Vettel gerüstet mit Schirm, Reifen und Jacke

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel holte in Montreal die sechste Pole-Position im siebten Rennen
© Getty

Schon in Barcelona und Monaco musste Sebastian Vettel trotz Pole-Position bis zur letzten Runde um seine Siege kämpfen. In Kanada (18.45 Uhr im LIVE-TICKER) ist sein Triumph aber ungewisser denn je. Das liegt nicht an ihm, es liegt an zu erwartenden Turbulenzen.

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Einen Mann mit so viel Selbstvertrauen und Gelassenheit wie Sebastian Vettel kann nichts mehr erschüttern. Nicht einmal die Aussicht, am Samstag in Montreal vielleicht die unwichtigste Pole-Position des Jahres geholt zu haben.

Unwichtig deshalb, weil für das Rennen rein gar nichts vorherzusagen ist. Keiner weiß, wie lange die Reifen halten und wie viele Boxenstopps am besten sind. Keiner weiß, wie viele Unfälle und folgende Safety-Car-Phasen es geben wird.

Es weiß noch nicht einmal irgendjemand, wie das Wetter wird. Regenwahrscheinlichkeit? Um die 50 Prozent, sagt die FIA. Mindestens 60 Prozent, sagt McLaren. Es regnet bestimmt, die Frage ist, wann, sagt Red Bull. Wer weiß, ob es überhaupt regnet, sagt Mercedes.

Vettel nimmt Unwägbarkeiten gelassen

Vettel nimmt es auf jeden Fall gelassen und scherzt: "Wir haben Regenreifen dabei, und ich eine Jacke und einen Regenschirm." So viel zu seiner Vorbereitung auf ein Regenrennen.

Warum soll sich Vettel auch aufregen? Schließlich hat niemand im Feld Erfahrung mit einem Regenrennen auf den Pirelli-Reifen. Die stünden bei einem Grand Prix im Nassen nämlich vor ihrer Premiere. Wie sie sich verhalten und welches Auto mit ihnen am besten zurechtkommen wird, ist pure Spekulation.

Webber ohne KERS nur Vierter

Also muss sich Vettel auf dem Weg zum erhofften ersten Podium in Kanada daran halten, seine Konkurrenten nach dem zu beurteilen, was er einschätzen kann. Dabei ist ihm aufgefallen: "Das ist nicht unsere beste Strecke, denn wir lieben schnelle Kurven. Aber im Qualifying hatten wir trotzdem das beste Paket. Es wird wie in den letzten beiden Rennen nicht leicht werden, aber ich bin zuversichtlich."

Vielleicht hätte ihm Teamkollege Mark Webber sogar in der ersten Startreihe Gesellschaft geleistet, hätte an seinem Auto nicht mal wieder KERS versagt. Ohne die Zusatz-PS reichte es nur zu Startplatz vier.

Ferrari glaubt fest an Siegchance

Dafür, dass Vettel nicht wie in Barcelona und Monaco den Sieg trotz arger Bedrängnis noch ins Ziel retten kann, will Ferrari sorgen. Fernando Alonso und sogar der oft gescholtene Felipe Massa sind dicht am Weltmeister dran und sprühen vor Optimismus.

"Im Rennen legen alle ihre Karten auf den Tisch und wir haben auf jeden Fall eine Chance, das Rennen zu gewinnen", sagte Alonso, der Vettel schon in Monaco im Nacken saß.

Ferrari liebt die weichen Reifen

Sollte es trocken bleiben, profitiert Ferrari vor allem von der Fähigkeit, aus den weichen Reifenmischungen das Optimum herausholen zu können. Massas starke Rundenzeiten stehen als Sinnbild dafür. Je weicher die Pneus, desto besser ist der Brasilianer.

"Für uns ist Ferrari die größte Bedrohung. Sie sehen sehr schnell aus und haben immer gute Starts", warnte Red-Bull-Teamchef Christian Horner und erklärte, dass sein Team bei der Abstimmung auf einen Kompromiss zwischen Regen- und Trocken-Set-Up gesetzt hat.

Regenabstimmung bei McLaren

McLaren hat das nach Aussage von Teamchef Martin Whitmarsh nicht getan. Er erklärte den fehlenden Top-Speed seiner Autos zum Teil damit, den Heckflügel steiler gestellt, also ein Regen-Set-Up gewählt zu haben. Dieses Pokerspiel ist riskant und täuscht zudem nicht darüber hinweg, dass McLaren generell ein Problem mit dem Top-Speed auf den langen Geraden hat.

Das wird in einem Trockenrennen zum großen Nachteil. "Unser Heckflügel-System ist nicht so gut wie andere. Wir können den Luftwiderstand nicht so stark reduzieren", gestand der Fünfte Lewis Hamilton und wollte nichts von einer Regenabstimmung wissen. "Uns fehlen auf der Geraden 10 bis 13 km/h. Dort verlieren wir also einige Zehntel."

Und die Chance, im Rennen Gegner zu überholen. Denn auch, wenn es zum ersten Mal zwei Zonen gibt, in denen der Heckflügel flach gestellt werden darf, muss man den anderen Autos wenigstens ebenbürtig sein.

Unfälle lassen Safety-Car-Phasen erwarten

McLaren scheint nicht in der besten Ausgangslage zu sein, um in Kanada aufs Podium zu fahren. Abschreiben darf man Hamilton und Jenson Button, die Doppelsieger von 2010, aber auf keinen Fall.

Dafür kann auf dem engen Hochgeschwindigkeitskurs viel zu viel passieren. Schließlich gab es in der Vergangenheit nirgends so viele Safety-Car-Phasen wie in Montreal. Dass es die auch 2011 wieder geben kann, haben die Trainingsunfälle von Vettel, Kamui Kobayashi, Adrian Sutil, Jerome d'Ambrosio und Pedro de la Rosa deutlich gezeigt.

Mercedes profitiert von kühlen Temperaturen

Ob Mercedes ein Chaos-Rennen braucht, um ein sehr gutes Ergebnis einzufahren, ist nicht sicher. Nico Rosberg und Michael Schumacher haben von den Plätzen sechs und acht aus auch bei regulärem Verlauf gute Ausgangspositionen. Und beide beteuern, den exorbitanten Reifenverschleiß von Monaco diesmal im Griff zu haben.

Damit könnten sie Recht haben, denn schon in den Rennen zuvor war Mercedes immer dann besonders gut, wenn es nicht allzu heiß war. Und heiß wird es in Montreal am Sonntag auf keinen Fall werden, egal, ob es regnet oder nicht.

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