Der Meister findet seinen Meister

SID
Zwei Deutsche mit völlig unterschiedlichen Rennen in Valencia: Vettel (l.) und Schumacher
© Getty

Auch in der Formel-1-Saison 2011 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Mey nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 8: Europa-GP.

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Der Europa-GP brachte im Gegensatz zu vielen anderen Rennen in dieser Saison kaum Turbulenzen und vergleichsweise wenig Rennaction. Das ist zwar nicht optimal für die Zuschauer, aber auch solche Rennen muss man der ansonsten großartigen Saison zugestehen.

Fahrerisch stand Sebastian Vettel über allen. In ihm hat der Meister früherer Tage, Michael Schumacher, seinen Meister gefunden. Das Rennen des Rekordchampions war nämlich völlig verkorkst.

Meine Wertung für den Europa-GP:

Platz 1, Sebastian Vettel: Erst zum zweiten Mal in seiner Karriere hat er ein perfektes Rennwochenende mit Pole-Position, Sieg und schnellster Rennrunde hingelegt. Das erste Mal schaffte er das in Silverstone 2009.

Im Training am Freitag hat er Fernando Alonso in dessen Heimat noch höflich den Vortritt gelassen, aber spätestens ab dem 3. Training am Samstagmorgen war klar, dass er wieder die Pole holen würde. Seine Qualifyings sind notorisch perfekt. Und obwohl er im Rennen nie einen großen Vorsprung hatte, bekam man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, er könne den Sieg aus der Hand geben. So fährt ein Weltmeister.

Platz 2, Fernando Alonso: Der Lokalheld hat mit allem gekämpft, was er hatte, und mit Platz zwei mehr erreicht, als im Ferrari drin steckte. Mit einem normalen Fahrer kann ein Ferrari dieser Tage nicht vor einem Red Bull ins Ziel kommen. Das macht einzig und allein Alonso möglich. Er hat nur leider das Pech, dass am Steuer eines der beiden Red Bull ein junger Mann mit den gleichen Fähigkeiten sitzt, die ihn auszeichnen.

Platz 3, Mark Webber: Ein wahrlich gutes Wochenende des Australiers. Er hat eines seiner stärksten Qualifyings gezeigt und auch im Rennen keine Fehler gemacht. Dass er mit seinem Auto vor Alonso ins Ziel hätte kommen müssen, hat er nach dem Rennen selbst zugegeben. Valencia hat wieder einmal gezeigt, dass sich seine Rennwochenenden in dieser Saison immer ein bis zwei Level unter denen von Vettel abspielen - auch die guten.

Platz 4, Felipe Massa: Auch der Teamkollege von Alonso war näher an der Nummer eins dran als in vielen anderen Rennen. Das deutete sich schon in starken Trainings an, setzte sich mit dem fünften Startplatz fort und endete in einem sehr ordentlichen Rennen. Ohne die Probleme beim Boxenstopp, die ihn mindestens fünf Sekunden gekostet haben, hätte er vielleicht sogar Lewis Hamilton schlagen können.

Platz 5, Lewis Hamilton: Er wirkte im Rennen gehemmt. Vor allem am Start und in den ersten Runden ließ er jeglichen Biss vermissen. Offenbar hat ihm die herbe Kritik der letzten Wochen an seinem aggressiven Fahrstil doch ein wenig zugesetzt.

Aber auch wenn man das erkannt hat, kann man ihm objektiv nicht viel vorwerfen. Der McLaren war an diesem Wochenende nicht so schnell wie der Ferrari und er hat trotzdem Massa geschlagen. Mit Platz vier hat er bestmögliche Schadensbegrenzung betrieben, auch wenn er danach sehr gelangweilt und frustriert wirkte.

Platz 6, Jaime Alguersuari: Ein tolles Rennen des bei Toro Rosso dem Vernehmen nach auf der Abschussliste stehenden Spaniers. Angeblich sollte er nach diesem Rennen durch den Australier Daniel Ricciardo ersetzt werden. Aber da hat Alguersuari mit seiner famosen Aufholjagd von Startplatz 18 auf Position acht seinen Bossen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Er hat unter größten Existenzdruck als Formel-1-Fahrer eine optimale Leistung erbracht und es im Gegensatz zu vielen großen Namen geschafft, sein Auto schnell und trotzdem reifenschonend über die Distanz zu bringen. Nur zwei Boxenstopps bedeuteten unglaublich wichtige WM-Punkte. Trotz allem muss er unbedingt an seinen Qualifyings arbeiten, ansonsten ist der Tausch gegen Ricciardo wohl nur aufgeschoben.

Platz 7, Adrian Sutil: Noch so ein Fahrer, der unter immensem Druck steht. Allerdings nicht sportlich, sondern wegen der Körperverletzungs-Klage gegen ihn privat. Doch auch er konnte das alles ausblenden und sich vielleicht sogar ein bisschen Frust von der Seele fahren.

Wie dem auch sei, sowohl das starke Qualifying als auch das sehr gute Rennen ergaben ein schlüssiges Bild eines Adrian Sutil in alter Stärke.

Platz 8, Nico Rosberg: Er war unauffällig, aber deshalb keineswegs mittelmäßig unterwegs. Denn mehr als der siebte Platz war für ihn mit dem Mercedes einfach nicht drin. Am Start kassierte er sogar noch Jenson Button, konnte den aber im überlegenen McLaren nicht lange hinter sich halten. Danach ging es nur noch darum, das bestmögliche Ergebnis nach Hause zu fahren.

Platz 9, Jenson Button: Nach der Gala von Montreal, die aber auch mit einigen Turbulenzen verbunden war, dümpelte sein Rennwochenende so vor sich hin. Er war immer einen Tick langsamer als Hamilton, erwischte einen mittelmäßigen Start und konnte auch im Rennen abgesehen von dem starken Überholmanöver gegen Rosberg nicht glänzen. Fazit seines Wochenendes: Ging so.

Platz 10, Nick Heidfeld: Ähnliches kann man für Heidfeld sagen, wenngleich ihm klar zugute kommt, dass er endlich mal ein ganzes Wochenende lang Teamkollege Witali Petrow dominiert hat. Leider jedoch mit den Plätzen neun im Qualifying und zehn im Rennen auf sehr bescheidenem Niveau.

Härtefall, Michael Schumacher: Es ist ein positiver Zug des gereiften Schumacher, dass er im Gegensatz zu früheren Zeiten keine Probleme mehr damit hat, eigene Fehler zuzugeben. Dass er den Crash mit Petrow nach seinem Boxenstopp voll auf seine Kappe genommen hat, ehrt ihn.

Dass er den Fehler aber vorher begangen hat, hat ihn und sein Team sichere WM-Punkte gekostet. Zu so einem frühen Zeitpunkt im Rennen musste er bei der Boxenausfahrt nicht Kopf und Kragen riskieren. Er hätte sich besser zähneknirschend hinter Petrow eingereiht.

Aber wer bin ich, dass ich einem siebenmaligen Weltmeister Ratschläge erteile? Er weiß selbst, dass das keiner seiner besseren Tage auf der Rennstrecke war.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

Meine Punkte für das Valencia-Wochenende:

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