Jung-Siegfried in der Zwickmühle

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel oder Mark Webber? Red Bull muss sich wohl für einen Fahrer entscheiden
© Getty

Sieben deutsche Fahrer stehen ab sofort in dieser Formel-1-Saison am Start, so viele wie noch nie. Michael Schumacher bekommt trotz seines durchwachsenen Comebacks die meiste Aufmerksamkeit, aber den echten deutschen Fan interessieren auch die Leistungen von Sebastian Vettel, Nico Rosberg, Adrian Sutil, Nico Hülkenberg, Timo Glock und neuerdings auch wieder Nick Heidfeld. SPOX blickt vor jedem Rennen durch die deutsche Brille und sagt in der Einzelkritik, was für die deutschen Piloten möglich ist.

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Und so funktioniert's: Mit Hilfe des GP-Rechners geben wir eine Prognose das kommende Rennen ab. An der Prognose messen wir die Leistungen von Michael Schumacher, Nico Rosberg, Sebastian Vettel, Nico Hülkenberg, Adrian Sutil, Nick Heidfeld und Timo Glock.

Wer ist im Soll, wer hat uns positiv, wer negativ überrascht? Dabei geht es uns weniger um den Vergleich des Rennergebnisses mit der Position in unserem Ranking, es geht um die Tendenz, darum, ob die Fahrer bei der Erfüllung ihrer Saisonziele auf Kurs sind. Denn gegen technische Ausfälle oder sonstige Zwischenfälle ist kein Fahrer gefeit. Und klar ist, dass sich solche Unwägbarkeiten unmöglich voraussagen lassen.

GP-Rechner: Bestimme selbst, wie sich der Titelkampf in Brasilien entwickelt!

Sebastian Vettel

Wie Sky-Experte Schulz in seinem WM-Tipp sieht auch SPOX Vettel als Favoriten für das Rennen in Brasilien. So kurios es klingen mag, er hat nach seinem Ausfall in Südkorea weniger Druck als vorher. Er kann nur noch gewinnen. Entsprechend kompromisslos kann und muss er auf Angriff fahren. Hoffentlich darf er das auch und muss nicht Webber im Titelkampf Platz machen.

Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz gibt sich neutral und untermauert diese Haltung mit einem sehr bildhaften Vergleich: "Das ist lediglich eine Geschmacksfrage, ob man lieber mit Jung-Siegfried oder mit Winnetou in den Krieg ziehen möchte." Dumm nur für "Jung-Siegfried" Vettel, dass "Winnetou" Webber in der WM bessere Chancen hat und im Zweifel Red Bull nüchtern betrachtet auf ihn setzen müsste.

Beispiel: Vettel führt das Rennen vor Webber und Alonso an. Um den WM-Titel in Abu Dhabi aus eigener Kraft gewinnen zu können, müsste Red Bull Webber gewinnen lassen, denn nur ihm würde beim letzten Rennen ein Sieg bei einem zweiten Platz Alonsos reichen, Vettel nicht.

Trotzdem gibt der Deutsche natürlich nicht auf: "Mathematisch bin ich noch voll im Rennen. Deswegen wäre es Blödsinn, den Glauben an den Titel bereits jetzt in den Sand zu schmeißen. Ich werde weiter kämpfen."

Nico Rosberg

Rosberg hat nach seinem Pech in Südkorea einigen Bedarf an Wiedergutmachung. Das hätte sein bestes Rennen der Saison werden können, Platz zwei war möglich. Gibt es nicht wieder ein Regenrennen, dann sieht es mit einem Podestplatz in Brasilien nicht allzu gut aus. Die Titelrivalen haben einfach die besseren Autos. Daher unsere Prognose: Platz 7.

Für Rosberg geht es darum, ein positives Gefühl mit in die Winterpause zu nehmen. "Die brasilianischen Fans sind fantastisch und das Fahren in Interlagos macht riesig Spaß", sagt Rosberg. "Unsere Leistung in Südkorea war trotz der Enttäuschung sehr gut. Diesen Trend wollen wir fortsetzen und die Saison mit guten Resultaten beenden."

