"Vettel wird Durchmarsch hinlegen"

Sebastian Vettel kann in Indien sein sechstes Rennen in Folge gewinnen und die WM entscheiden
© getty

Der Countdown zur WM-Entscheidung läuft. Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel hat beim Großen Preis von Indien (alle Sessions im LIVE-TICKER) erstmals die Chance, seinen vierten Titel in der Fahrer-WM aus eigener Kraft perfekt zu machen. Lewis Hamilton wirft schon die Flinte ins Korn. Red Bull kann wohl nur durch eigene Fehler die Entscheidung aufschieben. Dabei drohte dem Rennen noch die Absage.

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Die Ausgangslage ist eindeutig. Vettels Vorsprung vor Fernando Alonso beträgt 90 Punkte. Kommt der Heppenheimer am Sonntag nach 60 Runden auf dem 5,125 Kilometer langen Buddh International Circuit mindestens als Fünfter über die Ziellinie, ist ihm der Titel nicht mehr zu nehmen.

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Auch wenn Alonso Zweiter wird, reicht Vettel ein achter Platz zum Triumph. Kommt der Spanier noch weiter hinten ins Ziel, ist Vettel unabhängig von seiner Platzierung bei noch drei ausstehenden Rennen definitiv der jüngste Vierfachweltmeister der Formel-1-Geschichte.

Hamilton steckt die Flinte ins Korn

Die Rechenspiele wirken unnötig. "Wenn er keine Probleme mit der Zuverlässigkeit bekommt, dann wird er einen Durchmarsch hinlegen. Darauf würde ich mein Geld setzen", steckt Mercedes-Pilot Lewis Hamilton schon vor der ersten Runde die Flinte ins Korn.

Auch Vettel braucht keinen Rechenschieber. "Bisher lief in Indien alles perfekt für uns", untertreibt der 26-Jährige. Er stand bei beiden bisher ausgetragenen Rennen auf der Pole Position, gewann beide Rennen, wobei er jede einzelne Runde anführte. Nach fünf Siegen in Folge für den Deutschen rechnet sich mittlerweile kein anderer Pilot wirklich noch Chancen auf Platz eins aus.

Durch einen Sieg würde Vettel zudem den vierten Doppeltitel in Folge perfekt machen. Ferrari liegt als Zweiter der Konstrukteurswertung 148 Punkte hinter Red Bull. Das Team aus Milton Keynes braucht also lediglich 24 Punkte für die vorzeitige Verteidigung des Herstellertitels.

GP-Absage verhindert

Die der aktuellen Dominanz von Red Bull gab es nur einen Grund, warum der Weltmeisterrennstall nicht den sechsten Sieg in Folge feiern sollte. Indiens Oberster Gerichtshof vertagte am Freitag allerdings seine Entscheidung bezüglich einer Petition gegen die privaten Organisatoren des 16. von 19 Saisonrennen.

"Die entsprechende Anhörung findet nächste Woche statt," sagte ein mit der Sache vertrauter Anwalt der Nachrichtenagentur AFP: "Das bedeutet, dass das Rennen gestartet werden kann."

Die Veranstalter sollen dem indischen Fiskus Steuern in Millionenhöhe schulden. Eine Absage wäre wohl das endgültige Aus für den Grand Prix gewesen, der nach Aussage von Bernie Ecclestone aus politischen Gründen aus dem Kalender für 2014 gestrichen wurde.

Weil der F1-Zirkus auf das drohende Fiasko kaum Einfluss hat, konzentrieren sich alle Anwesenden auf das Sportliche. "Es ist eine sehr fordernde Strecke für Wagen und Fahrer", beschreibt Webber den Kurs vor den Toren von Delhi: "Sie ähnelt sehr der ehemaligen Strecke in der Türkei, aber der mittlere Sektor ist stark vergleichbar mit Silverstone: sehr, sehr schnell."

Durchschnittsgeschwindigkeit über 200 km/h

Bei den Piloten ist die Strecke mit ihrer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 200 km/h beliebt. Durch die ausgeprägten Höhenunterschiede müssen sie einige Kurven blind anfahren. Auch das Ende der 1,2-Kilometer langen Gegengerade ist tückisch. Hier wird von 320 auf 90 Stundenkilometer verzögert, wobei in Turn 4 eine flexible Linienwahl möglich ist, die das Überholen einfacher macht.

Dabei sind vor allem die Motoreningenieure gefragt. Der Asphalt wird zwar am Freitag in den Freien Trainings gereinigt. "Über Nacht weht dann neuer Staub von den umliegenden Äckern auf die Piste", so Renault-Einsatzteamleiter Remi Taffin. Die Drehmomentkurve wird deshalb weniger aggressiv programmiert.

"Das Aggregat gibt seine Kraft sanfter ab und beißt weniger am Kurvenausgang. Das Vorgehen ist auch sinnvoll, weil die Reifen so etwas länger durchhalten", erklärt der Franzose. Da Pirelli mit den Medium- und Soft-Slicks weichere Mischungen als 2012 dabei hat, deren Rundenzeiten nicht weit auseinanderliegen, wird die Taktik am Sonntag entscheiden.

Dreikampf um Platz zwei

Von den weicheren Gummimischungen dürfte vor allem Lotus profitieren. Schon in Suzuka beeindruckte Romain Grosjean, der seinen Lotus-Teamkollegen Kimi Räikkönen mit einem fantastischen Start und einem dritten Platz überflügelte. "Nach einer Runde dachte ich, es wäre mein Tag. Aber der erste Sieg wird schnell kommen", sagt der Franzose.

Das frühere Weltmeisterteam aus Enstone will Ferrari weiter unter Druck setzen. Aktuell liegt liegt in der Teamwertung nur noch 33 Punkte hinter der Scuderia. Allein in den drei letzten Rennen machten Grosjean und Räikkönen 34 Punkte gut. Eine weitere Verbesserung würde wichtige Preisgelder aus dem Marketingtopf bringen.

Die Truppe aus Maranello liegt aktuell meilenweit hinter den eigenen Erwartungen zurück. "Wir prüfen, ob es die letzten vier Rennen wert sind, noch ein paar Verbesserungen zu bringen, um die Fahrer zu motivieren", erklärt Chefingenieur Nick Fry.

Ex-Lotus-Mann Allison debütiert für Ferrari

Den zweiten Platz sichern soll der Mann, der Lotus in den letzten Jahren stark machte: James Allison fungiert in Indien erstmals als Technischer Direktor bei Ferrari. "Korea und Japan waren für uns sehr enttäuschend, da unser Auto nicht mit an der Spitze mitkämpfen konnte", sagte der Engländer: "Wir sind nicht auf dem Level, wo wir eigentlich sein sollten."

Während sich Fernando Alonso mit einem neuen Helm ablenkt und damit seinen Rekord von 1571 WM-Punkten feiert, hat sich Mercedes intensiv vorbereitet. "Die vergangenen drei Rennen haben gezeigt, dass uns ein harter Kampf um den zweiten Platz in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft erwartet", so Motorsportdirektor Toto Wolff: "Wir haben gesehen, dass wir die nötige Performance besitzen, um unser Ziel zu erreichen."

Allerdings müssen die Silberpfeile dafür die Fehler der letzten Rennen abstellen. Aktuell liegen sie zehn Punkte hinter Ferrari. Dabei droht Gefahr von hinten: Da das Layout des Buddh International Circuit mit der Strecke in Südkorea vergleichbar ist, könnte Sauber wieder für eine Überraschung sorgen.

"Wir kämpfen in einem extrem engen Mittelfeld, entsprechend wichtig ist es, das Maximum aus dem Auto herauszuholen", sagt Tom McCullough, der den Renneinsatz der Schweizer leitet. Ein weiterer vierter Platz von Nico Hülkenberg wäre Gold wert im Kampf Platz sechs bei den Herstellern.

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