Alonso: "Wir brauchen einen Schritt nach vorne"

Von Alexander Maack
Ein Hoch auf die Mini-WM! Sebastian Vettel (l.) und Fernando Alonso entscheiden sie unter sich
© Getty

Die Dominanz von Red Bull in Japan und Korea beeindruckte Ferrari. Auch wenn Sebastian Vettel mit dem Sieg in Yeongam die Führung in der Fahrer-WM übernommen hat, stecken die Italiener nicht auf. Die Mini-WM geht weiter. Entscheiden werden sie die Entwicklungsabteilungen der Teams.

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Für Red Bull könnte der Blick in die Statistiken aktuell nicht erfreulicher sein: Sie sind das einzige Team, das in der laufenden Saison einen Doppelsieg eingefahren hat. Sebastian Vettel ist der erste Fahrer, der drei Grands Prix in Folge gewonnen hat und gleichzeitig der einzige Fahrer, der viermal gewann.

Das österreichische Team hat derzeit eindeutig das schnellste Auto im Feld. Vor allem im Qualifying spielen Vettel und sein Teamkollege Mark Webber die Vorteile des neuen Doppel-DRS eindrucksvoll aus. Seit Monza kamen zudem ein neuer Frontflügel und variable Bremstrommeln aus der Entwicklungsabteilung in Milton Keynes.

"Wir wussten, wo unsere Schwächen sind, und an denen haben unsere Ingenieure sehr zielorientiert gearbeitet", sagte Red Bulls Berater Helmut Marko gegenüber "RTL": "Ich muss sagen, dass wir wieder dort sind, wo wir in den letzten zwei Jahren waren, dass die Entwicklungen, die neu gekommen sind, auf Anhieb funktionieren."

In Korea hatte das Team abermals den hinteren Teil der Karosserie verändert und führte die Abgase anders auf den Heckflügel, um so den Vorteil des D-DRS weiter zu optimieren. Die permanente Weiterentwicklung im Wochentakt beunruhigt die Konkurrenz, die derzeit nicht mehr mithalten kann.

"Saison ein einziges Up and Down"

Trotzdem glaubt der neue WM-Führende aus Heppenheim nicht, dass er in den verbleibenden vier Rennen ohne Widerstand den dritten Titel in Folge einfährt. "Natürlich hatten wir zuletzt ein paar gute Rennen. Aber wenn man sich den gesamten Saisonverlauf anguckt, war es für alle ein einziges Up and Down. Auch für uns ging es hoch und runter", sagte der Doppelweltmeister zu "Sky Sports F1".

Dabei hatte Alonso vor dem Korea-GP einen eindeutigen Vorteil für Ferrari erkannt. "Im Qualifying geht es nur darum, das schnellste Auto auf die Pole Position zu stellen, im Rennen nicht. Du brauchst eine gute Strategie, gute Reifen, gute Boxenstopps, einen guten Start", erklärte der Spanier: "Es gibt viele Dinge, die eine Rolle spielen und unter diesen Voraussetzungen sind wir allgemein das stärkste Team."

Nachdem Red Bull aber auch das Rennen souverän für sich entschied, meckerte Alonso schließlich: "Unser Auto hat sich seit sechs, sieben Rennen nicht verändert. Für uns ging es nur darum, Punkte zu sichern. Zusammen mit den zwei unverschuldeten Ausfällen können wir noch zufrieden sein, dass der Rückstand nur sechs Punkte beträgt. Aber jetzt brauchen wir einen Schritt nach vorne, um wieder um mehr als nur Podiumsplätze zu kämpfen."

Massa mit neuen Teilen schneller als Alonso

Das Problem hatte die Scuderia schon nach dem Rennen in Japan erkannt und vier neue Teile nach Yeongam mitgebracht. Als Resultat konnte Ferrari das Tempo des langsameren Red Bull zwischenzeitlich mitgehen - zumindest wenn man auf die Zeiten von Felipe Massa blickt.

Der Brasilianer war wie schon in Japan schneller als sein Teamkollege, wurde aber von seinem Renningenieur Rob Smedley angewiesen, langsamer zu fahren und Abstand zu Alonso zu halten. "Ein Punkt könnte für Fernando noch wichtig sein. Das hat große Bedeutung für das Team", zeigte sich Massa verständnisvoll.

Wobei der Spanier die Situation vollkommen anders bewertete: "Es kommt darauf an, wie du gerade mit deinen Reifen umgegangen bist. Im letzten Stint schonte ich meine Pneus, um bereit zu sein, Webber im letzten Moment zu attackieren. Felipe kam näher und näher. Als ich dann wieder Druck machte, lag er fünf Sekunden zurück."

Ferrari kommt wieder näher

Welche Version auch stimmen mag: Sicher ist, dass Ferrari in Korea wieder näher an Red Bull herangerückt ist. "Wir bewegen uns also in die richtige Richtung", befand Alonso. "Es fehlt nur noch ein letzter Schritt, um so konkurrenzfähig zu sein wie Red Bull. Es werden noch vier tolle Rennen bis zum Saisonende." Bei denen der zweimalige Weltmeister allerdings sieben Punkte mehr holen muss als Vettel, solange keiner von beiden mehr ein Rennen gewinnt.

Ferrari deutet schon seit Wochen an, dass es für das Saisonfinale große Updates für den F2012 geben wird. Erstmals sollen diese beim nächsten Grand Prix in Greater Noida ans Auto montiert werden. "Ich erwarte, dass ab dem kommenden Rennen in Indien ein paar Updates kommen werden", machte Alonso dem eigenen Team Druck: "Jeder wird mit neuen Teilen kommen. Es hängt dann ganz davon ab, bei wem sie funktionieren und bei wem nicht."

Sein Technikdirektor hatte die Aufforderung verstanden. "Wir werden unser Bestes geben, um für die verbleibenden vier Rennen so gut wie möglich vorbereitet zu sein", sagte Pat Fry. "Wir müssen unseren Fahrern ein Auto geben können, mit dem sie sich immer im Kampf um die Top-Platzierungen befinden."

Schon in der vergangenen Woche war Teamchef Stefano Domenicali ins heimische Maranello zurückgeflogen, um die Arbeiten an den Neuentwicklungen zu überwachen. Der Zeitdruck vor dem Indien-GP ist trotz der zweiwöchigen Pause noch höher als zuletzt.

Probleme mit Indiens Bürokratie

Die Mannschaft werde jetzt Tag und Nacht arbeiten, erklärte Domenicali. "Jeder, der denkt, dass der Verlust der WM-Führung uns demotiviert, macht einen großen Fehler", sagte der Teamchef. Allerdings bereitet der indische Zoll der Scuderia aktuell Kopfzerbrechen. Zu groß ist die dortige Bürokratie.

"Das ist durchaus ein Problem", bestätigte Sportdirektor Massimo Rivola: "Wir maximieren die Arbeit in der Fabrik, um sicherzustellen, dass die Teile nicht mit einem extra Schiff nach Indien gebracht werden müssen."

McLaren-Technikdirektor Paddy Lowe machte in Korea deutlich warum: "Alles muss direkt von hier aus nach Indien verfrachtet werden. Man muss dabei sehr rigoros vorgehen, denn irgendwelche neuen Teile nachträglich nach Indien zu bringen, ist äußerst schwierig."

In Maranello kommt Zeitdruck auf

So tickt die Uhr für Ferrari aktuell etwas schneller als für Red Bull. "Es sind noch 100 Punkte zu holen, und alles wird davon abhängen, wie stark wir uns während der kommenden Rennen verbessern können", sagt Alonso. Die Italiener müssen ihre Teile entwickeln und nach Korea bringen, um sie dort als offizielles Formel-1-Frachtgut zu deklarieren und am Zoll vorbei nach Indien einzufliegen.

Denn auch Red Bulls Werkstatt in Milton Keynes wird sicher nicht geschlossen. "Ich denke, dass wir hier ein sehr starkes Wochenende hatten, was vor allem der harten Arbeit hinter den Kulissen zu verdanken ist", sagte Teamchef Christian Horner: "Man muss nur schauen, wie hart hier gearbeitet wird, wer als Letzter die Boxen verlässt. Auch die Leute in der Fabrik in Milton Keynes geben stets ihr Bestes."

Auch Vettel lobte seine Boxencrew und gab für die kommenden vier Rennen die Marschroute vor: "Der Schlüssel zum Erfolg in den letzten paar Rennen war, dass wir unser Ding durchgezogen haben. Wir müssen jetzt zusehen, dass wir das Momentum hochhalten und in den kommenden Rennen genauso weiter machen."

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