Ferrari-Herzen rauchen reihenweise ab

Von Alexander Mey
Zu Saisonbeginn war der Ferrari fast genauso oft am Haken wie auf der Strecke
© xpb

Ein Rennen noch, dann haben nicht nur die Fahrer die Formel-1-Saison überstanden, sondern auch die Motoren. Wer ist mit seinen acht Aggregaten am besten durch die 18 Rennen gekommen und hat die besten Vorzeichen für das Finale in Abu Dhabi?

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Sebastian Vettels Hoffnung vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi ist nicht gerade nett, aber sehr verständlich. "Es wäre nicht übel, einen rauchenden Ferrari zu sehen", sagte er im Hinblick auf seine Außenseiterchance auf den Titelgewinn.

Ein Motorschaden bei Ferrari soll es also sein. Zu Saisonbeginn ein gewohntes Bild, hat es immerhin seit dem Ungarn-GP kein großes Problem mehr mit einem der italienischen Aggregate gegeben. Damals gab das Herz des Toro-Rosso-Ferrari von Jaime Alguersuari den Geist auf.

Alonsos Motoren nicht mehr die jüngsten

Trotzdem ist ein Motorschaden an Alonsos Auto kein allzu unwahrscheinliches Szenario, denn immerhin musste er wegen der großen Probleme zum Saisonstart schon in Monza seinen achten und damit letzten frischen Motor einsetzen. Seitdem fährt er mit gebrauchten Aggregaten.

Die sind zwar bisher gelaufen wie Uhrwerke und haben ihn zu einer rekordverdächtigen Punkteausbeute geführt, aber besser werden sie davon nicht. Grund zur Sorge sicherlich, aber beileibe kein Grund zur Panik. Denn wie Alonso haben auch Vettel, Webber und Hamilton ihre acht Aggregate schon aufgebraucht.

Zuverlässigste Motoren von Mercedes und Cosworth

Überhaupt gibt es nur noch fünf Fahrer im Feld, die für das letzte Rennen einen frischen Motor übrig haben. Das sind beide HRT-Piloten, beide Renault-Piloten und Williams-Pilot Rubens Barrichello. Zweimal Renault und dreimal Cosworth also.

Das wirft die Frage auf, welche Motoren in diesem Jahr generell die zuverlässigsten waren. SPOX hat sich gemeinsam mit "Motorsport-Magazin" einen Überblick verschafft.

Ergebnis: Am besten von allen Motorenherstellern schneiden Mercedes und - Überraschung - Cosworth ab.

Kein Mercedes-Totalschaden seit zwei Jahren

Mercedes gibt offiziell an, keinen einzigen echten Motorschaden bei seinen drei Teams Mercedes, McLaren und Force India beklagt zu haben. Das bedeutet: Sollten auch in Abu Dhabi alle sechs Autos durchkommen, dann hätte Mercedes das zweite Jahr in Folge ohne einen einzigen Totalschaden am Motor überstanden.

Die Ausfälle von Mercedes-Kunden, die in diesem Jahr in Zusammenhang mit dem Motor standen, waren keine reinen Motorschäden. Bei Adrian Sutil in Australien streikte die Motor-Elektronik, bei Vitantonio Liuzzi wurde in Barcelona nur Leistungsverlust als Ausfallgrund angegeben und bei Jenson Button vergaß McLaren in Monaco schlichtweg einen Lüfter im Seitenkasten und sorgte dadurch für Überhitzung.

Dazu kommt bei Mercedes noch das große Plus, dass der Motor zusätzlich zu seiner Zuverlässigkeit auch noch der stärkste im Feld ist. Nicht umsonst hat sich Red Bull sehr intensiv um einen Wechsel von Renault zu Mercedes bemüht. Gescheitert ist der Deal am Veto von McLaren.

Neuling Cosworth überraschend solide

Nicht so stark, aber genauso zuverlässig wie das Mercedes-Aggregat ist ausgerechnet Neuling Cosworth. In 18 Rennen gab es nur einen Motorschaden, den von Timo Glock in Shanghai noch vor dem Start.

Lucas di Grassi ließ in der Türkei seinen Motor wegen Leistungsverlusts wechseln, Sakon Yamamoto zerstörte ein Aggregat, als er versehentlich den Feuerlöscher aktivierte. Dazu kam das abgefackelte Aggregat beim Brand von Heikki Kovalainens Auto in Singapur.

Drei Motorschäden bei Red Bull

Die Sorgenkinder sind ausgerechnet die Motoren der drei Fahrer, die in Abu Dhabi um den Titel kämpfen. So stark wie die Autos von Red Bull und der Scuderia waren die Triebwerke von Renault und vor allem Ferrari nämlich nicht.

Dreimal hat bei Red Bull der Motor gestreikt. Es gab Totalschäden bei Sebastian Vettel in Südkorea und bei Mark Webber im Freien Training in Malaysia. Dazu kamen defekte Zündkerzen, die Vettel den Sieg in Bahrain gekostet haben. Das Renault-Team kam interessanter Weise ohne Motorschaden davon.

Ferrari zu Saisonbeginn gebeutelt

Am heftigsten hat es Ferrari erwischt. Sowohl Fernando Alonso als auch Felipe Massa mussten schon zum Auftakt in Bahrain vorsichtshalber ihre Motoren wechseln. Alonso schied zudem in Malaysia mit Motorschaden aus und musste im Training von Shanghai ein Aggregat tauschen.

Allerdings verlor er durch seine zahlreichen Probleme nur zwei Punkte, weil er in Sepang ohnehin nur Neunter im Rennen war. Vettel verlor durch seine zwei Defekte 38 Punkte. Auch deshalb liegt er in der WM zurück.

Zuverlässigkeit entscheidet über WM-Titel

Zusätzlich zu den zahlreichen Problemen im Werksteam hat der Ferrari-Fehlerteufel bei Sauber besonders gnadenlos zugeschlagen. In Malaysia schieden beide Fahrer mit Motorproblemen aus, in China und Kanada legte Pedro de la Rosa noch zweimal nach. In der Folge musste er schon in Belgien die Strafe für den neunten Motor in Kauf nehmen. Toro Rosso kam mit dem bereits erwähnten Schaden bei Alguersuari in Ungarn davon.

Fazit: Die Formel 1 ist insgesamt sehr zuverlässig geworden. Umso entscheidender ist es aber für den Titelkampf, dass man seine Punkte auch nach Hause bringt. Das hat Alonso trotz aller Probleme immer geschafft, Vettel nicht. Seine technischen Defekte kamen immer zu denkbar schlechten Zeitpunkten - und kosten womöglich den WM-Titel.

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