Rosberg: "Sowas von ernüchternd - grausam"

Von Alexander Maack
Nur eine Momentaufnahme: Nico Rosberg konnte die Pace der Spitze nicht mitgehen
© getty

Mercedes hat nach zwei prestigeträchtigen Pole-Positions in Folge mehr Probleme als vorher. Die Silberpfeile müssen dringend im Rennen zu Konstanz finden. Auch Nico Rosberg muss sich Kritik gefallen lassen. Für Vettel hätte Bahrain kaum besser laufen können.

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Nach der zweiten Pole-Position seiner Karriere versuchte Nico Rosberg die Führung in den ersten Runden vehement gegen Vettel und Vizeweltmeister Fernando Alonso im Ferrari zu verteidigen. Anschließend fiel der 27-Jährige aber schnell zurück und beendete das Rennen mehr als enttäuschend nur als Neunter.

"Heute Morgen habe ich mich noch gefreut: 'Erster Platz, cool, das wird was', aber das war es jetzt schon wieder. Es ist unglaublich gewesen, sowas von ernüchternd. Bah, grausam", echauffierte sich Rosberg im "Sky"-Interview und kritisierte sein eigenes Team: "Im Qualifying so sauschnell zu sein und im Rennen dann so katastrophal zu sein - nicht katastrophal aber sowas von schlecht zu sein - da müssen wir echt mal analysieren, was wir da falsch machen."

Dabei hätte Rosberg die Probleme erahnen können. Schon 2012 hatten die Silberpfeile bei hohen Temperaturen große Probleme mit der Haltbarkeit der Hinterreifen. Zudem hatte Teamkollege Lewis Hamilton schon in China bewiesen, dass Mercedes im Rennen das Tempo der Spitze noch nicht mitgehen kann. Der Brite fiel von der Pole auf Platz drei zurück.

War Rosbergs Pole-Ritt ein Fehler?

Trotzdem entschied Rosberg, am Samstag noch während des Qualifyings das Setup seines W04 ändern zu lassen und sicherte sich damit Startplatz eins. Ein Fehler? Offenbar wirkte sich der prestigeträchtige Ritt auf Platz eins negativ aus.

Der Bahrain-GP im Rennbericht

"Ich habe mich heute im Auto nicht wohl gefühlt und es hat auf der Strecke nicht viel Spaß gemacht", sagte der 27-Jährige. Im Gegensatz zu Hamilton hatte er am Sonntag extreme Probleme mit dem Reifenverschleiß und musste daher von drei auf vier Stopps umsteigen.

So hat Mercedes bis zum Europaauftakt am 12. Mai in Barcelona eine bedeutende Aufgabe: Die schnelle Pace über eine Runde muss dringend auf das Rennen übertragen werden - zur Not zulasten eines besseren Startplatzes.

Vettel überzeugt und baut Vorsprung in der WM aus

Vorbild dürfte dabei Red Bull sein. Vettel überzeugte inSakhir durchgehend: starke Startphase, schnelle Überholmanöver, dominante Führung. Der Heppenheimer dominierte nach Belieben und profitierte dabei von den gelieferten Reifen. Nach vier WM-Läufen hat Vettel nun schon 30 Punkte Vorsprung auf seinen Dauerrivalen Fernando Alonso.

Die Freude war Vettel nach seiner Triumphfahrt am Sonntag deshalb deutlich anzumerken. "Es hat riesigen Spaß gemacht, weil das Auto genau gemacht hat, was ich wollte. Ich konnte wirklich gut auf die Reifen aufpassen und so lange fahren, wie wir es für die Strategie mussten", erklärte der 25-Jährige.

Insgesamt war das Rennen auf dem 5,412 Kilometer langen Kurs in der Wüste aber mehr als abwechslungsreich. Polesetter Rosberg im Mercedes und Ferrari-Pilot Alonso beharkten sich mit Vettel während der ersten Runden. Der Heppenheimer agierte klug und konnte beide Konkurrenten überholen, weil er sich etwas Zusatzleistung des Energierückgewinnungssystem KERS aufgespart hatte.

Vettel genießt Rad-an-Rad-Duelle

"Ich muss sagen, dass mir die vielen Rad-an-Rad-Duelle zu Beginn großen Spaß gemacht haben. Dann wurde es mit jeder gefahrenen Runde immer ruhiger und ruhiger", erklärte Vettel, der seinen Plan perfekt umsetzte: "Das wichtigste war, sehr schnell an allen vorbeizukommen, weil ich in den letzten Rennen gemerkt habe, dass es einen Einfluss auf den Reifenverschleiß hat, wenn man hinter jemandem festhängt."

Mit dem Sprint an die Spitze, den er in der dritten Runde abgeschlossen hatte, legte Vettel die Grundlage für seinen souveränen zweiten Saisonsieg. Später war der Dreifachweltmeister selbst überrascht, wie mühelos er das Rennen kontrollieren konnte.

"Wir hatten definitiv nicht gedacht, dass es so 'einfach' wird. Einfach in Anführungszeichen, weil es nie einfach ist, ein Formel-1-Rennen zu gewinnen", so Vettel gutgelaunt: "Wir waren heute sicherlich schneller, als wir gedacht hatten, was daraus resultiert, wie wir mit den Reifen gearbeitet haben."

Red Bull profitiert von Strecke und Reifen

Bei der Haltbarkeit der Gummis spielten Red Bull sowohl die Streckencharakteristik als auch die veränderte Nominierung durch Pirelli in die Karten. Der italienische Hersteller hatte die die weiche Mischung nach den Erfahrungen in Australien und Malaysia durch die Medium-Slicks ersetzt.

In Bahrain gibt es zudem nur wenig schnelle Kurven. Die horizontale Belastung durch Fliehkräfte ist daher gering, der hohe Anpressdruck der Red Bull belastet die Slicks weniger. Bei den engen Kehren werden die Hinterreifen durch leichten Schlupf beim Herausbeschleunigen stärker belastet.

Deshalb hatte Lotus-Pilot Räikkönen als Zweitplatzierter auch keine Probleme, die Überlegenheit Vettels anzuerkennen. "Wir hatten an diesem Wochenende einfach nicht den nötigen Speed, um es mit Red Bull aufzunehmen", sagte der Iceman. Der Finne schonte seine Reifen noch stärker als Vettel und verbesserte sich dank seiner Zwei-Stopp-Strategie von Startplatz acht auf Rang zwei.

"Man muss dafür anders mit den Reifen umgehen, sich feiner bewegen", erklärte Vettel stellvertretend das Erfolgsrezept seines Freundes: "Das gibt einem die Möglichkeit, rund 20 Sekunden für den Boxenstopp zu sparen und die etwas geringere Geschwindigkeit zu akzeptieren."

Grosjean ist wieder da

Räikkönens Teamkollege Romain Grosjean teilte sich das Rennen dagegen vollkommen anders ein und absolvierte wie die Mehrzahl der Fahrer drei Stopps. In den ersten drei Saisonrennen kämpfte der Crash-Pilot der der Saison 2012 noch mit dem Lotus E21. Nach einem Chassis-Wechsel scheint er das Auto nun endlich verstanden zu haben und wiederholte in Sakhir mit Platz drei seinen Vorjahreserfolg.

Der Lotus ist also nicht nur reifensparend, er ist im Rennen einfach verdammt schnell. Die größte Stärke des Teams ist aktuell aber auch das größte Problem. Beide Fahrer können die Geschwindigkeit der Konkurrenz in der Qualifikation nicht mitgehen. In Bahrain startete Räikkönen als Achter, Teamkollege Romain Grosjean gar nur als Elfter.

"Ich denke, dass wir das Potenzial haben, an den meisten Wochenenden um den Sieg zu kämpfen, wenn wir nur das Qualifying auf die Reihe bekommen", bestätigte Teamchef Eric Boullier die Probleme des Teams aus Enstone.

Durch den Ausfall Alonsos hat sich Räikkönen vorerst zu Vettels härtesten WM-Rivalen aufgeschwungen. Die Italiener stehen dagegen nach zwei technischen Problemen in vier Läufen schon vor Alonsos Heimrennen in Spanien bedeutend unter Druck, um den Anschluss an die Spitze der Gesamtwertung nicht frühzeitig zu verlieren.

Der Formel-1-WM-Stand in der Übersicht