Unfall mit normaler Geschwindigkeit

SID
Zum Gesundheitszustand Michael Schumachers wurden keine neuen Auskünfte gegeben
© getty

Michael Schumacher hat nichts falsch gemacht, Michael Schumacher hatte einfach nur unfassbares Pech. So lautet der Tenor der Untersuchungen, die die Staatsanwaltschaft in Albertville nach dem tragischen Ski-Unfall des Formel-1-Rekordweltmeisters am 29. Dezember in Méribel durchgeführt hat. Weder sei der 45-Jährige, der seitdem mit einem Schädel-Hirn-Trauma im künstlichen Koma liegt, zu schnell unterwegs gewesen, noch habe das Material versagt oder sei die Unfallstelle nicht ausreichend markiert gewesen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Schumachers Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Unglücks sei der Neigung und der Beschaffenheit der Piste angemessen gewesen. Der Kerpener sei mit einer "dem Gelände angepassten Geschwindigkeit für einen guten Skifahrer" unterwegs gewesen, sagte Ermittler Benoît Vinnemann und bestätigte Stephane Bozon, den Leiter der Bergwacht, der sagte, Schumacher sei "ohne zu beschleunigen" in das steile Gelände eingefahren. Die genaue Geschwindigkeit sei allerdings "nicht zu beziffern".

Staatsanwalt Patrick Quincy, der auf seinem Platz hinter den Dutzenden Mikrofonen kaum zu erkennen war, stellte aber klar: "Die Geschwindigkeit ist nichts, worauf wir besonders achten", sagte der 62-Jährige: "Sie spielt in unseren Ermittlungen keine besondere Rolle." Rund 60 Medienvertreter und zahlreiche Kamerateams drängten sich in dem kleinen Raum im Gerichtsgebäude in Albertville.

Alle Infos zum Schumi-Drama

"Wir nutzen den Film"

Die Ermittler erklärten weiter, die Piste sei in keinem guten Zustand gewesen. Die Skier und auch die Bindung seien aber "auf keinen Fall der Grund für den Unfall", sondern in einem sehr guten Zustand gewesen. Zudem entsprachen die Pistenmarkierungen den Normen. "Wenn man die Piste verlässt, erkennt man das auch", sagte Bozon. Dort würden durch "versteckte Felsen" entsprechende Gefahren lauern.

Aufschluss über den Unfall gab vor allem ein zweiminütiger Film aus Michael Schumachers Helmkamera. "Wir nutzen den Film, um die Situation nachzustellen, wir wissen genau, welchen Weg Schumacher gefahren ist", erklärte Quincy: "Wir werden mit der größtmöglichen Präzision sagen können, wie der Unfall zustande kam."

Ob Schumacher allerdings wie zuvor berichtet einem anderen Skifahrer zu Hilfe gekommen war, ist auf der Aufzeichnung nicht zu sehen. Es sei auf dem Video kein anderer Unfall zu erkennen, aber "das Sichtfeld ist sehr eingeschränkt", erklärte Quincy. Der Film wird von Spezialisten noch einmal Bild für Bild ausgewertet.

Amateurfilm liegt noch nicht vor

Der Amateurfilm eines deutschen Touristen, der nach einer Meldung des Nachrichtenmagazins Der Spiegel den Unfall angeblich zufällig mit seinem Smartphone aufgenommen hatte, liegt der Staatsanwaltschaft bis jetzt nicht vor. "Ich habe allmählich Zweifel, dass er existiert", sagte Quincy.

Schumacher ist nach den Untersuchungsergebnissen drei bis sechs Meter neben der Piste gefahren. Nach einigen Kurven stieß er gegen einen Stein, fiel nach vorne und schlug 3,5 Meter tiefer gegen einen Felsen. Sein Helm zersplitterte beim Aufprall. Die Frage, ob Schumacher leichtsinnig unterwegs gewesen war, wollte Quincy nicht beantworten.

Der Staatsanwalt erklärte, dass es im zuständigen Gebiet (47 Skigebiete, ungefähr 60 Prozent der französischen Alpen) pro Jahr rund 50 Untersuchungen bei schweren Skiunfällen mit Körperverletzungen gebe. Entsprechend erfahren sei das Ermittlerteam, das auch im Fall Schumacher "wie bei allen schweren Unfällen" ermittelt.

Die Ermittlungen könnten sich noch über Wochen hinziehen. Ob es dann allerdings zu weiteren oder sogar anderen Erkenntnissen kommt, dazu wollte Quincy keine Voraussagen machen: "Wir werden die Untersuchung fortführen und alles auswerten. Vielleicht kommt noch was, vielleicht auch nicht. Es ist das klassische Verfahren."

Artikel und Videos zum Thema