Kommentar nach dem Deutschland-GP: Die Formel 1 wird zu schlecht gemacht

Die Formel 1 gastierte am Wochenende auf dem Hockenheimring.
© getty

Mercedes gewinnt, die Formel 1 ist langweilig - so lautet gemeinhin der Tenor in den letzten Jahren. Doch das greift zu kurz, die Königsklasse ist nicht nur wegen des sensationellen Deutschland-GP weit besser, als sie gemacht wird. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Dominik Geißler.

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Fangen wir mit dem Negativen an: Mercedes dominiert die Formel 1 seit der Einführung der Hybridmotoren 2014 so extrem wie kein anderes Team je zuvor. 84 Siege feierten die Stuttgarter in 111 Rennen, was in etwa einer Quote von 75 Prozent entspricht.

Und ja, wenn mal ein anderes Team gewinnt, dann ist das Ferrari oder Red Bull. Zu groß ist der Vorsprung der drei Top-Mannschaften, als dass mal jemand anderes in der Mitte des Podiums Platz nehmen könnte. Das nimmt Spannung und ist schlecht für die Sportart.

Doch, und das wird in den letzten Monaten immer offensichtlicher: So schlecht, wie die Formel 1 immer gemacht wird, ist sie nicht. Im Gegenteil, die Serie bietet aktuell vieles, wovon man zeitweise nur träumen konnte.

Zuallererst wäre da das fantastische Racing, das wir zu sehen bekommen, seit die Rennstewards die Leine wieder etwas lockerer lassen. Zweikämpfe sind erlaubt und die Fahrer danken es mit packenden Rad-an-Rad-Duellen. Das war in Österreich so, das war in Großbritannien so und das war nicht zuletzt am Sonntag in Hockenheim so - um nur mal die jüngsten Beispiele zu nennen.

Max Verstappen und Charles Leclerc begeistern die Formel 1

Natürlich wird es auch wieder weniger aufregende Rennen geben. Das gehört zur Natur der Sache und war schon immer so (auch wenn das die Puristen, die an die 1990er- oder frühen 2000er-Jahre erinnern, scheinbar gerne vergessen). Doch die Tendenz stimmt und zeigt, dass die Formel 1 nur die Offenheit der Stewards und die richtigen Strecken braucht.

Die aktuellen Autos sind in Sachen Aerodynamik und Reifen so anfällig, dass die Kurvenfolgen und Streckentemperaturen genau passen müssen, damit dichtes Hinterherfahren und Überholen möglich sind. Insofern ist es auch richtig, einiges bei der Regel-Revolution für 2021 zu ändern. Doch alles aus dem Hier und Jetzt schwarz malen, sollte man nicht.

Denn in diesem Hier und Jetzt fahren beispielsweise ein Max Verstappen und Charles Leclerc mit. Die beiden sind Anfang 20 und Weltmeister der Zukunft. Ihre Duelle begeisterten schon zuletzt die Zuschauer und werden es in den kommenden Jahren ebenfalls tun.

Für die Formel 1 ist das Duo ohnehin ein Glücksgriff, denn Sebastian Vettel (32) und Lewis Hamilton (34) werden nicht mehr ewig hinters Lenkrad greifen und Typen braucht man im Sport immer.

Formel 1: Tausendstel-Kampf im Mittelfeld

Doch auch hinter den Topteams geht es zur Sache. Wer hier die Nase am nächsten Rennwochenende vorn haben wird? Immer ein Geheimnis. Mal ist McLaren am besten unterwegs, mal Alfa Romeo, mal ist es Renault, mal Haas oder wie zuletzt Toro Rosso.

Zur Veranschaulichung, wie eng es im Mittelfeld zugeht, genügt ein Blick auf die Zeitentafel im zweiten Qualifying-Segment zum Großen Preis von Deutschland: 33 Tausendstel trennten hier den achten vom 13. Platz. 33 Tausendstel, das ist selbst in der Formel 1 so gut wie nichts.

Packende Zweikämpfe, eine neue goldene Generation und in Teilen ein enges Feld - es sind also mehrere Faktoren, welche die Formel 1 zu einem guten Produkt machen. Zu einem Produkt, das - ja, das wissen alle - nicht perfekt ist, aber vor allem einen noch schlechteren Ruf hat.

Man kann sich deshalb nur wünschen, dass die F1-Gemeinde es schafft, die positiven Aspekte der Königsklasse künftig besser hervorzuheben. Verdient hätte sie es.

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