Kubica ist zu Höherem berufen

Von Alexander Mey
Robert Kubica liegt in der Fahrer-WM auf dem sechsten Platz
© Getty

Auch in der Formel-1-Saison 2010 beurteilt SPOX-Redakteur Alexander Mey nach jedem Rennwochenende in seinem Driver-Ranking die Leistungen aller Fahrer - unabhängig von der Stärke ihrer Autos. Ausgabe 6: Monaco-GP.

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Allerhand Turbulenzen beim Monaco-GP. Allen voran natürlich die unsägliche Debatte um das Überholmanöver von Michael Schumacher gegen Fernando Alonso in der letzten Kurve. Wirklich schade, dass sich bei der FIA niemand mit den eigenen Regeln auskennt. Sonst hätte man richtig Spaß daran haben können, wenn zwei Meister ihres Fachs gegeneinander Rennen fahren.

Stand in der offiziellen Fahrerwertung

Meine Wertung für den Monaco-GP:

Platz 1, Mark Webber: Was haben sie dem denn ins Wasser getan? Seit wir zurück in Europa sind, ist der Mann im Red Bull mit der Startnummer 6 nicht mehr der gleiche wie in den vier Rennen zuvor. Egal, ob im Qualifying oder im Rennen. Er verpasst Teamkollege Sebastian Vettel eine Ohrfeige nach der anderen. Der Deutsche hat zu keinem Zeitpunkt Land gesehen. Und es wurde Webber wahrlich nicht leicht gemacht. Viermal lag er deutlich an der Spitze, viermal bremste ihn das Safety-Car wieder ein. Aber was macht ein Mann, der im Moment so unendlich selbstsicher ist wie Webber? Er brummt Vettel in der ersten Runde nach dem Restart locker eine Sekunde auf und ist schon wieder weg. Wow, Webber überrascht mich total.

Platz 2, Robert Kubica: Sollte noch irgendjemand Zweifel an Kubicas außergewöhnlichem Talent gehabt haben, er möge sich bitte Qualifying und Rennen in Monaco in einer Endlosschleife ansehen. Okay, der Renault passte mit seinem kurzen Radstand perfekt nach Monaco, aber schauen wir doch mal, was Witali Petrow daraus gemacht hat. Platz 14 im Qualifying, Platz 13 nach Defekt im Rennen. Da spielte Kubica nicht eine, er spielte vier Ligen weiter oben. Champions League sozusagen. Wie er selbst sagt, war er im Rennen sogar schneller als Vettel. Dumm nur, dass er den Start verloren hat. Ansonsten das perfekte Wochenende. In der Form fährt Kubica nicht mehr allzu lange für Renault, er ist zu Höherem berufen.

Platz 3, Nico Rosberg: Wäre er nicht vom Pech und vom unnötigen Risiko seines Teams im Qualifying verfolgt gewesen, es hätte sein Wochenende werden können. Rosberg hatte den Speed, um gegen Vettel und Kubica um Platz zwei zu kämpfen, auf jeden Fall. Klar zu sehen vor seinem Boxenstopp, als er länger draußen blieb als seine direkten Gegner und auf Kommando eine schnellste Rennrunde nach der anderen abspulte. Er hätte vielleicht noch drei bis fünf Runden gebraucht, in denen Kamui Kobayashi Massa, Hamilton, Alonso und Schumacher aufhält, und er hätte sie alle packen können. Die Abstände waren sehr gering. Doch leider schied der Japaner zu früh aus. So blieb am Ende die bittere Erkenntnis, dass Pech mit dem Straßenverkehr im Qualifying und die Tatsache, dass Mercedes ihn in Q3 zu spät auf die Strecke geschickt hat, einen Podestplatz gekostet haben.

Platz 4, Felipe Massa: Sein Wochenende war nicht überragend, aber es gab an ihm auch nicht das Geringste auszusetzen. Im Vergleich zu seinem Teamkollegen Alonso hatte er vielleicht nicht ganz den Speed, aber er manövrierte den Ferrari ohne Fehl und Tadel durch die Leitplanken von Monaco. Bei freier Fahrt konnte er sich im Rennen deutlich von Hamilton absetzen. Das zeigt, dass auch sein Speed nicht ganz so schlecht war. Nach der Kritik der vergangenen Rennen ein ganz wichtiges Wochenende fürs Selbstvertrauen.

