"Desaster für Red Bull"

Von Alexander Maack
Kvyat muss sich Sorgen um seine Zukunft machen
© getty

Motorsportberater Helmut Marko hat entsetzt auf den von seinem Red-Bull-Fahrer ausgelösten Startunfall beim Großen Preis von Russland reagiert. In Sotschi kündigte der Österreicher an, der junge Russe müsse zum Rapport antreten.

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"Sagen wir es so: Kvyat war übermotiviert", begann Marko seine Ausführungen: "Vor seinen eigenen Landsleuten einmal zu spät zu bremsen und ein anderes Auto zu treffen, wäre akzeptabel. Aber das gilt nicht für den zweiten Crash."

Besonders ärgerten den Chef des Red-Bull-Nachwuchsprogamms, das Kvyat durchlief, die Folgen des Unfalls, in den neben Sebastian Vettel auch Daniel Ricciardo involviert wurde: "Es ist einfach schade, weil er nicht nur Vettels und Ricciardos Rennen ruiniert hat, sondern auch sein eigenes. Es war ein Tag des Desasters für Red Bull."

Presse: "Kvyat spielt Autoscooter mit Vettel"

Vettel hatte sein Auto in die Mauer gesetzt, nachdem ihm der junge Russe in Turn 2 und Turn 3 direkt nach dem Start gleich zwei Mal aufgefahren war. Anschließend feuerte er über Funk eine wilde Schimpfarie ab.

"Im Gegensatz zu Shanghai verstehe ich ihn komplett. Er hat Recht", bekannte Marko, der Konsequenzen für seinen Piloten ankündigte: "In der nächsten Woche werden wir darüber sprechen."

Kvyat gerät unter Druck

Kvyat steht unter Druck. Das teaminterne Quali-Duell gegen Ricciardo hat er in vier Rennen kein einziges Mal gewonnen. Einzig in China kam er vor dem Australier ins Ziel, weil Ricciardo der Reifen platzte. Bei Toro Rosso warten mit Max Verstappen und Carlos Sainz jr. zwei hochtalentierte Junioren auf ihre Beförderung.

"Jetzt ist es natürlich leicht, mich zu attackieren. Und ich schätze mal, das werden auch alle tun. Aber ich halte das aus", sagte Kvyat, der am Dienstag vor dem Rennen seinen 22. Geburtstag gefeiert hatte, in der Medienrunde nach seinem Heimspiel.

Selbst Teamchef Christian Horner ist angefressen. Er bekam von seinem ehemaligen Schützling Vettel noch während des Rennens den Tipp, mal ein Wörtchen mit seinem neuen Fahrer zu reden. Marko bestätigte, dass dies schon in Sotschi erfolgte.

Dass die Situation zwischen beiden Fahrern eskaliert, glaubt Marko nicht. "Ich glaube, Sebastian denkt so logisch, dass er weiß, dass Rache ihm überhaupt nichts bringt", sagte der Österreicher: "Er muss sich auf gute Starts konzentrieren, und das Auto in einem Stücke heimzubringen. Deshalb glaube ich nicht, dass das ein Problem wird."

Arrivabene: "Vettel ist ausgerastet"

Ferrari ist sich bewusst, wie brenzlig die Situation ist. "Er war überhaupt nicht glücklich, er ist ausgerastet", verriet Teamchef Maurizio Arrivabene: "Das ist der Charakter eines viermaligen Weltmeisters, der gewinnen will. Es ist verständlich. Anschließend haben wir geredet und er wurde ruhiger. Aber ruhig bedeutet nicht glücklich."

Vettel auf 180: "Was zur Hölle soll das?"

Der Scuderia-Teamchef hatte Kvyat in China noch in Schutz genommen. Das riskante Manöver in Turn 1 zu fahren, sei dessen Job gewesen. "Dieses Mal kann ich keine Begründung liefern für das, was passiert ist", so der Italiener: "Wenn man sich die Bilder anguckt, ist alles ziemlich klar."

Dass Kvyat erst die Schuld bei Vettel, der in Kurve drei sein Tempo verlangsamte, suchte, ist für Arrivabene falsch. Auch die Behauptung, dass die Telemetriedaten darauf hindeuten würden, dass es ein Problem an Vettels Auto gab, bezeichnete der Italiener als Unsinn.

"Natürlich hat er verlangsamt, aber was sollte er sonst tun? Fliegen?", wunderte sich Arrivabene: "Wenn er langsamer fährt, heißt das nicht, dass man ihn ein zweites Mal treffen muss. Um das zu verstehen, müssen wir keine Telemetrie anschauen."

Entschuldigung per Telefon

Das hat mittlerweile auch Kvyat eingesehen. Wie er am Sonntagabend mitteilte, habe er sich am Telefon bei Vettel entschuldigt. "Ich habe die Leute angerufen, die ich anrufen musste, und alles ausdiskutiert", erklärt der 22-Jährige: "Ich habe alles gesagt, was gesagt werden musste, zu den Leuten, zu denen ich sprechen musste.

Für Vettel bedeutete der Doppelunfall in Russland das zweite von vier Rennen ohne Punkte in der laufenden Saison. Auf den WM-Führenden Nico Rosberg fehlen ihm in der Gesamtwertung schon 67 Punkte. Der angestrebte WM-Titel ist in weite Ferne gerückt.

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