Sieg in Yeongam - Vettel übernimmt WM-Führung

Von Alexander Maack
Sebastian Vettel belohnte sich in Korea selbst für die Übernahme der Führung in der Fahrer-WM
© spox

Sebastian Vettel hat beim Rennen in Yeongam am Sonntag seinen dritten Sieg in Folge gefeiert und die Führung in der Fahrer-WM übernommen. Die Red Bull tauschten schon am Start die Plätze, der Doppelweltmeister fuhr die Führung danach souverän ins Ziel. Fernando Alonso arbeitete sich früh an Lewis Hamilton vorbei, der wegen Reifenproblemen nur Zehnter wurde. Mercedes nahm keinen einzigen WM-Punkt mit.

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"Es war ein fantastisches Rennen. Ich bin sehr glücklich. Es ging darum, einen guten Start zu erwischen, denn ich bin auf der schmutzigen Seite losgefahren", erklärte Sebastian Vettel nach der Siegerehrung auf dem Podest. "Den einzigen Fehler, den ich gemacht habe, war einmal Turn 3 zu verpassen, aber wir konnten die Führung gut managen."

Für seinen Erfolg hatte der Doppelweltmeister der beiden vergangenen Jahre einen einfachen Grund erkannt. "Wir haben uns Sorgen über die Vorderreifen gemacht", sagte der Titelverteidiger: "Das Schwierige war, dass ich nicht wusste, wie viel vom rechten Vorderreifen noch übrig war. Die Kunst ist es, den Reifen am Leben zu halten."

Sein Teamkollege Mark Webber haderte nach der Zieldurchfahrt noch immer mit dem Platztausch zu Rennbeginn: "Ich hatte am Start etwas zu viel Kupplung, was enttäuschend war", so Webber: "Es ist großartig für das Team, dass wir die Positionen eins und zwei belegt haben, besonders mit Blick auf die Konstrukteursmeisterschaft. Ich habe jedoch gemischte Gefühle. Es war ein gutes Ergebnis, aber natürlich wollte ich heute das Top-Ergebnis holen."

Wie das Reifen schonen nicht funktioniert, zeigte Lewis Hamilton im McLaren. Der künftige Mercedes-Werkspilot musste als einziger Fahrer dreimal an die Box fahren, um sich neue Reifen abzuholen und wurde nur Zehnter. "Der Druck ist raus", sagte der WM-Vierte anschließend: "Ich glaube, das war das Aus für uns im Kampf um die Meisterschaft."

Hamilton wurde während des Rennens spektakulär von Nico Hülkenberg überholt, der es im Force-India auf Platz sechs schaffte. "Ich lag hinter Romain (Grosjean, Anm. d. Red.) und wir beide hatten DRS aktiviert. Wir liefen auf Lewis auf, der langsam war. Die Beiden gerieten sich in die Wolle", erklärte der Deutsche sein Manöver später: "Beide bremsten relativ früh und ich fuhr daneben. Lewis versuchte noch, mich rauszudrücken, doch ich dachte mir: 'Wenn ich schon mal so weit bin, dann muss ich auch reinhalten.'"

Nächste Kollision für Rosberg

Für die übrigen Deutschen lief es dagegen schlecht. Nico Rosberg stellte seinen Mercedes in der zweiten Runde ab. Schon beim letzten Rennen in Japan war er nach einter Kollision zu Rennbeginn ausgeschieden.

In Yeongam kollidierte Rosberg direkt nach dem Start mit Sauber-Pilot Kamui Kobayashi, der vor Kurve drei zu spät bremste und den Kühler des Mercedes aufschlitzte. Der dritte Beteiligte war Jenson Button, der seinen McLaren anschließend mit gebrochener Vorderradaufhängung abstellen musste.

Der Brite fand anschließend deutliche Worte für das Verhalten des Japaners, der zu einer Durchfahrtsstrafe verdonnert wurde: "Angesichts der Tatsache, dass dies die Königsklasse des Motorsports ist, ist das schon ein ziemliches Armutszeugnis. Das Rennen ist doch so lang. Die Fahrer an der Spitze kämpfen um Siege, um wichtige Punkte. Manche Leute müssen das erst noch lernen. Ob ihnen das irgendwann gelingen wird, weiß ich ehrlich gesagt nicht."

"Ich entschuldige mich"

Kobayashi selbst sah seinen Fehler schnell ein. "Es tut mir leid für die beiden und ich entschuldige mich", sagte er im Gespräch mit "RTL": "Ich kämpfte um meine Position. Auf der Bremse war es aber sehr schwierig, noch zu reagieren. Jemand traf mich und ich verlor die Kontrolle."

Rosberg war dennoch hochgradig enttäuscht. "So macht das keinen Spaß. Ich habe die Bilder noch nicht gesehen, aber ich habe verdammt spät gebremst. Das hatte ich vorher geübt und war auf der letzten Rille. Dass mich da noch jemand von hinten trifft, hat mich schon überrascht", so Rosberg: "Es sind halt ein paar Fahrer, die zu extrem und über dem Limit fahren."

Lob für Grosjeans Fahrweise

Dabei schloss Rosberg ausdrücklich den zuletzt stark kritisierten Romain Grosjean aus, der im Lotus Siebter wurde. "Grosjean ist heute vorsichtig gefahren. Der war vor mir und ich wusste gar nicht mehr, wo ich hin soll", sagte der Deutschfinne über das Bremsverhalten des Franzosen.

Auch Michael Schumacher konnte das Wochenende für die Silberpfeile nicht zu einem Erfolg ummünzen. Er scheiterte als 13. daran, Punkte mitzunehmen. Dabei war er von Position zehn ins Rennen gegangen.

Schlüsselszenen des Rennens:

Vor dem Start: Vettel und Alonso starten abseits der Ideallinie. Weniger Grip könnte zu einem schlechten Start führen. Die Chance für Hamilton und Räikkönen zum Überholen. Button startet als Elfter auf der härteren Pirelli-Mischung. Perez, Kobayashi und Di Resta entscheiden sich für dieselbe Taktik.

Strafen gab es für Charles Pic im Marussia und Daniel Ricciardo im Toro Rosso. Der Australier im kleinen Red-Bull-Team muss nach einem Getriebewechsel fünf Plätze zurück, der französische Teamkollege hat einen neuen Motor und startet deshalb als Letzter.

LIVE-TICKER: Das ganze Südkorea-Rennen zum Nachlesen

Start: Vettel kommt gut weg, guckt nach rechts zum Teamkollegen, der ihm genug Platz lässt und Hamilton blockt. Vettel geht als Erster in die Linkskurve, Webber setzt sich auf der folgenden 1,2 Kilometer langen Geraden neben ihn, lässt ihn aber unbedrängt auf P1. Hinter den Red Bull überholt Alonso Hamilton nach Turn 2. Räikkönen scheitert in Kurve drei daran, Hamilton auch noch zu passieren. Stattdessen schlüpft Massa am Lotus vorbei.

Außerhalb der Top 10 fahren Rosberg, Button und beide Sauber gleichauf zur Kurve drei. Kobayashi räumt dabei Button und Rosberg ab. Der Brite scheidet mit gebrochener Vorderradaufhängung sofort aus, Rosbergs Kühler ist kaputt. Er stellt das Auto wenig später ab. Kobayashi holt sich an der Box eine neue Nase.

8. Runde: Für seine Aktion bekommt Kobayashi nachträglich eine Durchfahrtsstrafe, die der Sauber-Pilot umgehend absolviert.

9. Runde: Die Streckenposten haben Rosbergs Auto endlich weggeräumt. Gelb wird aufgehoben, DRS aktiviert.

14. Runde: Hamilton eröffnet den Pitstop-Reigen. Fast alle Fahrer kommen rein. Nur Maldonado entscheidet sich dafür, lange draußen zu bleiben und eine Ein-Stopp-Strategie zu fahren.

18. Runde: Vettel gibt richtig Gas. Er hat seinen Vorsprung auf den eigenen Teamkollegen mittlerweile auf 5,1 Sekunden ausgebaut.

24. Runde: Hamilton verteidigt sich seit Runden gegen Räikkönen. Der Finne steckt immer wieder freiwillig zurück, weil er die wichtigen WM-Punkte nicht riskieren will. Nach Turn 3 überholt der Lotus-Pilot den Briten, aber der kontert unter Einsatz von KERS.

30. Runde: Grosjean versucht immer wieder mit DRS an Hülkenberg vorbeizugehen. Der Franzose ist eindeutig schneller, aber der Deutsche hält mit Kampflinie seine Position.

33. Runde: Hülkenberg kommt in die Box. Grosjean hat schon vorher gestoppt und kann so endlich vor Kurve drei am Deutschen vorbeigehen und stellt gleich eine neue schnellste Rennrunde auf.

35. Runde: Vettel rutscht von der Strecke, bleibt aber auf P1 und kommt direkt in die Box, um sich neue Reifen zu holen.

39. Runde: Massa kommt per Funk mitgeteilt, dass er bitte Abstand zu Alonso halten soll.

40. Runde: Hamilton hält beim Überholversuch von Grosjean dagegen und drückt den Franzosen in Kurve drei neben die Strecke. Davon profitiert Hülkenberg, der aufholt und in der anschließenden Schikane an beiden Piloten vorbeizieht.

43. Runde: Zum dritten Mal kommt Hamilton an die Box. Das Untersteuern seines McLaren frisst die Reifen.

49. Runde: Die Red Bull Boxencrew sorgt sich um die Reifen von Vettel. Er darf die Linkskurven nicht mehr voll fahren.

53. Runde: Hamilton dekoriert sein Auto mit einem Stück Teppich aus der Auslaufzone. Für die Aerodynamik dürfte das wenig hilfreich sein.

Ziel: Vettel kommt vor seinem Teamkollegen ins Ziel. Dahinter folgen Alonso, Massa und Räikkönen. Hamilton wird knapp Zehnter, muss in der letzten Runde aber zittern, weil Perez ihn fast noch einholt.

Mann des Rennens: Nico Hülkenberg. Der Force-India-Pilot wehrte sich lange erfolgreich gegen den wesentlich schnelleren Lotus von Grosjean. Erst als der Franzose stoppte und der indische Rennstall die Taktik nicht coverte, konnte Grosjean den Deutschen überholen. Dafür kämpfte Hülkenberg anschließend weiter und überholte Hamilton und Grosjean auf einen Streich, als der Lotus-Pilot am Überholmanöver gegen den Briten scheiterte.

Flop des Rennens: McLaren. Lewis Hamilton hat nach seiner Wechselankündigung nur noch Pech. Wie schon in Suzuka machte ihm das Set-up einen Strich durch die Rechnung. Als einziger Pilot musste der Brite dreimal neue Reifen holen. Kurz vor Schluss kam er dann auch noch von der Strecke ab, sammelte ein Stück Teppich auf und verlor durch die schlechten Flugeigenschaften des Textilstücks um ein Haar den letzten WM-Zähler.

Ein Grund dafür ist sicher sein Fahrstil, der die Reifen stärker belastet als es bei seinem Teamkollegen der Fall ist. Dass Button nach seiner enttäuschenden Quali direkt am Start ausfiel, machte das verkorkste Wochenende für die Truppe aus Woking perfekt.

Update Nach dem Rennen offenbarte McLarens Teamchef den Grund für die Reifenprobleme. Der Querstabilisator an der Hinterachse ging etwa in Runde 18 kaputt. Martin Whitmarsh: "Wir haben bei den Stops alles getan, was wir konnten, aber das hat Reifen gefressen."

Analyse: Red Bulls Überlegenheit hält weiter an. Beide Piloten auf den ersten beiden Plätzen. Vettel übernimmt die Führung in der Fahrer-WM. Der Vorsprung in der Konstrukteurswertung wird zudem langsam komfortabel.

Der Heppenheimer liegt in der Fahrer-WM plötzlich sechs Punkte vor dem Ferrari-Piloten Alonso auf Rang eins. Noch in der Sommerpause hatte der Ferrari-Pilot 42 Zähler Vorsprung.

Das schnellste Auto im Feld, McLaren macht Fehler und hat dazu noch Pech: Vettel hat momentan alle Trümpfe auf seiner Seite. Vettel und Webber konnten es sich sogar leisten, gegen Ende des Rennens ihre Geschwindigkeit drastisch zu reduzieren und so die Reifen zu schonen.

Ein starkes Signal an die Konkurrenz, von der lediglich Alonso zwischenzeitlich den Eindruck erweckte, er könnte mit Webber um Position zwei konkurrieren.

Für Mercedes wird das öffentliche Bild immer peinlicher. Noch am Freitag war das Team optimistisch. Die Strecke passe besser zum Auto als Suzuka, erklärte man. Beide Fahrer konnten sich immerhin für Q3 qualifizieren. Doch im Rennen verlor Schumacher immer weiter an Boden und fiel sogar komplett aus den Punkten.

Der aktuelle Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM