Titel-Showdown im "Maracana-Stadion"

Von Alexander Mey
Autodromo Jose Carlos Pace: Alle Kurven, Geschwindigkeiten, Gangzahlen und Fliehkräfte
© spox

19 Strecken stehen im Rennkalender der Saison 2010. Darunter eine völlig neue in Südkorea und einige umgebaute, zum Beispiel in Bahrain oder Silverstone. SPOX stellt vor jedem Rennen den Kurs detailliert mit Grafik, Fakten und Video vor. Darunter eine Runde im Red-Bull-Simulator mit Sebastian Vettel. Teil 18: Brasilien.

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Streckendaten:

  • Name: Autodromo Jose Carlos Pace
  • Ort: Sao Paulo
  • Länge: 4,309 Kilometer
  • Runden: 71
  • Renndistanz: 305,909 Kilometer
  • Kurven: 5 Rechtskurven, 10 Linkskurven

Eine Interlagos-Runde mit Vettel im Rennsimulator

 

Darauf kommt es an:

Nach Korea gleich der nächste Kurs im Rennkalender, der gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird. Grundsätzlich eine Seltenheit, aber ausnahmsweise hatten die Fahrer diesmal Gelegenheit, sich daran zu gewöhnen. Trotzdem bleibt die Belastung vor allem für die Nackenmuskeln ungewohnt.

Der Kurs ist aber aus mehreren Gründen sehr tückisch. Trotz unzähliger Nachbesserungen ist er nach wie vor sehr wellig und daher körperlich extrem anstrengend. Die mehr als einen Kilometer lange Bergauf-Gerade bei Start und Ziel erfordert viel Power der Motoren und begünstigt Autos mit ausgereiftem F-Schacht.

Die Abstimmung erfordert einen Kompromiss aus Abtrieb im engen Mittelteil und Top-Speed auf der Geraden. "Du bist ständig am Tüfteln. Spätestens da wird Formel 1 zum Denksport", beschreibt Adrian Sutil. Auch deshalb liebt er wie die meisten Fahrer den Kurs: "Die Zuschauer machen Lärm wie im Maracana-Stadion in Rio, und die Strecke ist mindestens genauso gut. Es geht rauf und runter wie in einer Achterbahn."

Den ganz speziellen Reiz macht aus, dass in Interlagos in den vergangenen Jahren immer die WM-Entscheidung gefallen ist. 2009 wurde dort Jenson Button Champion, 2008 Lewis Hamilton, 2007 Kimi Räikkönen und 2006 und 2005 Fernando Alonso. Der hat nun erneut die Chance, in Brasilien den Sack zuzumachen.

Eklig wird die Fahrt, wenn es nass ist. Denn es regnet in Brasilien gerade zu dieser Jahreszeit sehr oft und dann auch sehr heftig. 2009 war das Qualifying chaotisch, das dramatische Rennende 2008 zwischen Hamilton und Felipe Massa um den Titel ist unvergessen. "Wenn es dort regnet, brauchst du eine Menge Glück, die Abstimmung des Autos auf der rutschigen Strecke hinzubekommen", sagt Robert Kubica und fürchtet: "Vielleicht erwartet uns eine Lotterie."

Wetter-Prognose:

  • Freitag: leicht bewölkt, 28-31 Grad, 20 Prozent Regen-Risiko
  • Samstag: mäßiger Regen, 20-22 Grad, 70 Prozent Regen-Risiko
  • Sonntag: wolkig, 21-23 Grad, 20 Prozent Regen-Risiko

Die Favoriten:

Red Bull: 2009 gewann Webber das Rennen souverän und auch Vettel zeigte eine beeindruckende Aufholjagd, nachdem er im nassen Qualifying die letzte WM-Chance weggeworfen hatte. Die starke aerodynamische Effizienz und der gute mechanische Grip sollten dem Auto im kurvigen Mittelteil große Vorteile einbringen. Dafür ist es auf der langen Berauf-Geraden gefährdet, überholt zu werden. Im Qualifying sollte es dennoch erneut zur Pole-Position reichen. Vettel muss hoffen, dass er nicht direkt vor Webber liegt, denn dann droht ihm Teamtaktik von Red Bull. Webber hat die größeren Titelchancen und Experten wie Ex-Weltmeister Niki Lauda fordern bereits lautstark: "Wenn sie jetzt nicht auf Webber setzen, stehen sie am Ende womöglich ohne Titel da. Vettel kann man abschreiben. Er hat keine Chance mehr."