Michael Schumacher

Für ihn gilt genau das gleiche wie für Rosberg. Das Auto stagniert seit Monaten, da geht es nur noch um Einzelerfolge. Das hat Schumacher mit etwas mehr Glück als Rosberg in Südkorea als Vierter geschafft. Aber auch dort wäre er bei normalem Rennverlauf hinter Rosberg ins Ziel gekommen. Das wird diesmal genauso sein.

Der frisch von der Zeitschrift "GQ" gekürte "Mann des Jahres" gibt sich gut gelaunt: "Obwohl wir keine großen technischen Verbesserungen mehr am Auto hatten, haben wir es doch geschafft, vielversprechende Leistungen abzuliefern. Die Streckencharakteristik in Interlagos ist nicht weit weg von denen der letzten Grands Prix, und insofern können wir eigentlich recht zuversichtlich nach Brasilien fahren."

Nico Hülkenberg

Teamchef Frank Williams hat erst vor kurzem Andeutungen gemacht, wonach Hülkenberg doch gute Chancen hat, 2011 sein Cockpit zu behalten. Das sollte dem Rookie genug Selbstvertrauen geben, um ein gutes Rennen zu absolvieren. Gegen seinen Williams-Kollegen Rubens Barrichello wird er bei dessen Heimspiel trotzdem Probleme haben. Von daher könnte er knapp an den Punkterängen scheitern.

Dennoch: "Ich freue mich darauf, denn jeder sagt, wie cool es dort ist. Interlagos ist eine weitere neue Strecke für mich und einer der wenigen Kurse, auf denen gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird. Die Strecke sieht herausfordernd, aber interessant aus."

Nick Heidfeld

Kaum hat er bei Sauber so richtig angefangen, absolviert er auch schon sein vorletztes Rennen für die Schweizer. Zeit für ein bisschen Wehmut bei Heidfeld, dem aller Voraussicht nach WM-Punkte in Sao Paulo diesmal verwehrt bleiben. Andere Teams scheinen bei normalem Rennverlauf etwas stärker als Sauber.

"Ich habe viele spezielle Erinnerungen an Große Preise von Brasilien. 2001 habe ich im Regen in einem Sauber meinen ersten Podestplatz in der Formel 1 geholt - ein unvergessliches und emotionales Erlebnis. 2002 war plötzlich ein Medical-Car unterwegs, wo es nicht hätte sein dürfen", erinnert sich Heidfeld an einen kuriosen Zwischenfall, bei dem er dem Medical-Car die Tür abfuhr.

Adrian Sutil

Sutil ist von vornherein gehandicapt, weil er in der Startaufstellung fünf Plätze zurück muss. Das sind die Nachwirkungen seines Unfalls mit Kamui Kobayashi in Südkorea. Trotz weniger aerodynamischer Verbesserungen wird der Force India nicht stark genug sein, um sich angesichts der Strafe in der Nähe der Top Ten zu qualifizieren. Von daher scheinen Punkte nur schwer möglich.

"Der Event ist hart, aber wir geben nicht auf", sagt Sutil. "Eine gute Balance ist der Schlüssel zum Erfolg. Zum Glück haben wir in diesem Jahr ein Auto, das auf solchen Strecken gut funktioniert - wie zum Beispiel in Spa."

Timo Glock

Glock ist eine Brasilien-GP-Berühmtheit, seit er 2008 in der letzten Kurve Lewis Hamilton überholen lassen musste und ihn damit zum Weltmeister machte. So viel Aufmerksamkeit wird er im Virgin wohl nicht genießen. Ihm würde es schon reichen, die Saison mit zwei positiven Rennen abzuschließen.

"Es ist wichtig, dass wir mal unsere Fortschritte demonstrieren", sagt Glock. "Wir geben alles, um in den abschließenden zwei Rennen den Speed unseres Autos unter Beweis zu stellen. Hoffentlich können wir gute Ergebnisse einfahren."

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM