Verloren im Labyrinth

Von Johannes Mittermeier
Die Formel 1 hat in den letzten Jahren mit einem Zuschauerschwund zu kämpfen
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2. Motorsport-Fan vs. Schumi-Fan?

Es ist ein Phänomen, das wohl so alt wie der Sport an sich ist. Sobald ein Landsmann Erfolg hat, fiebert die ganze Nation mit. Das war auch bei Michael Schumachers Weltmeister-Titeln nicht anders. Egal ob TV-Quoten, Merchandising oder Kartenverkäufe: Der Kerpener sorgte für einen wahren F-1-Boom und hatte eine Stahlkraft, die außerhalb des Fußballs vielleicht nur mit Boris Beckers Glanzzeiten vergleichbar ist.

Was beide gemein hatten: Sie waren die ersten ihres Fachs. Der erste deutsche F-1-Champion, der erste deutsche Wimbledon-Sieger. Typen mit Ecken und Kanten, die es nicht jedem recht machen. Das war entscheidend, denn nur wer auffällt und manchmal aneckt, erreicht die Menschen - positiv wie negativ. Schumacher hatte viele Gegner, aber egal war er keinem.

Mit dem (ersten) Rücktritt Schumachers verabschiedeten sich dementsprechend etliche Fans vom PS-Zirkus. Weil sie keine Anhänger des Motorsports im Allgemeinen und der Formel 1 im Speziellen waren, sondern nur die Einzelfigur Michael Schumacher kannten.

Profillose Hauptdarsteller

Die Erben des Rekord-Champions heißen Nico Rosberg und Sebastian Vettel. Auch sie haben Erfolg, auch sie gewinnen Rennen, auch sie kämpfen um den WM-Titel. Aber: Sie sind adrette, junge Menschen mit Bescheidenheit und Eloquenz. Sie sind höflich, schwimmen mit dem Strom, nicken und lächeln gern. Sie sind perfekte Repräsentanten globaler Konzerne. Anders ausgedrückt: Sie sind profillos. Behauptet Niki Lauda.

"Ihnen fehlt das Charisma", sagt er zur "Welt", nimmt die Piloten jedoch in Schutz: "Sie können sich gar nicht so entwickeln, wie sie es eigentlich wollen. Das System Formel 1 glaubt, dass man alles bevormunden, kontrollieren, überwachen und regulieren muss."

Vielleicht lässt sich der behäbige Kartenverkauf auch damit erklären. Den Fans fehlen Idole, damit Ticketpreise angenommen werden, die fernab jeglicher Realität schwirren. In Hockenheim lagen die Kontingente zwischen 165 und 500 Euro. Das sind Kategorien eines Kurzurlaubs. "Wir haben die Preise seit zehn Jahren nicht erhöht. Sie sind auf der ganzen Welt die gleichen", schwört Geschäftsführer Georg Seiler in der "Bild".

"Dafür gibt es keine Garantie"

Für die Rennstrecken-Betreiber türmt sich ein Teufelskreis auf: Die horrenden Antrittsgebühren (Insider beziffern Ecclestones Forderungen auf 30 bis 40 Millionen Dollar) müssen unmittelbar auf die Besucher abgewälzt werden - in der bangen Erwartung, ausreichend Fans ködern zu können. Ohne die Lokomotive Schumacher. Seit Jahren kämpft Hockenheim bei jeder Austragung mit der "schwarzen Null".

Halbierte Preise für doppelte Zuschauervolumen seien dabei eine Milchmädchenrechnung, betont Seiler. "Glauben Sie, es kommen mehr Leute, wenn mehr Tickets 150 Euro kosten würden? Ich nicht. Wenn ich Sicherheit hätte, dass der Laden dann voll ist, würde ich es machen. Aber dafür gibt es keine Garantie."

Damit könnte er Recht haben. Denn was heutzutage gerne vergessen wird: Selbst am Ende von Schumachers Ferrari-Zeit kam der Zuschauerschwund bereits ins Rollen. Immer öfter fällt seitdem die Entscheidung gegen die Formel 1 aus.

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