Formel 1 in Kuwait? "Nicht in naher Zukunft"

Von Dominik Geißler
Die Formel 1 in Kuwait? Das könnte noch dauern
© getty

Ab Herbst entsteht in Kuwait ein neuer Motorsportpalast. In der "Kuwait Motor Town" sollen verschiedene internationale Rennserien Platz finden und eine Strecke auf aller höchstem Niveau gebaut werden. Für die Formel 1? SPOX traf Dr. Carsten Tilke, Sohn von Streckenpapst Hermann Tilke sowie Geschäftsleiter in dessen Büro, und sprach mit ihm über die Planungen in Kuwait, Las Vegas und die Erfahrungen aus Aserbaidschan.

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"In Kuwait sind wir involviert, das wird eine sehr schöne Strecke", sagte Tilke bei einem Hands-on-Event für das am 19. August erscheinende Codemasters-Spiel F1 2016: "Das Layout steht. Die Rennstrecke beinhaltet viele verschiedene Elemente wie zum Beispiel das Karussell vom Nürburgring. Eine andere Stelle erinnert an Laguna Seca: Man fährt steil hinauf und schaut quasi in den Himmel, bevor man wieder herunterfällt. Dann gibt es noch eine sehr interessante Fünffach-Rechtskurve. Insgesamt also eine sehr spannende Piste, die allen Fahrern viel Spaß machen wird."

Doch ob die Formel 1 wirklich in Kuwait starten wird, steht noch in den Sternen. Zwar werde die Strecke "auf Formel-1-Standard sein, das heißt, die Königsklasse könnte dort theoretisch fahren", sagt Tilke. Doch: "Momentan sieht es nicht danach aus, dass die Formel 1 dort in naher Zukunft gastiert."

Vielmehr werde die "Kuwait Motor Town" eine Stätte für ganz verschiedene Rennsport-Aktivitäten. "Das wird ein richtiger Motorsport-Hub mit Dragster-, Dirt-, Fun-Tracks, Driving Academy und vielem Drumherum", beschreibt Tilke die Anlage. Insgesamt soll das Bauvorhaben 148 Millionen Euro kosten. Die Strecke, die ihren Platz südlich von Kuwait-Stadt finden soll, wird voraussichtlich sechs Kilometer lang.

"Noch nichts unterschrieben in Las Vegas"

Seit Monaten wird zudem über einen Grand Prix der Formel 1 in Las Vegas spekuliert. Bereits 1981 und 1982 war die Formel 1 zu Gast, beim Debüt siegte Alan Jones, ein Jahr später war Michele Alboreto erfolgreich. Tilke hofft auf eine baldige Rückkehr des Formel-1-Rennens in der Casino-Stadt. "Wir haben bereits ein interessantes mögliches Streckenlayout entwickelt, welches wir natürlich gerne umsetzen würden", bestätigt der deutsche Bauingenieur erste architektonische Pläne: "Vor der beeindruckenden Kulisse in Las Vegas wäre das sicherlich ein weiteres Highlight-Rennen im F1-Kalender."

Gerade bei einem Stadtkurs kommen auf die Planer ganz besondere Herausforderungen zu. "Die Schwierigkeit ist, mit den gegebenen Straßen und dem Runoff auszukommen", so Tilke: "Als erstes geht es darum, einen Platz für den Paddock mit dem Fahrerlager und den Boxen zu finden. Dafür gibt es in der Stadt immer nur sehr wenige Möglichkeiten. Der Paddock ist also die bestimmende Größe."

Der nächste Schritt: "Hat man einen Platz gefunden, muss man sich von da an eine Strecke suchen. Anschließend gibt es viele vor-Ort-Begehungen und man fragt sich 'Wie können wir das genau machen? Wo muss der Bürgersteig weg? Wo muss neu asphaltiert werden?'"

Grundlayout kaum zu verändern

Steht dann einmal das Grundlayout, gebe es kaum noch Alternativen auf einen Umbau. "Es wird auf bestehenden Straßen gefahren, welche die Rahmenbedingungen der zukünftigen Strecke wie zum Beispiel der Streckenbreite oder der Lage und Größe der Auslaufzonen vorgeben", beschreibt Tilke die Problematik: "Bestehende Gebäude an der Strecke kann man ja nicht so einfach versetzen. Daher sind die Gestaltungsmöglichkeiten bei einer Stadtstrecke immer begrenzt."