Ferrari: Die Scuderia sieht in Interlagos traditionell gut aus. Drei Siege und drei Poles in den vergangenen vier Jahren sprechen Bände. Massa ist mit drei Poles und zwei Siegen erklärter Brasilien-Spezialist und könnte somit ein wichtiger Helfer für Alonso werden. Der Spanier hat nur 2005 in Brasilien gewonnen und verlor dort 2007 trotz starken Rennens den WM-Titel an Räikkönen. Aber wenn er ins Ziel kam, stand er seit 2005 immer auf dem Podium. Die Chancen stehen nicht schlecht, den ersten Matchball zum WM-Titel zu nutzen. Allerdings hat Alonso keinen frischen Motor mehr und muss hoffen, dass sich seine Motorschäden vom Saisonstart nicht rächen.

McLaren: Die lange Bergauf-Gerade ist McLarens Hoffnungsschimmer. Dort werden sie die Schnellsten sein und im Rennen überholen können. Der Speed auf eine komplette Runde droht jedoch wie in Südkorea nicht ganz an den von Red Bull und Ferrari heranzukommen. Hamilton braucht etwas Verrücktes, um nach Brasilien noch realistische Titelchancen zu haben, aber nach den WM-Finals 2007 und 2008 kennt er sich mit verrückten Rennen in Brasilien bestens aus. Button wird aller Voraussicht nach dort, wo er 2009 Weltmeister wurde, die letzte rechnerische Chance auf die Titelverteidigung verlieren.

Mercedes: Aus deutscher Sicht schön zu sehen, dass es bei den Silberpfeilen zum Saisonende noch einmal bergauf geht. An die drei Top-Teams werden Rosberg und Schumacher unter normalen Umständen kaum herankommen, aber bei Ausfällen oder Regen ist ein Podestplatz durchaus denkbar. Möglicherweise könnte Mercedes sogar einem der Titelanwärter wichtige Punkte wegnehmen.

Statistik:

  • Sieger 2009: Mark Webber (Red Bull), 1:32:23,081 Stunden
  • Pole-Position 2009: Rubens Barrichello (Brawn GP), 1:19,576 Minuten
  • Schnellste Rennrunde: Mark Webber (Red Bull), 1:13,733 Minuten
  • Meiste Siege: Michael Schumacher (4)
  • Meiste Poles: Mika Häkkinen, Ayrton Senna, Felipe Massa, Rubens Barrichello (alle 3)

Das sagen die Beteiligten:

Sebastian Vettel (Red Bull): "Auf der Strecke braucht man aerodynamische Effizienz, was unserem Auto gut liegen sollte. Aber die kräftigeren Motoren werden auf dem langen Bergauf-Stück einen Vorteil haben."

Mark Webber (Red Bull): "Ich habe beste Erinnerungen an 2009. Es war schön, dieses Rennen zu gewinnen und ich will das natürlich wiederholen."

Fernando Alonso (Ferrari): "Die Runde ist sehr kurz und die Zeiten werden entsprechend eng beieinander liegen. Das heißt, dass schon ein kleiner Fehler große Auswirkungen haben kann. Ich muss also perfekt fahren."

Felipe Massa (Ferrari): "Wenn der WM-Titel von mir abhängen sollte, dann werde ich natürlich helfen. In bin Profi und habe 2007 schon einmal geholfen."

Lewis Hamilton (McLaren): "Wir haben alles zu gewinnen und nichts zu verlieren. Mein Team weiß genau, dass ich nie aufgebe. Wir sind noch im Rennen um den Titel und es ist immer alles möglich."

Michael Schumacher (Mercedes): "Obwohl wir keine großen technischen Verbesserungen mehr am Auto hatten, haben wir es doch geschafft, vielversprechende Leistungen abzuliefern. Die Streckencharakteristik in Interlagos ist nicht weit weg von denen der letzten Grands Prix, und insofern können wir eigentlich recht zuversichtlich nach Brasilien fahren. Unser Kampfgeist ist hoch, wir würden die Saison gerne in einer positiven Grundstimmung abschließen."

Zeitplan:

  • Freitag, 13 Uhr: 1. Training
  • Freitag, 17 Uhr: 2. Training
  • Samstag, 14 Uhr: 3. Training
  • Samstag, 17 Uhr: Qualifying
  • Sonntag, 17 Uhr: Rennen

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM