Ziemlich beste Feinde

Nico Rosberg (r.) und Lewis Hamilton beim gemeinsamen Feiern
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Großbritannien-GP

Am Samstagabend saß Lewis Hamilton bei seiner Familie. Abschalten. Die Seele baumeln lassen. Frust hatte sich breit gemacht. Seit Barcelona wollte nichts mehr so laufen wie gewünscht. Erst Rosbergs Sieg in Monaco mit Begleitgeräuschen, dann der bittere Ausfall in Kanada. Während Rosberg den Silberpfeil mit verringerter Leistung und Bremsproblemen über die Ziellinie rettete, musste Hamilton abstellen.

Der Racer schlechthin musste zusehen, während sein Teamkollege seine Ingenieursqualitäten bewies und den Wagen als Zweiter ins Ziel brachte. Und danach? Leistet sich Hamilton im Qualifying von Spielberg einen bitteren Fehler und startet nur als Neunter. Rosberg lässt sich den Vorteil selbstredend nicht nehmen und schraubt den WM-Vorsprung auf nie gekannte Höhen: 39 Punkte.

Beim ersten Heimspiel des Mercedes-Teams nahe des Werks in Brackley muss aus Hamiltons Sicht endlich die Wende her. Doch beim Qualifying ziehen im wörtlichen und bildlichen Sinn dunkle Wolken auf. Hamilton verpokert sich, fährt in die Box statt seine zweite Runde in Q3 in Angriff zu nehmen.

Rosberg profitiert

Wieder ist es Rosberg, der profitiert: Startplatz 1 scheint ihm den Sieg schon am Samstag zu sichern. Doch Hamilton fährt mit gestreichelter Seele und wilder Entschlossenheit wie von Sinnen. Eine Sekunde pro Runde nimmt er dem gebürtigen Wiesbadener auf der härteren Reifenmischung ab. Am Ende wird er gewinnen.

"Habt ihr den Animationsfilm Monster AG gesehen? Die sammeln da Energie durch Angst. Aber sie erkennen, dass Freude und Lachen viel mehr wert sind. Und das spüre ich, wenn ich hierherkomme", erklärt Hamilton anschließend den Einfluss des britischen Publikums: "Das ist genau wie im Film. Es ist einfach ein Boost an Energie. Darum bin ich dankbar für die Unterstützung."

Die Aufholjagd hat aber nicht nur fahrerische Gründe. Rosberg kämpft wie schon in China, als die Telemetrie komplett den Geist aufgab, mit der Technik. Schon in Runde 21 berichtet er über Getriebeprobleme. Acht Umläufe später rotieren seine Hände hektisch um das Lenkrad, während er versucht das System des W05-Hybrid neuzustarten.

Doch die Versuche sind sinnlos. Hamilton fliegt vorbei, Rosberg stellt das Auto ab. 30 Sekunden trennen den Engländer am Ende vom Zweitplatzierten Valtteri Bottas im Williams. Die Wiedergutmachung für die Pleiten in den Zeittrainings ist erstmal gelungen.

Das Rennen in der SPOX-Analyse

Neustart für Hamilton

"Ich verwende nur Energie auf Sachen, die ich beeinflussen kann. Das ist abgehakt. Ich muss versuchen das zu akzeptieren. Es geht weiter", versucht Rosberg den Misserfolg direkt abzuhaken: "Das Momentum ist immer noch bei mir."

Hamilton sieht das nach seiner Fabelfahrt anders. "Ich ziehe einen Strich unter die ersten neun Rennen. Ich schalte jetzt in den Angriffsmodus", lässt der Weltmeister von 2008 wissen: "Ich muss einfach nur in den normalen Qualifying-Modus schalten. Das wäre gut."

In Deutschland und Belgien gelingt es nicht. Hamilton muss nach ganz hinten, weil erst die Bremsen streiken und dann die ganze Powerunit abbrennt. Zweimal betreibt er Schadensbegrenzung. In Hockenheim holt er Platz zwei hinter dem Teamkollegen, in Ungarn profitiert er vom Safety Car, das Rosberg den Sieg klaut und nimmt ihm den dritten Platz ab. Das Momentum kippt erst durch eine Aktion des Deutschen.

Seite 1: Ein erstes Ausrufezeichen in Bahrain

Seite 2: In Monaco brennt der Baum

Seite 3: Hamilton und der Heimsieg

Seite 4: Rosbergs Versuch in Belgien etwas zu beweisen

Seite 5: Monza und die endgültige Wende

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