Ricciardo nutzt Mercedes-Eskalation

Daniel Ricciardo feierte in Spa seinen zweiten Formel-1-Sieg in Folge, den dritten seiner Karriere
© getty

Der "Krieg der Sterne" ist in Spa endgültig eskaliert: WM-Spitzenreiter Nico Rosberg schlitzte bei einem Überholmanöver Lewis Hamilton den Hinterreifen auf, dessen Rennen danach gelaufen war. Den Crash der beiden Mercedes-Piloten nutzte Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo zu seinem dritten Saisonsieg und triumphierte beim Großen Preis von Belgien vor Rosberg und dem Finnen Valtteri Bottas im Williams.

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Hamilton fuhr nach einer frustrierenden und wenig erfolgreichen Aufholjagd seinen Silberpfeil fünf Runden vor Schluss freiwillig in die Box und liegt im Gesamtklassement mit 191 Punkten jetzt 29 Zähler hinter Rosberg (220).

Weltmeister Sebastian Vettel wurde im Red Bull Fünfter, kam aber nicht an Kimi Räikkönen vorbei. Der Finne erlebte sein bestes Rennen seit der Rückkehr zu Ferrari und wurde Vierter.

Vizeweltmeister Fernando Alonso belegte hinter den McLaren-Piloten Kevin Magnussen und Jenson Button den achten Rang, rutschte aber noch weiter einen Platz nach vorn. Magnussen wurde von den Stewards nach der Zieldurchfahrt mit einer 20-Sekunden-Strafe belegt und nur als Zwölfter gewertet.

Dadurch gewann auch Force-India-Pilot Nico Hülkenberg einen Platz und bekam als Zehnter noch einen WM-Punkt. Adrian Sutil im Sauber ging auf Rang 14 dagegen leer aus.

Das Resultat des Rennens in der Übersicht

Reaktionen:

Nico Rosberg (Mercedes): "Ich habe schnell aufgeschlossen, habe angegriffen und dabei haben wir uns leider berührt. Aus Teamsicht ist es enttäuschend. Ich habe mir es aber noch nicht genau angeschaut und will es vorher nicht kommentieren."

Lewis Hamilton (Mercedes): "Ich habe nicht verstanden, was da passiert ist. Ich habe nur einen harten Aufprall am Heck gespürt. Ich habe ihm Platz gelassen, ich verstehe das echt nicht. Das ist nicht gut für das Team, wir hätten leicht einen Doppelsieg haben können."

Daniel Ricciardo (Red Bull): "Es ist etwas anders, wenn du ein Rennen so lange anführst. Man muss sich zusammenreißen, konstant und sauber fahren. Als Nico noch einmal an die Box fuhr, wusste ich, dass er zum Schluss hin schnell sein würde. Deshalb musste ich meine Pace halten, um vor ihm zu bleiben."

Valtteri Bottas (Williams): "Wir sind auf jeden Fall auf dem richtigen Weg. Wieder ein Podium, das vierte in meiner Karriere und für uns in dieser Saison. Wir jagen die anderen und wollen ganz nach oben."

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Start: Nach dem Qualifying im Regen haben die Fahrer freie Reifenwahl, doch nur Adrian Sutil startet von Platz 14 auf den härteren Medium-Slicks. Alonso hat vor der Einführungsrunde Probleme, sein Wagen war noch aufgebockt. Zwar kann er noch losfahren, er bekommt aber eine Fünf-Sekunden-Strafe, weil die Mechaniker das 15-Sekunden-Signal nicht beachtet haben.

RE-LIVE: Das ganze Rennen im Ticker

Start: Schwacher Start von Polesetter Rosberg, Hamilton ist sofort vorbei. Vettel attackiert ihn direkt außen in La Source und ist beim Beschleunigen vorne. Doch er macht beim Anbremsen zu Les Combes einen Fehler, muss in die Auslaufzone und Rosberg schlüpft wieder auf Platz zwei durch.

Runde 2: Rosberg attackiert Hamilton in Les Combes, der schlägt die Tür brutal zu. Rosbergs Frontflügel zerbröselt auf der rechten Seite, Hamiltons trifft es richtig hart: Sein linker Hinterreifen wird aufgeschlitzt, er muss knapp sechs Kilometer an die Box zurückschleichen.

Runde 4: Ricciardo passiert Alonso vor Les Combes und ist Dritter. Rosberg bestellt an seiner Box einen neuen Frontflügel, die Annahme dieser Order wird aber von Mercedes verweigert, er soll weiter draußen bleiben.

Runde 7: Vettel kommt in der ultraschnellen Pouhon auf den Randstein und ins Schlingern, Ricciardo geht vorbei und ist nun also erster Verfolger von Rosberg.

Runde 8: Bottas kassiert Alonso in der langen DRS-Zone ein und ist jetzt Dritter. Rosberg kommt rein, um sich einen neuen Frontflügel zu holen, Räikkönen folgt und geht vorbei. Ricciardo ist jetzt in Führung und fährt direkt die schnellste Rennrunde, Vettel ist Zweiter.

Runde 10: Heute ist mehr Lametta! Rosberg hat sich an der Funkantenne irgendwelche Strippen eingefangen, die er nicht wegbekommt. Sie reichen bis zu seinem Helm und flattern im Wind. Das muss irritieren!

Runde 17: Alle Spitzenpiloten waren an der Box. Ricciardo führt vor Räikkönen, Vettel, Rosberg und Bottas. Der WM-Führende geht vor der Bus-Stop ins Rad-an-Rad-Duell mit Vettel und verschätzt sich. Er muss eine Vollbremsung hinlegen, fährt sich einen Bremsplatten ein und lässt Bottas ganz nah herankommen. Der Williams-Pilot geht auf der Kemmel Straight mühelos mit DRS vorbei.

Runde 20: Unplanmäßiger Stopp von Rosberg, er muss sich wegen seines Fehlers frühzeitig neue Reifen holen und kommt als Zehnter wieder raus. Räikkönen kommt zwei Runden später rein und hinter dem Deutschen wieder raus. Vettel reiht sich hinter beiden wieder ein.

Runde 24: Rosberg gegen Button, der Brite kontert erfolgreich, aber jetzt kommt die Kemmel Straight und hier ist der Werksmercedes stärker. Alonso ist Rosbergs nächster Gegner, auch das klappt mit DRS auf Start und Ziel mühelos. Rosberg wieder Dritter, Hamilton ist aktuell 16.

Runde 28: Ricciardo kommt zur Box und wechselt auf die harten Reifen. Das wollte Mercedes: Rosberg bleibt noch drei Sekunden hinter ihm, hat aber die älteren Reifen und eine Strategie-Option.

Runde 31: Vettel hat wieder den lästigen Bottas im Genick. Das ist das einzige aktuelle Duell im vorderen Feld und der Finne entscheidet es für sich. Bottas schafft es auf Kemmel außen, tolles Manöver, das mit P4 belohnt wird. Und Räikkönen ist keineswegs außer Reichweite.

Runde 35: Rosberg nutzt die Strategie-Option, kommt rein, holt sich die weichen Reifen und kommt genau zwischen Räikkönen und Bottas wieder raus. Die Jagd auf Ricciardo beginnt, innerhalb einer Runde ist der Mercedes-Pilot wieder Zweiter.

Runde 40: Hamilton kommt in die Box. Seit der Hälfte des Rennens fragte er immer wieder über Funk bei der Box nach, ob er nicht das Auto abstellen darf, um Material zu schonen. Jetzt erfüllt ihm das Team seinen Wunsch.

Runde 40: Bottas überholt Räikkönen mit DRS und hat jetzt den dritten Platz auf dem Podium sicher.

Runde 41: Von hinten pflügt Vettel mit weichen Reifen durchs Feld, er war zeitgleich mit Rosberg in die Box gekommen. Als Achter sind Button, Alonso und Magnussen noch auf seiner Liste.

Runde 42: Wie viele Sekunden sind es noch zwischen Ricciardo und Rosberg? Acht Sekunden, das müsste für den Australier reichen.

Runde 42: Weiter hinten sind mit Button, Magnussen, Alonso und Vettel vier Autos praktisch nebeneinander auf der Kemmel Straight. Button ist der große Verlierer und fällt zurück, Alonso ist beim Duell mit Magnussen neben der Strecke und Vettel ist auch an ihnen vorbei.

