Hülkenbergs Zukunft trotz Pole ungewiss

SID
Nico Hülkenberg stand in Sao Paulo in seinem erst 18. Formel-1-Rennen auf der Pole-Position
© Getty

Durch seine sensationelle Pole-Position hat Nico Hülkenberg für Aufsehen gesorgt. Die Situation um seine Zukunft wird dadurch immer grotesker. Denn das deutsche Talent könnte dennoch abgeschoben werden - aus rein finanziellen Gründen.

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Sebastian Vettel lobte ihn in den höchsten Tönen, Michael Schumacher drückt ihm fest die Daumen, und Fernando Alonso wurde sogar zum neuen Fan: Durch seine Sensationsfahrt auf die Pole-Position hat Nico Hülkenberg die Herzen der Fans und den Respekt der Rivalen erobert - dennoch droht dem Debütanten unverständlicherweise nach nur einem Jahr das Aus in der Formel 1.

"Ich hoffe, Nicos Meisterstück kam noch zur rechten Zeit", sagte Rekordweltmeister Schumacher, der bis zu seiner ersten Pole 41 Rennen und damit 23 Anläufe mehr benötigt hatte. Red-Bull-Pilot Mark Webber nannte Hülkenbergs Gala-Runde mit mehr als einer Sekunde Vorsprung auf alle Konkurrenten eine Fahrt "von einem anderen Stern".

Maldonado winkt mit Millionen-Mitgift

Trotz seiner guten Leistung wird Hülkenberg im kommenden Jahr möglicherweise durch Pastor Maldonado ersetzt, seinen Nachfolger als GP2-Champion. Der Venezolaner hat zwar offensichtlich nicht Hülkenbergs Klasse, dafür aber einen zweistelligen Millionenbetrag an Sponsorengeldern im Rücken.

Hülkenberg ließ dagegen in Brasilien Leistung sprechen, auch wenn er im Rennen bis auf Rang acht durchgereicht wurde und bereits nach zwei Dritteln der Distanz überrundet wurde. "Im Trockenen hatte ich keine Chance gegen die großen Teams, aber vier Punkte sind sehr wertvoll für uns", sagte Hülkenberg: "Natürlich wäre es komfortabler, schon einen Vertrag zu haben. Aber bei Williams ist noch alles offen. Und hinter den vier Top-Teams ist noch viel in Bewegung."

Hülkenberg-Fan Williams brechen Sponsorengelder weg

Am Samstag hatte der 23-Jährige gemeinsam mit Vettel für die erste rein deutsche Startreihe seit mehr als sechs Jahren gesorgt. Er bescherte Williams die erste Pole-Position seit Nick Heidfeld 2005 auf dem Nürburgring. In 60 Jahren Formel 1 ist er erst der achte in Deutschland geborene Fahrer auf der Pole, und in dieser Saison der erste, der nicht für eines der drei Top-Teams fuhr.

Williams-Teammanager Dickie Stanford berichtete im Überschwang, Frank Williams sei zu Hause "vor Freude aus seinem Rollstuhl gesprungen". Die innere Zerissenheit des Team-Besitzers dürfte allerdings größer werden. Da Ende des Jahres vier Sponsoren aussteigen, könnte das Team die Maldonado-Millionen gut gebrauchen.

Dabei ist Williams absoluter Hülkenberg-Fan und hält ihn für einen kommenden Champion. "Er hat alles gewonnen, jede einzelne Meisterschaft. Im richtigen Team - hoffentlich bei uns - wird er eines Tages auch in der Formel 1 Weltmeister werden", sagte der Engländer, der die Hülkenberg-Gala zu Hause vor dem Fernseher verfolgte.

Hülkeberg: "Für Komplimente kann ich mir nichts kaufen"

Einen solch kommenden Star aus rein finanziellen Gesichtspunkten abzuschieben, klingt eigentlich verrückt. Zumal Hülkenberg in der GP2-Serie im Vorjahr deutlich stärker war als Maldonado. "Ich glaube 10:0", antwortete der von Michael Schumachers Entdecker Willi Weber betreute "Hulk" auf die Frage, wie das Qualifying-Duell im Vorjahr ausgegangen sei.

Dazu kommt die Erfahrung aus dieser Saison in der Königsklasse, in der Hülkenberg ein beachtliches zweiten Halbjahr zeigte. "Ich hoffe, es geht so weiter und ich kann noch Jahre in der Formel 1 bleiben", sagte er nach der Pole-Position mit dem zweithöchsten Vorsprung der Saison: "Denn für die Komplimente allein kann ich mir nichts kaufen." Schumacher war von der mentalen Stärke von Hülkenberg beeindruckt. "Es freut mich sehr für ihn", sagte Schumacher, "weil ich weiß, wie sehr er unter Druck steht."

Unter Druck steht nun auch Frank Williams, der den Überraschungserfolg nutzen muss, um die wirtschaftlichen Grundlagen für eine sportlich vertretbare Entscheidung zu schaffen. Hülkenberg darf jedoch zumindest wieder hoffen, dass Mercedes-Pilot Nico Rosberg mit seiner Prognose Recht behält: "Die Fahrer, die wirklich talentiert sind, werden immer die Kurve kriegen und ihren Weg machen."

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