Das bedeutet auch, dass ein fertiger Stadtkurs nur noch schwer optimiert werden kann. Mögliche Verbesserungen betreffen dann "lediglich Details wie die Anordnung der Kerbs oder kleine Radiusveränderungen einzelner Kurven".

All diese Elemente müssten auch beim Las-Vegas-GP beachtet werden. Jedoch: Konkrete Planungen auf Seiten des Architekturbüros gebe es noch nicht. Solange keine Verträge unterschrieben sind, ist ein weiteres USA-Rennen reine Zukunftsmusik. "Angeblich gibt es Gespräche zwischen Bernie Ecclestone und Leuten aus Las Vegas. Wir müssen einfach solange warten, bis die Verträge unterschrieben sind. Wir werden sehen, was da raus kommt und würden uns natürlich freuen, wenn das Ganze stattfindet", so Tilke.

Erfahrungen aus Baku

Genug Erfahrung hat Tilke, der wie sein Vater Hermann Bauingenieur ist. Beide leiteten die Arbeiten für den Grand Prix in Baku, der in der Saison 2016 erstmals zur Formel-1-WM zählte. "Baku war beeindruckend. Das war ein super Wochenende, an dem alles so funktioniert hat, wie wir uns das erhofft hatten. Es war kein einfacher Weg dahin. Eine Stadtstrecke ist immer schwierig - gerade in einer 2-Millionen-Metropole mit sehr viel Verkehr", so Tilke.

"Baku war beeindruckend. Das war ein super Wochenende, an dem alles so funktioniert hat, wie wir uns das erhofft hatten. Es war kein einfacher Weg dahin. Eine Stadtstrecke ist immer schwierig - gerade in einer 2-Millionen-Metropole mit sehr viel Verkehr", sagte Tilke bei einem Hands-on-Event der Koch Media GmbH für das am 19. August erscheinende Codemasters-Spiel F1 2016.

Aufbauarbeiten in Aserbaidschan problematisch

Besonders die Aufbauarbeiten sorgten bei allen Beteiligten für viel Stress: "Die konnten wir nur nachts machen. Die Strecke wurde zudem erst fünf Tage vor dem Rennen komplett für den Stadtverkehr gesperrt. Da muss dann alles passen und sehr schnell gehen."

Obwohl die Vorbereitungszeit also ungewöhnlich kurz war, gelang Tilke und Co. eine Strecke, die fast alle zu begeistern wusste. "Wir haben sehr positives Feedback von den Fahrern bekommen. Es sind wirkliche Mutkurven dabei, die Spaß machen und schwierig sind", sagt Tilke.

Dabei die ideale Linie zu finden, sei in Baku von besonderer Bedeutung: "Die Highspeed-Kurven gehen gerade so voll, wenn man sie perfekt erwischt. Und wenn man nicht in einem Manor sitzt, wie mir Pascal Wehrlein verraten hat. Selbst im Mercedes klappt es nicht immer."

"Fahrt vorsichtig und kommt durch"

Der Kurs erinnert mit seiner rund zwei Kilometer langen Gerade an die Vollgasstrecke in Monza, hat aber auch enge, langsame Ecken wie Monaco oder Singapur. Dieser Mix sorgt bei Ingenieuren wie Fahrern für eine besondere Herausforderung.

"Generell wurde jeder Fehler bestraft, wie man in den Trainings und im Qualifying, die mega spannend waren, gesehen hat. Das Rennen war dann leider weniger actionreich", erinnert sich Tilke und hat dafür eine Erklärung: "Wenn man sich die Rahmenrennen, zum Beispiel der GP2, angeschaut hat, konnte man ein interessantes Rennen mit vielen Ausfällen und Überholmanövern beobachten. Da sind in beiden Rennen nur 10 von 20 Autos ins Ziel gekommen. Die Devise an die Formel-1-Fahrer lautete dann wohl: 'Fahrt vorsichtig und kommt durch!' Das haben dann alle versucht."

Das Rennen der Königsklasse gewann Nico Rosberg souverän vor Sebastian Vettel und Sergio Perez. Lewis Hamilton kam nach Motorproblemen und einem verpatzten Qualifying nur als Fünfter ins Ziel. Es war bis zur Sommerpause der letzte Sieg von Rosberg in dieser Saison.

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