Platz 5, Sebastian Vettel: Rang zwei im Rennen und 18 WM-Punkte sind objektiv gesehen gut und bringen ihn an die Spitze der WM-Wertung. Aber eben nur punktgleich mit dem Teamkollegen, den er bis vor einer Woche noch sicher im Griff zu haben glaubte. Vettel muss sich den Kopf zerbrechen, wie er den Speed von Webber mitgehen kann. Seit der Red Bull für den Spanien-GP modifiziert wurde, ist der Deutsche im Hintertreffen. Gerade gegen den Teamkollegen sieht so ein klarer Rückstand ganz schlecht aus. Wer aber seinen Ehrgeiz kennt, weiß, dass er das nicht auf sich sitzen lassen wird.

Platz 6, Michael Schumacher: Ich fand sein Manöver in der letzten Kurve super. Ein typischer Schumi. Vor ein paar Jahren hat er seinen Bruder in Monaco mal auf der Zielgeraden angegriffen und damit für Verstimmung innerhalb der Familie gesorgt. Daran hat mich diese Aktion erinnert. Schumacher ist einfach abgezockt, und Rücksicht auf die Konkurrenten ist ihm völlig fremd. So war er immer, so ist er siebenmal Weltmeister geworden. Die einen lieben ihn dafür, die anderen hassen ihn. Generell war seine fahrerische Leistung in Monaco solide. Er war im Qualifying ganz gut dabei und konnte zumindest mit den McLaren kämpfen. Von der erwünschten Siegfähigkeit bleibt er aber weit entfernt. Und gegen Rosberg hatte er vom reinen Speed her diesmal auch wieder keine Chance.

Platz 7, Lewis Hamilton: Unglaublich, es gab mal ein Rennen von Hamilton, das keinen bleibenden Einruck hinterlassen hat. Er war gut unterwegs, ist als Fünfter gestartet und als Fünfter ins Ziel gekommen. Klar schneller als Teamkollege Button war er auch. Nach jeder Menge Haute Cuisine in den ersten fünf Rennen ausnahmsweise mal Hausmannskost vom Mann mit dem gelben Helm.

Platz 8, Fernando Alonso: Man kann ihn ja für seine Aufholjagd in Monaco von 24 auf 6 feiern, aber so toll fand ich das ehrlich gesagt nicht. Wirklich überholt hat er auf der Strecke nur HRT, Virgin und Lotus. Der Rest war clevere Boxenstopp-Taktik von Ferrari und ein gutes Händchen mit der ersten Safety-Car-Phase. Das Überholmanöver am Ende von Schumi zählt nicht, denn Alonso hatte die Information, dass er nicht überholt werden darf. Sehr lobenswert ist, dass er den Ferrari auf 77 Runden alten Reifen ins Ziel gebracht hat. Sicher eine Meisterleistung. Bleibt aber noch der Fahrfehler im Qualifying, der alles kaputt gemacht hat. Ohne den Rutscher in die Leitplanken hätten am Ende wohl ein Startplatz in Reihe eins und ein Podestplatz zu Buche gestanden.

Platz 9, Adrian Sutil: Mir gefallen seine Konstanz und Unaufgeregtheit in dieser Saison. Da läuft es im Qualifying mal alles andere als gut, aber Sutil grämt sich nicht lange, legt einen tollen Start hin und fährt seinen achten Rang bombensicher nach Hause. Ich bleibe dabei, er ist auf einem sehr guten Weg.

Platz 10, Rubens Barrichello: Punkt eins: Für seinen Ausfall konnte er gar nichts. Punkt zwei: Seinen Teamkollegen Nico Hülkenberg hatte er mal wieder fest im Griff. Punkt drei: Im Qualifying und vor allem nach tollem Start im Rennen ist er auf Positionen herumgefahren, auf denen in diesem Jahr ein Williams eigentlich nichts zu suchen hat. Barrichello hat die gute Form aus dem Brawn-Jahr herüber gerettet. Nur leider fällt das bei Williams im Mittelfeld nicht so sehr auf.

Härtefall: Heikki Kovalainen: Da ich in diesem Rennen sonst keinen erwähnenswerten Härtefall sehe, nutze ich die Gelegenheit, um Heikki Kovalainen einmal zu loben. Im Elend des Hinterfelds fällt er wahrscheinlich den Wenigsten auf, aber er macht im Lotus-Duell gegen Jarno Trulli einen sehr guten Job. In Monaco hatte er Trulli und auch alle anderen Neulinge klar im Griff - nicht zum ersten Mal in dieser Saison.

Meine Punkte für das Monaco-Wochenende: