"Gut, dass jemand Vettel gestoppt hat"

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel war in China zum ersten Mal in dieser Saison nicht die Nummer eins
© Getty

Sebastian Vettel ist zum ersten Mal in dieser Saison geschlagen und die Formel-1-Welt atmet auf. Allen voran Red-Bull-Kollege Mark Webber, der sich eine Stichelei gegen Vettel nicht verkneifen konnte.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Lewis Hamilton musste erst einmal tief durchatmen, als er nach seinem Triumph in China auf die Siegerehrung wartete. Zwischenzeitlich rang er sogar mit den Tränen, so wichtig war ihm der erste Erfolg seit dem Belgien-GP 2010.

"Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, dass ich zum letzten Mal auf dem obersten Podest gestanden habe", sagte er auf der Pressekonferenz und sprach damit der ganzen Formel-1-Welt außerhalb Deutschlands aus der Seele. Denn Ewigkeiten schien es auch her gewesen zu sein, dass jemand anderes als Sebastian Vettel ein Rennen gewonnen hat.

Presse feiert Vettels Niederlage

"Hamilton beendet die Diktatur Vettels", titelte die spanische "Marca". Der italienische "Corriere della Sera" schrieb: "Hamilton erteilt der Formel 1 eine Lehre: Vettel und Red Bull sind besiegbar!"

Der englische "Telegraph" erklärte etwas ausführlicher: "Das war das Rennen, nach dem 2011 geschrien hat: Ein grandioses Drunter und Drüber auf dem Weg zur Zielflagge. Und am Ende mal ein anderer als Sebastian Vettel ganz oben auf dem Podest. Nichts gegen den Deutschen, aber der sensationelle Erfolg von Lewis Hamilton am Sonntag beim Großen Preis von China hat die Formel-1-Saison erst so richtig lebendig gemacht."

Es drohte eine Formel Langeweile, wie sie die Fans außerhalb von Deutschland schon zu den Glanzzeiten von Michael Schumacher gehasst haben. Nun hat Red Bull nach vier Vettel-Siegen in Serie aber Schwäche gezeigt - und die hat Hamilton genutzt.

Webber stichelt gegen Vettel

Sehr zur Freude auch von einem Mann, der sich öffentlich eigentlich gar nicht hätte freuen dürfen: Mark Webber. Der warf in der Pressekonferenz seine Loyalität gegenüber dem Teamkollegen über Bord und gab offen zu: "Es war gut, dass ihn jemand gestoppt hat. Ein guter Tag für den Rennsport. Natürlich ist Seb mit mir im gleichen Team, aber er hatte einen phänomenalen Lauf. Schade, dass McLaren gewonnen hat, aber wir alle durften Seb nicht zu weit davonziehen lassen."

Eine Aussage, die den Red-Bull-Bossen sicher nicht gefallen hat. Aber verständlich, wenn man bedenkt, welche Seuche Webber in dieser Saison bisher hatte. Er weiß, dass er sich keine klare Niederlage gegen Vettel leisten kann, wenn er seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag noch einmal verlängert bekommen möchte.

Berger: Webber droht die Barrichello-Rolle

"Sebastian war schon vergangene Saison schneller als Webber, dann zeigte er Mitte der Saison etwas Nerven. Jetzt ist die Kluft zwischen beiden riesig. Die Rollen sind eindeutig verteilt", sagte Red-Bull-Kenner Gerhard Berger im "Welt"-Interview. Ein Vergleich mit Rubens Barrichello in dessen Zeit neben Schumacher bei Ferrari sei nicht abwegig.

Vettels Niederlage macht Webber Mut, dass es nicht so weit kommt. Immerhin hat er in den drei Rennen trotz aller Unterlegenheit und allen Pechs fleißig Punkte gesammelt und liegt mit 37 Punkten "nur" 31 Punkte hinter Vettel. Dessen Vorsprung auf den Zweiten Hamilton ist auf 21 Punkte geschmolzen.

Und auch Berger gesteht Webber zu: "Ich glaube, dass der Zeitpunkt kommt, an dem Webber wieder Rennen gewinnt, weil er ein ausgezeichneter Fahrer ist." Aber: "In der Gesamtschau ist Vettel der unumschränkte Teamleader."

Hamilton: "Vettel ist nicht besser als ich"

Ein Teamleader, der in China an einem schlechten Start und an der Taktik gescheitert ist, nicht etwa daran, dass sein Auto oder er langsamer geworden wären. Der Red Bull bleibt das beste Auto im Feld und Vettel einer der besten, vielleicht sogar der beste Fahrer im Moment. Er wird nach menschlichem Ermessen schon bald wieder auf das oberste Podest zurückkehren.

Das werden weder Webber noch Hamilton auf Dauer verhindern können. Auch wenn es Hamilton an Kampfansagen nicht fehlen lässt. "Ich denke nicht, dass Vettel besser ist als ich", sagte er schon vor seinem Sieg in Shanghai. Ohne dabei aber den Respekt vor dem Gegner zu verlieren: "Red Bull macht einen fantastischen Job und wir müssen uns wirklich sehr, sehr strecken, um den Rückstand zu verkürzen."

Nächste Chance in drei Wochen. Dann geht es in die Türkei, wo sich 2010 beide Red-Bull-Piloten gegenseitig aus dem Rennen befördert und McLaren den Doppelsieg geschenkt haben. Der große Triumphator damals: Lewis Hamilton.

China-GP: Das komplette Rennergebnis

Artikel und Videos zum Thema