Timm Thaler hat sein Lachen zurück

Von Alexander Mey
Lewis Hamilton feierte seinen Sieg in Abu Dhabi auf dem Podium ausgelassen mit Rosenwasser
© Getty

Lewis Hamilton hat durch den Sieg in Abu Dhabi sein Lachen und wohl auch seine alte Form wiedergefunden. Sebastian Vettel hat ihm mit seinem Ausfall dabei unfreiwillig geholfen.

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Die Geschichte von Timm Thaler ist allen über 30 sicher noch bekannt. Der Titelheld der ersten "ZDF"-Weihnachtserie 1979 verkaufte sein Lachen und musste viel Zeit und Mühen investieren, um sich dieses Lachen wieder zurückzuholen.

So ähnlich könnte man die Saison von Lewis Hamilton zusammenfassen. Es ging gut los. Er gewann das dritte Saisonrennen in einem grandiosen Finish gegen Sebastian Vettel, lag bis nach dem sechsten Rennen in Monaco noch auf Platz zwei der Fahrerwertung und war auch privat auf einem guten Weg. Es machten sogar Gerüchte um eine Verlobung mit Popstar Nicole Scherzinger die Runde.

Absturz nach gutem Saisonstart

Es folgte der Absturz. Hamilton machte unerklärliche Fehler auf der Strecke, verbrachte fast ebenso viel Zeit bei den Rennkommissaren wie im Auto. Parallel dazu brach seine Beziehung mit Scherzinger auseinander und auch das Verhältnis zu seinem früher so eng vertrauten Vater lag offensichtlich im Argen.

All das machte aus Hamilton einen Mann, der das Lachen verlernt hatte, der auf und neben der Strecke nur noch ein Schatten seiner Selbst war. Nicht einmal nach seiner Pole-Position in Südkorea zeigte er irgendeine emotionale Regung.

Hamilton "war klarer im Kopf"

Das war nach dem Sieg in Abu Dhabi völlig anders. Hamilton strahlte gelöst über das ganze Gesicht, als er auf dem Podium stand. In der folgenden Pressekonferenz bestätigte sich der Eindruck eines seit langem mal wieder unbekümmerten Weltmeisters von 2008.

"An diesem Wochenende war ich definitiv klarer im Kopf und auf meiner Seele lastete wegen all meiner Probleme nicht so viel Ballast wie zuletzt", betrieb Hamilton Psychoanalyse an sich selbst. "Ich war das ganze Wochenende voll da."

Hamilton widmet Sieg seiner Mutter

Den dritten Saisonsieg widmete Hamilton noch über Funk seiner Mutter, die an diesem Tag Geburtstag hatte. Aber nicht nur das. Sie hatte wohl auch gehörigen Anteil daran, dass Hamilton im Auto wieder er selbst war.

"Meine Familie hat mich in den letzten Wochen noch mehr unterstützt als sonst. Auch meine Fans haben mit sehr geholfen", sagte Hamilton. "Ich bin einfach stolz, mit all dem Druck, der auf mir lastete, und all den Selbstzweifeln, die ich hatte, so ein fehlerfreies Rennen hinbekommen zu haben."

Hamilton hat das Rennen in der Tat kontrolliert, obwohl Fernando Alonso hinter ihm niemals locker gelassen und nach eigener Aussage jede einzelne Runde wie ein Qualifying absolviert hat.

Vettel: Gute Tat wider Willen

Ob Sebastian Vettel Hamilton geschlagen hätte, werden wir nie erfahren, aber fest steht, dass Vettels Pech mit dem immer noch nicht endgültig geklärten Reifenplatzer Hamilton das Glück zurück gebracht hat.

Eine gute Tat von Vettel, wenn man so will - wenn auch sicher eine unfreiwillige. "Das ärgert einen schon, denn wir hätten vorne mitmischen können", sagte Vettel nach seinem Aus.

Hamilton: "Ohne Sebastians Problem wäre es eng geworden"

Hamilton nahm das Geschenk des Weltmeisters gerne an. "Ich kann mich nicht erinnern, wann er das letzte Mal etwas Pech hatte. Er hatte mal wieder einen sehr guten Start und nach Kurve eins schon eine Lücke gerissen. Dann habe ich sofort gesehen, dass mit seinem Hinterreifen etwas nicht stimmt, und versucht zu verhindern, dass er mich bei seinem Dreher trifft", erklärte Hamilton.

"Wir waren sehr schnell und ohne Sebastians Problem wäre es sicher sehr eng geworden", mutmaßte Hamilton und philosophierte mit Blick auf seinen ausgefallenen Rivalen Vettel: "Manchmal brauchen wir ein wenig Pech, um die guten Zeiten genießen zu können."

Hamilton hätte sicher im Laufe der Saison oftmals gerne mit Vettel getauscht. Damit soll es nun vorbei sein. Er soll wieder derjenige werden, mit dem die Gegner tauschen wollen.

Hamilton hofft auf Neustart

Der Sieg in Abu Dhabi als Startschuss zum Comeback? "Das ist auf jeden Fall der Start von etwas hoffentlich sehr Gutem", sagte Hamilton. "Wir haben ein weiteres großartiges Rennen in Brasilien vor uns und ich muss meinen Fokus darauf lenken, das Momentum zu behalten. Ich muss mit meinen Gedanken bei der Sache bleiben."

Wenn ihm das gelingt, wird er 2012 nicht mehr Timm Thaler sein sondern wieder ein ernsthafter Herausforderer für Vettel im Kampf um den WM-Titel. Der Spannung würde es sicher nicht schaden.

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