Ziel: Ricciardo gewinnt sein zweites Rennen in Folge vor Rosberg, Bottas gewinnt das Duell der Finnen und wird Dritter vor Räikkönen. Räikkönen ist Vierter vor dem Viererpack Vettel, Magnussen, Button und Alonso. Sergio Perez und Daniil Kvyat komplettieren die Punkteränge.

Nach dem Ziel: Die Stewards belegen Magnussen mit einer 20-Sekunden-Strafe für sein Verteidigungsmanöver gegen Alonso in der vorletzten Runde. "Der Fahrer von Auto Nummer 20 ließ nicht genug Platz für Auto Nummer 14 und zwang das Auto neben die Strecke", lautete die Begründung. Damit wird Magnussen nur als Zwölfter gewertet, Hülkenberg rutscht auf Platz zehn vor.

Mann des Rennens: Kimi Räikkönen. Der Iceman rehabilitiert sich auf seiner Paradestrecke. Rang vier ist mit Abstand sein bestes Resultat in dieser Saison, das er mit einer für ihn absolut typischen Fahrt sicherte. Ein früher Boxenstopp verbunden mit seiner endlich wieder schnellen und unspektakulären Fahrweise brachte ihn nach den ersten Reifenwechseln auf Rang zwei vor. Dabei war er am Start nur Achter gewesen.

Flop des Rennens: Felipe Massa. Was war das, Felipe? Von Rang neun gestartet, sollte es für den Brasilianer schnell nach vorne gehen. Der Williams sei für trockene Bedingungen ausgelegt, der geringere Luftwiderstand zahle sich am Sonntag aus. Bei Teamkollege Bottas klappte das, der Finne fuhr von sechs auf drei. Massa bekam es nicht hin. Startplatz neun verwandelte sich in den 13. Platz bei Überquerung der Ziellinie.

Manöver des Rennens: Eigentlich schien schon alles gelaufen, dann wurde es kurz richtig hektisch! Fünf Autos fuhren fast nebeneinander, als Alonso, Magnussen und Button in der 43. Runde auf der Kemmel Max Chilton und Marcus Ericsson überrundeten. Alonso musste bei Tempo 300 ins Gras und bekam Les Combes gerade noch. Der Nutznießer war Vettel, der nacheinander alle einkassierte. Pech für Alonso: Im Dogfight fuhr er sich in La Source noch an Vettels Hinterrad den Frontflügel kaputt und musste Button in der letzten Runde vorbeilassen.

Das fiel auf:

  • Der Krieg der Sterne eskaliert! Hamilton und Rosberg machen das, was sie um jeden Preis vermeiden sollten: Auf der Strecke kollidieren. Beide hatten dadurch Probleme: Hamiltons Auto war gar nicht mehr leistungsfähig, Rosberg musste den Frontflügel wechseln und verlor dadurch Plätze.
  • Hamilton dachte frühzeitig voraus. Er sah keine Chance auf eine Safety-Car-Phase und wollte seine Antriebseinheit schonen. Mercedes verweigerte ihm den frühen Feierabend und ließ ihn noch 200 Kilometer abspulen. Im Saisonverlauf könnte sich das noch bemerkbar machen, wenn Hamilton die Maximalanzahl von fünf Powerunits überschreitet.
  • Der Spa-Ansatz von Red Bull zahlte sich aus: Vettel und Ricciardo verloren mit dem kleineren und flacheren Heckflügel zwar in den Kurven etwas Zeit, waren dafür aber endlich fähig, sich auf den Geraden zu verteidigen und andere zu überholen. Sogar die Mercedes-Piloten mussten aufpassen, Vettel wäre nach dem Start fast in Führung gegangen.
  • Taktik-Spielchen bestimmten die Schlussphase. Mercedes änderte Rosbergs Taktik mehrmals und zwang Ricciardo schließlich, den früheren Stopp des Deutschen zu covern. Das ergab Sinn: Mit dem weichen Slick sollte Rosberg noch den Sieg holen. Am Ende war der Abbau der Reifen allerdings etwas zu groß, die Taktik ging nicht ganz auf.
  • Insgesamt waren in Spa vierTeams vorne auf Augenhöhe: Red Bull, Ferrari, Williams und McLaren. Das verspricht für die nächsten Rennen Spannung. Vor allem, wenn Mercedes weiter die eigenen Probleme mit der Haltbarkeit und dem internen Kampf seiner Fahrer nicht in den Griff bekommt.

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