Ist der Mercedes-Streit beendet?

Nico Rosberg und Lewis Hamilton führen für Mercedes die WM souverän an
© getty

Heben Nico Rosberg und Lewis Hamilton ihr Mercedes-interes Duell beim Belgien-GP (alle Sessions im LIVE-TICKER) auf ein neues Level oder haben die Gespräche in der Sommerpause Früchte getragen? Im Formel-1-WM-Kampf beginnt in Spa-Francorchamps die brenzlige Phase. Wer im Vorteil ist, wissen selbst die größten Experten nicht: Doch ein Team schwingt sich auf, die Dominanz der Silberpfeile zu unterbrechen.

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Trotz vier Wochen Sommerpause, in denen alle Teams die Fabriken kurzzeitig verriegeln mussten und zum Urlaub gezwungen wurden, ist das letzte Rennen in Budapest noch immer in den Köpfen. "Das werden wir intern diskutieren müssen ", hatte Rosberg wütend erklärt, nachdem sein Teamkollege ihn nicht kampflos durchgelassen hatte. "Wenn er ihn vorbeigelassen hätte, hätte Nico vermutlich das Rennen gewonnen", sagte Motorsportchef Toto Wolff damals.

Mittlerweile sind die Gespräche geführt, die Piloten gingen anschließend in den Urlaub. Während Rosberg mit seiner Ehefrau Vivian in Italien die Flitterwochen genoss, wurde Lewis Hamilton dank dem karitativen Einsatz seiner Freundin Nicole Scherzinger sogar im Weißen Haus empfangen. Ausgeräumt sind die Probleme allerdings offenbar nicht, sämtliche Mercedes-Mitglieder weichen dem Thema aus.

"Es war chaotisch nach Ungarn. Ich will nicht zu viele Details erzählen", sagt Rosberg in Spa und lässt sich auch auf Nachfragen nicht ein: "Tut mir leid, ich möchte da nicht mehr ins Detail gehen. Das sind teaminterne Sachen. Sowas kommt vor, da müssen wir Sachen in der Zukunft ändern und wir haben darüber geredet."

Hamilton: "Es ist wie beim Pokern"

Was dabei herausgekommen ist? In welche Richtung die Gespräche gingen? Das wollte der WM-Führende nicht verraten. Offener Kampf oder Zurückhaltung? Durchlassen, wenn der Stallrivale auf anderer Strategie unterwegs ist, oder draufhalten? "Es ist ein bisschen wie beim Pokern. Dein Gegner sollte nicht wissen, was du am Ende auf der Hand hast, aber Nico und ich können die Karten des anderen sehen, es ist daher viel schwieriger, sich zu schlagen", hatte Hamilton das Verhältnis kürzlich beschrieben.

In Belgien könnte die Luft schon wieder brennen. Schon nach dem Österreich-GP hatte Wolff angekündigt, das Duell seiner Piloten werde nach der Sommerpause "potenziell noch heißer", wenn der Vorsprung auf die Verfolger bis dahin gleich bliebe. In den drei nachfolgenden Rennen hat sich kaum etwas geändert: Elf Punkte führt Rosberg vor Hamilton, weitere 60 Punkte dahinter folgt Daniel Ricciardo.

Wolff: "Das ist Neuland"

"Es wird wohl noch hitziger, aber wenn wir so weitermachen wie bisher, bin ich vorsichtig optimistisch, dass nur unsere Fahrer um die Weltmeisterschaft kämpfen", sagt Wolff nun: "Wollen wir das anpassen, weil es nur um die beiden und eine Weltmeitschaft geht? Das ist die Frage. Ich weiß es nicht, weil ich noch nicht in der Situation war. Das ist Neuland."

Die Meinungen, wer im WM-Kampf die Nase am Ende vorn haben wird, sind selbst unter Ex-Weltmeistern geteilt. Gegenüber der BBC stellte sich Nigel Mansell auf die Seite seines Landsmanns Hamilton, Jody Scheckter hält dagegen. "Ich glaube, Lewis beschäftigt sich zu sehr mit allem Möglichem abseits des Rennsports, anstatt die Ruhe zu bewahren", sagte der Südafrikaner.

Das überzeugte selbst Mansell: "Seine Achillesferse ist, wenn Sachen ein bisschen schief laufen", so der 61-Jährige: "Er setzt sich selbst mehr unter Druck, als es nötig wäre." Scheckter ergänzte: "Rosberg scheint die äußeren Einflüsse besser ausblenden zu können und ich glaube, Lewis konzentriert sich zu sehr darauf, seinen Teamkollegen zu besiegen."

Kracht es wieder zwischen den zwei Alphatieren?

Es sind immer wieder die gleichen Stereotypen, die den beiden Fahrern angedichtet werden: Hamilton ist der schnellere und talentiertere Fahrer, Rosberg ist intelligent und konstanter. "Nico hat alles, was du zum Siegen brauchst - auch die nötige Härte. Auch er ist ein Alphatier wie Lewis", beendet Wolff die Diskussion.

Eins scheint sicher: Sobald Mercedes wieder verschiedene Strategien wählt, geht der Streit in die nächste Runde. Der Zweite wird sich wieder aufregen, weil er sich benachteiligt fühlt. Zur Not widersprechen sich wieder Hamilton-Intimus und Aufsichtsratschef Niki Lauda und sein Motorsportchef.

"Unser Ziel ist, die schwierigeren Zeiten der letzten Zeit hinter uns zu lassen. Ab jetzt wollen wir bei jedem Rennen die besten Momente wiederholen", versuchte auch Hamilton die öffentlichen Diskussionen um den Zwist im Keim zu ersticken. Ein Kontrollverlust im Duell wäre das letzte, was er gebrauchen kann. Schließlich hat die Konkurrenz noch immer nicht aufgegeben.

"Mit Blick auf Spa sowie unsere zurückliegenden Leistungen steht eins fest: Das Hauptaugenmerk unseres Teams muss auf der Zuverlässigkeit liegen", betont Wolff nach den technischen Problemen in Kanada, Österreich, Deutschland und Ungarn: "Nur dann können wir unseren hart erarbeiteten Vorsprung aus der Anfangsphase dieses Jahres aufrechterhalten."

Williams wieder auf Augenhöhe?

Schon auf dem Red-Bull-Ring haben die Silberpfeile ihren Fahrern mehr Leistung freigegeben, weil Williams plötzlich auf der Pole Position stand und auch im Rennen nicht weit weg war. Auch in Spa schickt sich die Truppe aus Grove an, Mercedes wieder zu ärgern und peilt sogar einen Sieg aus eigener Kraft an.

"Theoretisch sollten Spa und Monza die nächsten richtig guten Rennen für uns sein", sagt Valtteri Bottas: "Vielleicht sogar die besten der ganzen Saison..." Zwar hat Williams mit dem Mercedes-Kundenmotor dasselbe Aggregat wie das dominante Werksteam, doch auch die Privatiers haben bei der Integration große Fortschritte gemacht.

Spa müsste den Stärken des FW36 zudem in die Karten spielen. "Die Empfindlichkeit beim Luftwiderstand ist sehr hoch. Wir wissen, dass unser Auto darin sehr gut ist", betont Chefrenningenieur Rob Smedley. Problematisch wird es allerdings im Mittelsektor: Dort fordern die schnellen Kurven mehr Abtrieb, weshalb sich die Silberpfeile wohl wieder allein an der Spitze duellieren können.

"Wir müssen so nah an ihnen dran sein wie möglich. Dann können wir profitieren, wenn sie Probleme haben", nimmt sich Bottas ein Vorbild an Ricciardos Siegen in Kanada und Ungarn. Massa ist sogar überzeugt auch ohne Schützenhilfe um den Sieg zu fahren: "Ich denke, dass es nicht einfach wird. Aber es ist nicht unmöglich."

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