Valtteri Bottas: Flying Finn 4.0

Valtteri Bottas hob nach seinem zweiten Platz in Silverstone dank der Williams-Crew ab
© getty

In der Formel-1-Saison 2014 kommt es dank verändertem Reglement wieder mehr auf den Fahrer an. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Auch die User haben endlich die Chance zur Mitbestimmung. Teil 9: Der Großbritannien-GP in Silverstone.

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Platz 1, Valtteri Bottas: Um es kurz zusammen zu fassen: Es gibt nichts, was man dem ruhigen 24-Jährigen ankreiden könnte. Der einzige Fahrer, der das prestigeträchtige Formel-3-Masters in Zandvoort gleich zweimal gewonnen hat, beeindruckt die gesamte Formel 1. Selbst Williams' Chefingenieur Rob Smedley erklärte, er sei "ein bisschen überrascht" von der Geschwindigkeit des Finnen gewesen.

Bottas pflügte durchs Feld und sollte sich bald den Spitznamen seines Mentors ausleihen. Nicht nur Mika Häkkinen - der Mann, der Ayrton Senna bei seinem GP-Debüt direkt im Qualfiying besiegte - kann offensichtlich fliegen. Für Bottas reichte es in Silverstone zu Platz 2, obwohl er von Startplatz 15 ins Rennen gegangen war. Natürlich half ihm der Mercedes-Antrieb des Williams dabei, aber die Überholmanöver musste er erstmal so souverän und routiniert ausführen!

Den starken Eindruck kann selbst der schlechte Startplatz nicht mindern. Das Qualifying-Desaster, bei dem beide Williams ausschieden, ging auf die Kappe des Teams. So bleibt nur ein Fazit: Bottas beweist schon wieder, dass er ein sehr, sehr guter Fahrer ist. Vielleicht bekommt er bald die Chance dazu, ein außergewöhnlicher zu sein, und nach Keke Rosberg, Kimi Räikkönen und Häkkinen der nächste fliegende Finne zu werden.

Platz 2, Jenson Button: Apropos fliegen! Auch der Frome Flyer verbuchte ein außerordentliches Wochenende. Während ich Strategie-Fehler im Qualifying nicht dem Fahrer anlasten will, hebe ich positive Überraschungen gerne heraus. Und da kommt Button ins Spiel, der einfach jede Möglichkeit nutzte, die sich ihm bot. Im samstäglichen Regen hatte er keine Probleme, die Reifen aufzuheizen und holte mit einer überzeugenden Runde Rang 3. Zuvor war Startplatz 6 in Bahrain sein bestes Resultat.

Das starke Wochenende setzte er auch am Sonntag fort. Während Teamkollege Kevin Magnussen mit dem auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke etwas benachteiligten McLaren Probleme bei der Verteidigung hatte und Plätze verlor, spielte Button nach dem Start seine Erfahrung aus und brachte sein Auto als Vierter ins Ziel. Die Hommage an seinen Vater John Button war nicht nur mit pinken T-Shirts und pinkem Helm ein Erfolg, auch auf der Strecke setzte der erfahrenste der aktuellen F1-Piloten seinem größten Förderer ein würdiges Denkmal.

Platz 3, Fernando Alonso: Für den Vizeweltmeister zählt, was auch für Bottas zählt: An seinem schlechten Startplatz war der Spanier nicht schuld. Das hat Ferrari verbockt, weil das Team den Wetterbericht nicht lesen konnte. Alonso aber begeisterte am Sonntag - und das nicht zu knapp. Mit brillanten Überholmanövern wie nach Sebastian Vettels Boxenstopp in Runde 35 ging es von Startplatz 16 um zehn Plätze nach vorn.

Fast hätte es sogar noch für Rang 5 gereicht, hätte sich Vettel nicht noch mit der Brechstange vorbeigedrückt. Dass der Deutsche es mit Wut vorbei schaffte, könnte auch an Alonso liegen: Mit seinem Verteidigungsmanöver in Brooklands schoss er etwas über das Ziel hinaus. Das ist aber nur ein minimaler Makel bei seiner sonst perfekten Leistung, die er auch der kleine Fehler am Start nicht schmälern kann.

Platz 4, Nico Rosberg: Pole Position, souveräne Führung und dann bremste der Technikteufel ihn aus. Rosbergs erster Ausfall in der Saison war mehr als nur ärgerlich, weil er wohl gewonnen hätte. Beide Mercedes-Piloten waren auf einer Zwei-Stopp-Strategie unterwegs, selbst Motorsportdirektor Toto Wolff ging davon aus, dass Rosberg die 25 Punkte für den Sieg mitgenommen hätte.

Grundlage dafür war seine vierte Pole im Jahr 2014, die er sich sicherte, weil er die Strecke besser einschätzte. Während WM-Rivale Hamilton lieber früher Feierabend machte, wusste Rosberg, dass der letzte Sektor trockener war als im ersten Q3-Run. Das nutzte er aus - auch eine Fähigkeit, die ein Weltmeister im Idealfall besitzen sollte. Den einzigen Punktabzug bekommt der 29-Jährige, weil er im Qualifying langsamer war als Hamilton.

Platz 5, Daniel Ricciardo: Einen Rang vor Button kam Ricciardo als Dritter ins Ziel. War mehr drin? Nicht bei dem Fehler im Qualifying. Red Bull schickte Ricciardo in Q3 gar nicht mehr zum zweiten Run auf die Strecke, dabei hätte das Team zumindest ausprobieren sollen, ob die Strecke wirklich langsamer ist.

Der Australier ließ sich davon nicht runterziehen und legte ein gutes Rennen hin. Sein einziger Fehler war, dass er sich von Alonso früh überrumpeln ließ. Ricciardo wollte Nico Hülkenberg überholen, das nutzte der Spanier aus und übertölpelte den Youngster. Mehr als Platz 3 war aber gar nicht drin.

Platz 6, Jules Bianchi: Auch Platz 12 im Qualifying kann eine Pole Position sein - zumindest, wenn man einen Marussia fährt und den besten Startplatz der Teamgeschichte holt. Zwar wäre Chilton ohne seine Strafversetzung nur einen Rang schlechter gewesen und Bianchi profitierte vom Debakel bei Ferrari und Williams, doch auch er musste seine Runde erstmal hinbekommen - und das machte er perfekt.

Bianchi nahm Chilton in Q2 deutliche 1,1 Sekunden ab. Das war kein Zufall, schon in Q1 gab es fast exakt denselben Zeitunterschied zwischen beiden Piloten. Dass die Reise am Sonntag nur nach hinten gehen konnte, war schon vorher klar. Der Franzose verhielt sich intelligent und riskierte keinen Ausfall. Eine fehlerfreie Leistung, die mit einem Test bei Ferrari als Ersatz für Kimi Räikkönen belohnt wird.

Platz 7, Sebastian Vettel: Nachdem er ins Rennen als Zweiter gestartet war, holte der Weltmeister letztlich nur zehn Punkte. Dass er nach Hamilton, Bottas, Ricciardo und Button ins Ziel kam, war aber kein Eigenverschulden. Vettels Start war schlecht, was aber auch an der Technik gelegen haben könnte. Danach fuhr Vettel fehlerfrei. Der Boxenstopp in der zehnten Runde war zu früh, auch wenn Vettel so dem Duell mit den langsameren McLaren aus dem Weg ging.

Da Pirelli aber schon vor dem Rennen prognostiziert hatte, dass eine Ein-Stopp-Strategie in Silverstone möglich ist, hätte Red Bull länger warten sollen. Für den 27-Jährigen begann anschließend eine Aufholjagd ohne Erfolgschance. Er musste nochmal in die Box und wurde dennoch aufgehalten. Der Kampf mit Alonso, den er am Ende mit einem Weltklasse-Überholmanöver in der Copse-Kurve für sich entschied, kostete ihn wertvolle Zeit. So bleibt am Ende eine ganz starke Performance in Qualifying, die nicht belohnt wurde.

Platz 8, Lewis Hamilton: Der Silverstone-Sieger schafft es noch in die Punkte. Für mich war Hamilton auch an diesem Wochenende nicht überragend. Am Sonntag war er stark und fuhr etwas schneller als Rosberg, generell hatte er die bessere Pace. Aber hätte das gereicht, um zu gewinnen? Wahrscheinlich wäre es auf ein direktes Duell in den letzten Runden hinausgelaufen, wenn der Deutsche keine Technikprobleme bekommen hätte.

Letztlich hätte sich Hamilton den möglichen Sieg im Qualfying selbst verbaut. Der dritte Fehler am Samstag binnen zwei Wochen ist eindeutig zu viel. Die falsche Einschätzung der Wetterverhältnisse wiegt für mich aber nicht ganz so schwer wie die beiden aufeinanderfolgenden Fahrfehler in Österreich. Deshalb gehört Hamilton für mich dieses Mal wieder in die Top Ten.

Platz 9, Daniil Kvyat: Der Russe macht weiter auf sich aufmerksam: Nach drei technisch bedingten Ausfällen in Folge holte er als Neunter zum vierten Mal in seinem Rookie-Jahr Punkte. Lampenfieber scheint der 20-Jährige nicht zu kennen. Unter schwierigen Bedingungen wies er den erfahreneren Teamkollegen Jean-Eric Vergne am Samstag in die Schranken.

Hätte es keine Verbesserungen gegeben, während er in der Box bleiben musste, wäre Kvyat vom fünften Platz gestartet. Auch am Sonntag bestätigte der Red-Bull-Junior die gute Form: Er blieb vor Vergne, 0,6 Sekunden trennten den Toro-Rosso-Piloten am Ende von Nico Hülkenberg. Eine echte Überholchance hatte er gegen den Mercedes-Antrieb wohl nicht.

Platz 10, Nico Hülkenberg: Hülkenberg oder Magnussen - das war für mich das Duell um den letzten Platz in den Punkterängen im Driver-Ranking zum Großbritannien-GP. Für mich gewinnt der Deutsche.

Er startete zwar schlecht und sein vierter Platz im Qualifying resultierte vor allem aus den Wetterbedingungen, aber er machte weniger Fehler als der Däne. Der Force India war einfach nicht schnell genug für ein besseres Resultat.

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