Pilotin um jeden Preis? "Das macht keinen Sinn"

Von Alexander Maack
Teamchefin Monisha Kaltenborn (l.) übernahm vor dem Südkorea-GP den Posten von Peter Sauber
© spox

Sie ist die einzige weibliche Führungsperson und seit kurzem Teamchefin des Sauber-Rennstalls: Monisha Kaltenborn spricht im Interview über weibliche Formel-1-Fahrer, die Entwicklung des Teams und die Einführung einer Budgetbegrenzung.

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SPOX: Frau Kaltenborn, Sie sind als Teamchefin von Sauber die einzige weibliche Führungsperson in der Formel 1. Gab es anfangs Widerstände, gegen die Sie sich durchsetzen mussten?

Monisha Kaltenborn: Nein, die gab es nicht. Ich war ja bereits seit über zehn Jahren für alle rechtlichen Aspekte zuständig und hatte so schon lange mit anderen Teamchefs, sowie mit den Verantwortlichen der FIA und Bernie Ecclestone zu tun. Als ich Anfang 2010 die Führung des Unternehmens in Hinwil übernahm, war das ein natürlicher Schritt, der sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen so ergab.

SPOX: In dieser Saison gibt es zwei Frauen, die als Testfahrerinnen engagiert sind. Wäre Sauber mit Ihnen als Teamchefin nicht prädestiniert, um in der nächsten Saison die erste Frau als Stammfahrerin zu präsentieren?

Kaltenborn: Ich bin ja Mitglied in der Women and Motorsports Commission der FIA, deren Ziel es ist, junge Rennfahrerinnen zu unterstützen und ihnen eine Plattform zu bieten. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn es eine Frau in die Formel 1 schaffen würde. Aber nur dann, wenn sie entsprechende Leistungen bringt. Eine Frau nur deshalb in die Formel 1 zu bringen, weil sie eine Frau ist, das macht keinen Sinn.

SPOX: Mit Sergio Perez verlässt einer der beiden Fahrer das Team nach der Saison und wechselt zu McLaren. Auch Kamui Kobayashi ist noch nicht für die nächste Saison bestätigt. Wer wird die Sauber-Cockpits 2012 besetzen?

Kaltenborn: Wir werden zur gegebenen Zeit kommunizieren, wer unsere Piloten für 2013 sind. Unser Ziel ist es, die zwei besten Piloten zu verpflichten, die für unser Team in Reichweite sind. Das erste Auswahlkriterium wird dabei die sportliche Leistung sein.

SPOX: Sauber hat schon jetzt mehr als doppelt so viele Punkte wie in der gesamten Saison 2011. Worauf führen Sie die Verbesserungen zurück?

Kaltenborn: Es ist unseren Technikern und Ingenieuren gelungen, mit dem Sauber C31-Ferrari ein sehr gutes Auto zu bauen. Die Schwächen des letztjährigen Autos wurden fast zu hundert Prozent ausgemerzt, die Weiterentwicklung ist auf einem hohen Niveau und verläuft sehr effizient. Außerdem ist nach einer ganz schwierigen Phase für das Unternehmen, die wir nach dem BMW-Rückzug 2009 hinter uns bringen mussten, wieder Stabilität ins Team eingekehrt. Das ist sehr wichtig.

SPOX: Wie kann Sauber als Privatteam beim Entwicklungstempo der großen Teams überhaupt mithalten?

Kaltenborn: Wir arbeiten sehr effizient. Die umfangreichen Entwicklungspakete, die wir zu den Rennen in Barcelona und in Silverstone am Start hatten, haben funktioniert, und die Weiterentwicklung des C31 ist auch noch nicht abgeschlossen.

SPOX: Sie verzichten als einziges Formel-1-Team auf den Posten des Technischen Direktors. Warum?

Kaltenborn: Es war schon in der Vergangenheit so, dass bei Sauber die Abteilungsleiter eine wichtige Rolle spielten. Wir haben diese Struktur ohne einen Technischen Direktor bewusst gewählt und wir sind auch überzeugt, dass das für uns die bestmögliche Lösung ist. Die Hauptaufgaben sind auf die drei Bereiche Design, Vehicle Performance und Aerodynamik verteilt.

SPOX: Ex-FIA-Boss Max Mosley hatte 2009 geplant, die Kosten auf 40 Million Pfund pro Team und Jahr zu begrenzen. Damals drohten die Werksteams aus der F1 auszusteigen und eine eigene Rennserie zu gründen. Jetzt strebt Bernie Ecclestone wieder eine Budgetobergrenze an. Wie hoch sollte die Ihrer Meinung nach sein?

Kaltenborn: Generell ist es dringend nötig, dass die Kosten sinken, denn mit Ausnahme der großen Teams ist es für alle privaten Teams eine große Herausforderung, jedes Jahr eine solide Finanzierung sicherzustellen. Das kann entweder über das so genannte RRA, das Resourcen-Restiriktions-Abkommen, oder über eine Budgetobergrenze erreicht werden. Persönlich bevorzuge ich die Budgetobergrenze, weil sie mehr Freiheiten im Bereich der Technik lässt. Über Zahlen kann man aber erst konkret sprechen, wenn definiert ist, was unter die Budgetgrenze fällt und was nicht.

SPOX: Vier Rennen stehen in dieser Saison noch aus. Sie kämpfen aktuell in der Konstrukteurs-WM mit Mercedes um Platz fünf. Was wollen Sie bei den verbleibenden Grands Prix noch erreichen?

Kaltenborn: Ich erwarte, dass wir auch in den letzten Rennen noch gute Leistungen abliefern. Vor der Saison haben wir gesagt, dass wir uns in der WM signifikant verbessern wollen. Ausgehend von Rang sieben im vergangenen Jahr wäre das der fünfte Rang bei den Konstrukteuren. Das ist ambitioniert, aber man muss sich hohe Ziele setzen. Ich habe volles Vertrauen in unsere Mannschaft. Das wichtigste wird sein, dass wir Ende Saison sagen können: "Wir haben alles versucht, was für uns möglich war."

Das Sauber-Team im Steckbrief