Neue Teile: Ferrari attackiert Sebastian Vettel

Von Alexander Maack
In Yeongam will Fernando Alonso dank neuer Teile am Ferrari Sebastian Vettel attackieren
© Getty

Nach zwei Ausfällen in den letzten vier Rennen will Fernando Alonso in Südkorea (Rennen: So, 8 Uhr im LIVE-TICKER) die Trendwende schaffen und das Duell gegen Sebastian Vettel für sich entscheiden. Neben Ferrari hofft auch Lotus auf eine immense Verbesserung durch zahlreiche neue Teile.

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Streckendaten:

  • Name: Korea International Circuit
  • Ort: Yeongam
  • Länge: 5,621 Kilometer
  • Runden: 55
  • Renndistanz: 309,155 Kilometer
  • Kurven: 7 Rechtskurven, 11 Linkskurven

Darauf kommt es an: Monaco trifft Monza und Suzuka. Der Kurs in Yeongam ist eine typische Herrmann-Tilke-Strecke. Der Aachener Architekt, der alle neugebauten F1-Kurse der letzten letzten Jahren entwarf, hat im Süden der koreanischen Halbinsel lange Geraden, schnelle und verwinkelte Kurven gemischt.

Während der erste Sektor extrem schnell beginnt, folgen noch vor der ersten Zwischenzeit drei sehr langsame Kurven, die mit maximal 90 Stundenkilometern gefahren werden. Dieser Abschnitt ist der Grund, warum die Teams die Autos auf hohen Abtrieb optimieren.

Verlängerte DRS-Zone für mehr Überholmanöver

Die FIA hat am Mittwoch zudem darauf reagiert, dass es im letztjährigen Rennen die wenigsten Überholmanöver der ganzen Saison gab. Nur 29 Mal konnten die Fahrer auf der Strecke eine Position gutmachen. Die Hälfte des Saisondurchschnitts. Deshalb wurde die einzige DRS-Zone des Kurses in diesem Jahr um 80 Meter erweitert.

Der Messpunkt bleibt weiterhin am Ende der Zielgeraden. 516 Meter nach der anschließenden Vollgaskurve können die Fahrer den Heckflügel flach stellen und haben damit 80 Meter länger den Vorteil des verringerten Abtriebs. "Hier kann man überholen, wenn es nicht so verdammt schwierig wäre, den richtigen Bremspunkt zu finden", erklärt Sebastian Vettel.

Gefahrenpunkt Boxeneinfahrt

Im zweiten und dritten Sektor reihen sich ähnlich wie zuletzt in Suzuka einige schnelle Kurven aneinander. Kritisch ist die Boxeneinfahrt: Sie liegt unübersichtlich auf der Innenseite einer schnellen Rechtskurve. Die Piloten müssen daher schon während Kurve 18 das Tempo drosseln, um die Einfahrt nicht zu verpassen.

Bei der Premiere 2010 waren die Bauarbeiten erst kurz vor dem GP-Wochenende abgeschlossen. Hygienisch fragwürdige Zustände, ein organisatorisches Chaos und Rotlicht-Etablissements, die von den Teams als Unterkunft genutzt werden mussten, hinterließen einen miserablen Eindruck.

Der Streckenteil am Rand des künstlich angelegten Hafens wird abgesehen von den Formel-1-Wochenenden als normale Straße genutzt. Die Fahrer mögen zwar den Kurs, die Atmosphäre begeistert aber niemanden. Yeongam liegt im Niemandsland vier Zugstunden von der Metropole Seoul entfernt. Die 120.000 Zuschauer fassenden Tribünen werden kaum gefüllt sein. Ein neuerliches Wetter-Chaos ist dagegen höchst unwahrscheinlich.

Wetter-Prognose:

  • Freitag: sonnig, 18-22 Grad, 0 Prozent Regenrisiko
  • Samstag: leicht bewölkt, 20-23 Grad, 10 Prozent Regenrisiko
  • Sonntag: leicht bewölkt, 20-23 Grad, 10 Prozent Regenrisiko

Reifen: Soft und Supersoft. Beim dritten Gastspiel gibt es endlich kein Vabanque-Spiel für die Teams mehr. Weil die Premiere 2010 durch Wetterkapriolen ins Wasser fiel, wussten sie im letzten Jahr noch nicht, wie sich die Reifen während des Rennens verhalten.

Mittlerweile ist klar: Der raue Asphalt belastet die Pneus extrem. Graining ist besonders zu Beginn des Wochenendes vorprogrammiert. Durch die Integration normaler Alltagsstraßen variiert das Gripniveau deutlich. Die Rundenzeiten werden sich während des gesamten Wochenendes extrem verbessern, da der gegen den Uhrzeigersinn gefahrene Kurs nur unregelmäßig genutzt wird.

"In diesem Jahr sind alle Slicks, außer dem supersoften, weicher als in 2011. Wir erwarten trotzdem ein Rennen, bei dem sich die Teams großteils für zwei Boxenstopps entscheiden werden", erklärt Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery. "Korea ist ein Rennen, bei dem alles passieren kann. Teams, die in der Lage sind, sich schnell an wechselnde Bedingungen anzupassen, werden hier erfolgreich sein."

In der Bremszone zu Turn 3 werden die Reifen mit 5,2 G belastet. Über 900 Kilogramm lasten hier auf den Vorderreifen. "Bei den Ausfahrten der engen Haarnadelkurven drei und vier wird viel Traktion von den Reifen verlangt", erklärt McLaren-Pilot Lewis Hamilton. "Es ist eine Herausforderung, die Slicks trotz ihrer wechselnden Temperatur optimal zu managen."

Statistik:

  • Sieger 2011: Sebastian Vettel in 1:38:01,994 Stunden
  • Pole-Position 2011: Lewis Hamilton in 1:35,820 Minuten
  • Schnellste Rennrunde 2011: Sebastian Vettel in 1:39,605 Minuten
  • Rekordsieger: Fernando Alonso (2010), Sebastian Vettel (2011)

Favoriten:

Red Bull: Das österreichische Team strahlt in Korea Optimismus aus und hat dazu allen Grund. Bei der Premiere 2010 stoppte Vettel ein Motorschaden, letztes Jahr sicherte er sich den Sieg. Die Strecke liegt der Mannschaft aus dem englischen Milton Keynes also. Zudem hat sich Red Bull dank eines gelungenen Upgrades in den letzten beiden Rennen stark verbessert.

"Ich glaube wir haben in allen Bereichen Fortschritte gemacht. Es geht darum, jedes Detail abzuklopfen", sagt Teamchef Christian Horner: "Wir haben in Japan beispielsweise den schnellsten Pitstop gehabt. Es wäre also falsch zu sagen, dass unser Aufschwung nur daher rührt, dass wir auf der Geraden ein paar Stundenkilometer mehr rausholen."

D-DRS bringt Vorteile in der Quali

Trotzdem: Das neue Doppel-DRS ist für Vettel und seinen Teamkollegen Mark Webber ein extremer Vorteil. Während sie zuletzt immer Probleme hatten, sich im Qualifying für die ersten Startreihen zu qualifizieren, reichte es in Suzuka plötzlich zur Doppel-Pole. "Wir wissen, dass der Kurs uns liegt und in der Vergangenheit waren wir hier wettbewerbsfähig. Also werden wir es wieder versuchen", sagt Vettel zurückhaltend.

Der Grund: Red Bull befürchtet, dass sich Fernando Alonso im Ferrari eklatant verbessert. Horner: "Entscheidend wird sein, was die Beiden auf der Strecke leisten und wie die jeweilige Performance der Autos in den ausstehenden fünf Rennen aussieht."

Ferrari: 49 Punkte betrug der Vorsprung von Alonso in der Fahrer-WM vor der Sommerpause. Mittlerweile ist er auf vier Pünktchen zusammengeschmolzen und der Red Bull war zuletzt deutlich schneller. Warum die Brausetruppe trotzdem so zurückhaltend kommuniziert? Alonso hatte bei beiden Ausfällen in den letzten vier Rennen Pech. In Spa wurde er von Romain Grosjean abgeschossen, in Japan kollidierte er unglücklich mit Kimi Räikkönen.

Doch in Südkorea soll die Trendwende folgen, wofür die Scuderia alle Register zieht. "Ich werde Fernando anrufen, um ihm noch mehr Motivation zu verleihen", sagte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo nach Suzuka. "Er muss in den letzten fünf Rennen die Kontrolle übernehmen und ich erwarte, dass das Team alles dafür tut."

Gesagt, getan: Ferrari bringt in Korea wieder ein großes Update mit, nachdem die in Singapur eingeführten Teile nicht die erhofften Verbesserungen brachten. Vier Teile gibt es Yeongam, weitere folgen in den kommenden Rennen. Teamchef Stefano Domenicali flog nach dem Japan-GP sogar extra ins heimische Maranello, um die Arbeiten zu überwachen.

Domenicali verteidigt Weiterentwicklung

"Wir haben gesehen, dass Red Bull am letzten Wochenende beeindruckend war, also müssen wir zusehen, dass wir ihre Entwicklung ausgleichen", sagt Domenicali. "Wenn ich höre, dass wir das Auto seit mehreren Grands Prix nicht weiterentwickelt haben - das stimmt nicht. Die Wahrheit ist, dass das Niveau der Fortschritte sehr hoch ist. Wir müssen am Start wieder weiter vorne stehen. Im Mittelfeld kann zu viel passieren."

Alonso machen die Neuentwicklungen nach der Enttäuschung von Suzuka wieder optimistischer. "Wir haben alles in unserer Hand", betont der 31-jährige Spanier. "Wir werden in jedem Rennen attackieren und versuchen, das Maximum herauszuholen. Wir waren zuletzt vielleicht nicht die Schnellsten, aber immer in der Lage, auf das Podium zu fahren."

McLaren: Wieder aufs Podium zu fahren ist auch das Ziel von McLaren, die zusammen mit Red Bull noch immer das schnellste Auto im Feld haben. Die schlechte Performance von Lewis Hamilton in Suzuka hat das Team aus Woking mittlerweile analysiert.

Die Balance-Probleme, die zu starkem Untersteuern führten, sollen nicht in einem schlechten Set-up, sondern in einem fehlerhaften Aufhängungsteil begründet gewesen sein.

"Ich kenne mein Auto genau und es kommt äußerst selten vor, dass es sich derart daneben benimmt.", so Hamilton zu "Autosport". "Es betraf einfach ein Teil, das hilft, die Balance aufrechtzuerhalten. Wenn man das Auto abstimmt, dann sollte dieses Teil auf eine ganz bestimmte Art und Weise reagieren. Aber dem war nicht so. Ich bin glücklich, dass wir nun den Grund kennen und erwarte an diesem Wochenende keine Probleme."

Hamilton strebt Sieg an

Das Ziel des WM-Vierten ist klar. "Wir hatten das Potenzial, die letzten beiden Grands Prix zu gewinnen, aber an beiden Wochenenden lief es nicht hundertprozentig. Wir haben das Momentum wieder auf unserer Seite. Ich fahre nach Südkorea, um um den Sieg zu kämpfen."

McLaren ist sich unterdessen sicher, dass der Kampf um die WM trotz des 42-Punkte-Rückstands von Hamilton auf Alonso noch längt nicht verloren ist. "Man muss sich nur einmal ansehen, wie viele Punkte Vettel in zwei Rennen auf Alonso aufgeholt hat. Es sind noch jede Menge Punkte zu vergeben", sagte Technikchef Paddy Lowe zu "Sky Sports News". "Wir können es schaffen, selbst wenn die anderen Jungs jedes Mal Dritter oder Vierter werden."

Lotus: Die Wettbewerbsfähigkeit von Lotus ging in letzter Zeit immer weiter zurück. Das Doppel-DRS, an das das französich-britische Team große Hoffnung knüpfte, liegt auf Eis. "Wir werden es nicht mehr einsetzen, alles überdenken und der Sache wahrscheinlich beim Young-Driver-Test in Abu Dhabi eine neue Chance geben", erklärte Technikchef James Allison.

Stattdessen hat Lotus den Schwerpunkt auf die Verbesserung des Auspuffs gelegt und bringt seinerseits ein Coanda-System mit nach Yeongam. "Wir haben richtig geackert, um unseren ziemlich geradlinigen, die Kraft maximierenden Auspuff zu bringen", so Allison. "Schon bevor wir den E20 vorstellten und bis zum heutigen Tag haben wir an der Entwicklung des Coanda-Systems in unserem Windkanal gearbeitet."

Räikkönen: "Ich fahre den Kurs einfach"

Für Lotus wird das Wochenende aber schwierig. Räikkönen und Grosjean kennen die Strecke überhaupt nicht. "Ich war noch nie in Südkorea, aber das macht für mich keinen Unterschied. Schon als ich jung war, war ich dazu in der Lage, Strecken sehr schnell zu lernen. Daran hat sich nichts geändert", so Räikkönen. Seine denkbar einfache Taktik: "Ich fahre den Kurs einfach."

Am Freitag werden beide Piloten also noch Eingewöhnungszeit brauchen, was das Testprogramm beeinflussen könnte, bei dem mehr als nur der neue Auspuff getestet werden soll. "Die Upgrades für Korea sind ein großer Schritt. Es ist der Beginn einer neuen Ära für uns", verdeutlichte Teamchef Gerard Boullier die Bedeutung.

So spielt auch der WM-Dritte etwas auf Zeit. "Wir müssen die ersten Runden im Freien Training abwarten, um die Kniffe der Bahn herauszubekommen", sagte Räikkönen, bei dem vor allem die wechselhaften Bedingungen für Bedenken sorgten: "Hoffentlich haben wir normales Wetter und verpassen keine Fahrtzeit wegen Regens oder technischer Probleme."

Räikkönens Teamkollege Grosjean, der nach seinen Startkarrambolagen immer noch im Kreuzfeuer der Kritik steht, deutete unterdessen schon an, beim Set-up Experimente zu wagen. "Ein Kompromiss ist da nicht immer die beste Lösung", lautet die Meinund des 26-Jährigen. "Jeder im Starterfeld hat seine eigenen Vorlieben."

Mercedes: Die Silberpfeile haben nach einem fast durchweg enttäuschenden Japan-GP wieder Hoffnungen geschöpft. "Die Strecke hat einen ganz anderen Charakter als Suzuka", sagte Mercedes' Motorsport-Chef Norbert Haug. "Unsere Aufgabe in Korea ist es, wieder auf ein Level zurückzukehren, dass uns bessere Startpositionen ermöglicht, damit wir ein besseres Resultat im Rennen erreichen können."

Nico Rosberg schöpft dabei immer noch Hoffnung aus den letzten neuen Teile. "Die letzten Updates passen vermutlich besser zu diesem Kurs, also hoffe ich darauf, dass wir bei der Performance einen Schritt vorwärts machen können." Auch Michael Schumacher zeigt sich optimistischer: "Die Basis-Charakteristik des Kurses sollte uns mehr liegen."

Am Freitag testet Mercedes abermals ein Doppel-DRS im Lotus-Stil. Das System ist aber noch nicht für den Renneinsatz bereit und wird am Samstag wieder verschwunden sein.

Zeitplan (MESZ):

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM