Mahnung an Sebastian Vettel

SID
Sebastian Vettel wurde nach seiner Kollision mit Narain Karthikeyan in Sepang nur Elfter
© Getty

Auch in der Formel-1-Saison 2012 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Mey nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 2: Malaysia-GP.

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Was für eine kunterbunte Top Ten in Sepang! Das Rennen war so turbulent und der Ausgang so überraschend, dass auch meine Top Ten der Fahrer außergewöhnlich ist. Magier Fernando Alonso ist natürlich unantastbar, bester Deutscher ist Michael Schumacher. Sebastian Vettel muss sich für seine Nullnummer auch ein wenig an die eigene Nase fassen.

Meine Wertung für den Malaysia-GP:

Platz 1, Fernando Alonso: Wenn mich seine Leistung beim fünften Platz in Melbourne schon begeistert hat, was soll ich dann jetzt noch schreiben? Magisch trifft es vielleicht ganz gut. Alonso erinnerte mit seiner Siegesfahrt durch den Regen von Sepang ein klein wenig an Michael Schumacher bei seinem ersten Ferrari-Sieg 1996 in Barcelona. Wenngleich dessen überlegener Triumph damals noch beeindruckender war. Aber trotzdem: Alonso ist bisher eindeutig der Fahrer der Saison.

Platz 2, Sergio Perez: Direkt hinter ihm folgt aber sowohl in diesem Rennen als auch in der ganzen Saison Perez. Als ob ihn die ganzen Gerüchte um einen Wechsel zu Ferrari anstacheln würden, lieferte er im Sauber einen Husarenritt ab. Er hatte im letzten Rennviertel bei abtrocknender Strecke das schnellste Auto im ganzen Feld und nutzte das, um Alonso einzuholen. Dass er dann den ersten Sieg vor Augen den entscheidenden Fehler machte, der ihn Rang eins kostete, ist vielleicht die Kleinigkeit, die ihn noch von Supertalenten wie Alonso oder Vettel trennt. Bereit für ein Spitzencockpit präsentiert er sich aber allemal. Die Ferrari-Gerüchte werden nicht abreißen.

Platz 3, Kimi Räikkönen: Willkommen zurück auf dem Podium, Iceman! Zumindest im Ranking. Sich nach zwei Jahren Pause unter diesen Bedingungen mit nahezu unbekannten Pirelli-Regenreifen so sicher auf der Strecke zu halten und dann am Ende bei abtrocknender Strecke neben Perez der schnellste Mann im Feld zu sein, nötigt mir Respekt ab. Es ist wirklich so, wie Räikkönen immer sagt: Es scheint, als wäre er nie weg gewesen. Nach eigener Aussage hat er seine schnellsten Runden am Ende auch noch mit einem völlig verdreckten Visier gedreht, weswegen er die trockene Ideallinie kaum sehen konnte. Da kommen dann wohl die Rallye-Gene durch. Ich fand auch Rang fünf im Qualifying von ihm schon sehr stark, der dann wegen des Getriebewechsels den zehnten Startplatz bedeutete. Der Iceman selbst meinte aber, ohne ein paar kleine Fehler hätte er sogar auf Rang eins fahren können. Das zeigt seinen Anspruch. Weiter so!

Platz 4, Lewis Hamilton: Seine Quali-Runde war wieder stark, wenn auch nicht mehr ganz so beeindruckend wie in Melbourne. Button war wieder dicht an ihm dran und auch Schumacher hätte ihn fast geschlagen. Im Rennen hat Hamilton keine Fehler gemacht und hatte Pech, als er bei seinem Boxenstopp einige Sekunden verlor. Ob ihn die jedoch den Sieg gekostet haben, ist fraglich, denn erstaunlicher Weise konnte er bei abtrocknender Strecke das Tempo von Alonso nicht mitgehen. Und das von Perez schon gar nicht. Wie in der Einleitung erwähnt: verkehrte Welt in Sepang.

Platz 5, Michael Schumacher: Sein dritter Platz im Qualifying war beeindruckend wie seine ganze bisherige Saison. Er und der neue Silberpfeil, das scheint einfach zu passen. Im Gegensatz zu Teamkollege Rosberg, der noch offensichtliche Probleme mit dem neuen Auto hat. Schumacher lässt Rosberg zum ersten Mal im direkten Vergleich alt aussehen. Es wäre nur schön, wenn man von ihm mal ein sauberes Rennen ohne irgendwelche frühe Zwischenfälle wie den Ausfall in Melbourne und den unverschuldeten Dreher in Sepang sehen würde.

Platz 6, Mark Webber: Der Australier hat zum zweiten Mal in Folge Vettel im Qualifying geschlagen. Und zwar vor allem deshalb, weil er die weicheren Reifen zum Arbeiten gebracht hat, Vettel nicht. Im Rennen waren Webber und Vettel auf fast gleichem Niveau unterwegs. Am Ende profitierte Webber von Vettels Zwischenfall mit Karthikeyan und erbte dessen vierten Platz. Aber dazu gleich mehr.

Platz 7, Sebastian Vettel: Seine Probleme mit den Reifen, die wir aus dem vergangenen Jahr überhaupt nicht kannten, habe ich schon erwähnt. Danach war sein Rennen sehr unauffällig, aber weitgehend fehlerlos, was unter diesen Bedingungen schon eine gute Leistung ist. Dann kam die verhängnisvolle Überrundung von Karthikeyan. Die geht auch meiner Meinung nach letztlich auf die Kappe des Inders, schließlich ist er derjenige, der dem Favoriten Platz machen muss. Dafür wurde er nachträglich ja auch noch bestraft. Ich muss aber an Vettel auch kritisieren, dass er es unnötig knapp gemacht hat. Die Strecke war an dieser Stelle unglaublich breit, Vettel hatte keine Position mehr zu gewinnen. Er hätte drei Meter Platz zu Karthikeyan lassen können, zumal der HRT-Pilot dafür bekannt ist, beim Überrunden manchmal für Probleme zu sorgen. Letztlich ist Vettel zwar der Pechvogel in dieser Szene, aber er ist auch ein völlig unnötiges Risiko eingegangen. Es ging nur darum, wichtige WM-Punkte sicher nach Hause zu fahren. Da muss er nicht so knapp vor Karthikeyan wieder einscheren.

Platz 8, Bruno Senna: Heimlich, still und leise hat sich Senna im Chaos von Sepang durchs Feld geschlichen und ist als sensationell starker Sechster ins Ziel gekommen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich fehlerfreie Leistungen in schwierigen Rennen bisher nicht als eine Stärke von Senna ausgemacht. Von daher großen Respekt! Auch im Qualifying war er diesmal schon sehr viel näher an Teamkollege Maldonado dran als noch in Melbourne. Das Williams-Duo überrascht mich weiter positiv.

Platz 9, Paul di Resta: Zweites Rennen, zweite Platzierung in den Punkten. Di Resta holt aus dem eigentlich nicht sonderlich konkurrenzfähigen Force India das Optimum heraus. Genau das sollte ein Teamleader machen. Diesmal lag der DTM-Champion von 2010 auch im Qualifying vor Teamkollege Hülkenberg.

Platz 10, Nico Hülkenberg: Mit den ersten WM-Punkten hat er sich auch den ersten Zähler im Ranking verdient. In einem Force India, der momentan vom Speed her das Schlusslicht im Mittelfeld zu sein scheint, zu glänzen, ist schwer. Er hat es im Qualifying in Melbourne und im Rennen in Sepang geschafft. Das spricht für ein bisher gelungenes Comeback.

Härtefall 1, Jenson Button: Diesmal keine Punkte für den sonst so abgezockten Racer. Und zwar deshalb, weil er bei seiner Kollision mit Karthikeyan einen Fehler gemacht hat, den ich ausgerechnet von ihm am allerwenigsten erwartet hätte. Gerade solch schwierige Rennen sind eigentlich seine Paradedisziplin, doch dieser Sonntag war ein völlig gebrauchter Tag für ihn.

Härtefall 2, Felipe Massa: Im Vergleich zu Melbourne war schon ein Aufwärtstrend bei Massa zu sehen. Er war im Qualifying näher an Alonso dran und konnte auch im Rennen im Regen relativ lange ganz gut mithalten. Natürlich ist er ganz klar das schwache Glied in der Ferrari-Kette. Aber man muss zwei Sachen festhalten: Zum einen würde diesen Alonso in Galaform im Moment im gleichen Auto wohl niemand schlagen. Zum anderen können trotz aller Beteuerungen die ständigen Gerüchte um seinen Rauswurf unmöglich spurlos an Massa vorübergehen. Dass er im Rennen genau in dem Moment einen Fahrfehler macht, als ihn sein Renningenieur zum Angriff auf Schumacher pushen will, ist leider bezeichnend für seine momentane Situation.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

Meine Punkte für das Sepang-Wochenende: