Sauber steht ein abgedecktes Auto in der Box: Felipe Nasr muss wegen Getriebeproblemen auf den Start verzichten. Ungewöhnlicherweise gibt es keine einzige Strafe durch die Stewards.

RE-LIVE: Das ganze Rennen im Ticker

Start: Massa geht von Platz 3 in Führung! Beide Mercedes kommen ganz schwach weg! Bottas übernimmt kurzzeitig Platz 2, bis Polesitter Hamilton entschlossen kontert. Vettel fällt von Platz 6 auf Rang 9 zurück, dafür ist Hülkenberg nach einem Blitzstart Fünfter.

Runde 1: Hinten knallt's! Beide Lotus kollidieren, Romain Grosjean und Pastor Maldonado müssen abstellen. Auch Button wird in den Crash verwickelt und streift Teamkollege Alonso, der Spanier holt sich eine neue Nase, der Brite ist raus. Das Safety Car kommt auf die Strecke.

Runde 3: Wilder Angriff von Hamilton auf Massa beim Restart! Zu wild. Er verbremst sich, kommt zu weit nach außen und Bottas holt sich Platz 2 zurück. Auch Rosberg hat die Angriffschance gegen Hamilton, aber ihm wird die Tür schwungvoll vom Teamkollegen zugeknallt.

Runde 4: Max Verstappen verliert die Kontrolle über seinen Toro Rosso und dreht sich bei Highspeed spektakulär von der Strecke. Rennen beendet.

Runde 11: Ferrari setzt den ersten Schlag gegen Force India: Vettel überholt Perez mühelos mit DRS und ist Achter, Räikkönen verfolgt als Sechster Hülkenberg.

Runde 12: Ricciardo wechselt als erster Fahrer auf die harten Reifen.

Runde 14: Mercedes schickt die Mechaniker mit Reifen vor die Box, doch es kommt keiner rein. Auch die Williams fahren weiter.

Runde 19: Hamilton fährt zum Reifenwechsel und kommt Millimeter vor Perez raus. Freie Fahrt für den Weltmeister! Williams muss reagieren, sonst ist Hamilton vorn. Massa kommt eine Runde später mit Rosberg im Formationsflug in die Boxengasse und beide fahren nebeneinander raus. Der Brasilianer bleibt vor dem Deutschen und verliert doch: Hamilton ist vorn! Bottas kommt einen weiteren Umlauf später rein und verteidigt Platz 3 nach einem knallharten Beschleunigungsduell mit Rosberg, der anschließend auf "Plan B" wechseln soll. Ein zusätzlicher Stopp?

Runde 25: Mixed Signals bei Red Bull, Kvyat kommt im Zuge der Boxenstopps zwar an Hülkenberg vorbei und ist jetzt auf Kurs in Sachen Platz 7, mehr geht auch nicht. Ricciardo hingegen musste bereits aufgeben - Verlust von Motorleistung.

Runde 33: Virtual Safety Car! Mit Carlos Sainz jr. stellt der zweite Jungbulle seinen Toro Rosso ab, die übrigen Piloten müssen die von der Rennleitung vorgegebene Rundenzeit einhalten, die Abstände werden also eingefroren.

Runde 35: Feuer frei! Das virtuelle Safety Car ist aufgehoben und der Himmel macht die Schleusen auf: Erste Regentropfen fallen auf die Strecke. Williams wehrt sich gegen Bottas' Boxenstoppforderung: Es sei nicht nass genug. Drei Runden später holt Räikkönen als erster Fahrer Intermediates ab und verliert viel Zeit - allein im ersten Sektor fehlen drei Sekunden auf die Spitze.

Runde 39: Da ist die Rechnung für Williams! Bottas verliert in Copse fast die Kontrolle, Rosberg beschleunigt sauber raus und übernimmt Platz 3. Hamilton rutscht ebenfalls kurz von der Strecke.

Runde 41: Rosberg spielt den Regengott: Zwei Runden nach dem ersten Manöver gegen den Williams schnappt er sich auch Massa problemlos. Zweiter - und er holt bis zu zwei Sekunden pro Umlauf auf Hamilton auf!

Runde 43: Hamilton kommt zum Boxenstopp rein und beweist ein feines Näschen: Jetzt schüttet es richtig, die Intermediates sind perfekt. Rosberg fährt eine Runde später rein, Massa und Bottas folgen direkt. Vettel ist Dritter, weil Ferrari ihm rechtzeitig die Intermediates gegeben hat.

Runde 48: Hinten hat sich Unglaubliches getan: Alonso ist im Regenchaos an Ericsson vorbeigekommen und hält das erste Pünktchen für McLaren in den Händen.

Ziel: Was für ein Rennen! Nach 52 Runden endet das Chaos

Mann des Rennens: Fernando Alonso hat endlich das Dauerpech besiegt. Nach vier Ausfällen in Folge - der längsten Negativserie seiner Karriere - erreichte der Spanier nicht nur das Ziel. Er ertrickste sich im Regen auch noch seinen ersten Punkt für die neue McLaren-Honda-Kooperation. Das gute Näschen wurde belohnt.

Flop des Rennens: Williams. Die Fahrer waren gut, die Autos stark verbessert. Doch was die Strategen am Kommandostand machten, war leider zu konservativ. Statt Hamilton zu blockieren, ließ man ihn fahren. Statt bei zunehmendem Niederschlag die Strategie zu splitten, wartete man so lange, bis es zu spät war. Statt Doppelsieg gab es Blech für Platz 4 und 5. Schwach.

Das fiel auf:

  • Die Startprobleme bei Mercedes nehmen zu: Schon beim letzten Rennen in Österreich kam Hamilton schlecht weg und verlor so den Sieg. Dieses Mal waren gleich beide Fahrer vom Problem betroffen. Die Drehmomentkurve stimmte nicht, die Räder drehten viel zu stark durch.
  • Williams entschied sich, die Doppelführung nicht durch einen dummen Lapsus zu verlieren. Nach neun Runden wiesen die Renningenieure beide Fahrer an, nicht miteinander zu kämpfen. Bottas erklärte, er sei schneller und wolle vorbei - und bekam die Freigabe für ein klares Manöver. Das ausblieb.
  • Mercedes war von Anfang an mit beiden Autos schneller, kam aber nicht vorbei. Die Traktion der Briten ist mindestens gleichwertig zu der des Werksteams. Die Silberpfeile kamen nicht in Schlagweite und versuchten es mit Tricks: Der angedeutete Boxenstopp sollte Williams dazu bewegen, ein Auto direkt in die Box zu rufen, um die Strategie zu covern. Es kam aber sechs Runden lang keiner der vier Führenden rein.
  • Williams verzichtete anschließend darauf, Mercedes' ersten Stopp zu covern. Ein Fehler. Wären Massa oder Bottas eine Runde früher reingekommen, hätte Hamilton keine freie Fahrt bekommen und sich somit nicht absetzen können.
  • Der Regen brachte alles durcheinander. Ferrari splittete die Taktik und verpasste Räikkönen sehr früh Intermediates. Vettel kam erst später rein, aber genau zum richtigen Zeitpunkt. Der Mut der Italiener wurde belohnt, während Williams sich verpokerte.

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