Hamilton: "Solche Fehler kosten WM-Titel"

Von Alexander Mey
Drei Titelkandidaten: Lewis Hamilton und Fernando Alonso jagen Mark Webber (v.l.)
© Getty

Verlierer gab es beim Italien-GP in Monza nur ganz wenige - aber einen ganz großen: Lewis Hamilton. Kostet ihn sein Fahrfehler den WM-Titel? Fernando Alonso, Jenson Button und Sebastian Vettel haben aufgeholt. WM-Leader ist Mark Webber, dennoch ist er frustriert.

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Jetzt sind es endgültig wieder fünf. Mark Webber 187, Lewis Hamilton 182, Fernando Alonso 166, Jenson Button 165, Sebastian Vettel 163 WM-Punkte. Enger könnte das Titelrennen fünf Rennen vor Schluss kaum sein. Ein Quintett fährt ab sofort in Übersee den Weltmeister aus.

Nach dem Rennen in Monza waren die Gemütszustände bei den Protagonisten aber sehr unterschiedlich. Während sich Alonso nach seinem Sieg beim Ferrari-Heimspiel feiern ließ und auch Jenson Button und Sebastian Vettel mit den Plätzen zwei und vier sehr gut leben konnten, bliesen Mark Webber und vor allem Lewis Hamilton Trübsal.

Wie stehen die fünf WM-Kandidaten nach dem Ende der Europa-Saison da? Ein Überblick.

 

Mark Webber (Red Bull), WM-Führender, 187 Punkte

Durchwachsenes Ende einer grandiosen Europa-Saison des Australiers. Webber hat vier der elf Rennen in Europa gewonnen und stand bei zwei weiteren auf dem Podium. Nur bei seinem spektakulären Überschlag in Valencia ist er ohne Punkte geblieben.

Webbers Plus ist seine Konstanz. Er macht in den Rennen kaum Fehler. In Monza kosteten ihn jedoch ein schwacher Start und ein leichter Ausritt in der zweiten Schikane gleich zu Beginn entscheidenden Boden. Später zeigte er einige starke Manöver, wurde aber von Nico Hülkenberg zu lange aufgehalten, um das Duell gegen Sebastian Vettel noch gewinnen zu können. Das ärgerte ihn gerade im Hinblick auf die WM fürchterlich.

"Hülkenberg ist jede zweite Runde in der Schikane geradeaus gefahren, aber die Stewards haben es gut mit ihm gemeint", sagte Webber. "Wir hätten mehr von diesem Rennen profitieren und Punkte holen müssen. In dieser Phase der WM geht es darum, das Beste aus den Möglichkeiten zu machen. Das haben wir nicht getan."

Jammern auf hohem Niveau, denn Red-Bull-Teamchef Christian Horner strich das positive Fazit aus dem Italien-GP heraus: "Nach dem schwierigsten Wochenende des Jahres mit der Führung in beiden WM-Wertungen dazustehen, ist mehr, als wir uns erhofft hatten."

Stand in Fahrer- und Konstrukteurs-WM

Lewis Hamilton (McLaren), WM-Zweiter, 182 Punkte

Der große Verlierer des letzten Europa-Rennens. Drei Siege und zwei zweite Plätze hat Hamilton in der Europa-Saison geholt, aber den Erfolg, den er unbedingt gebraucht hätte, um sehr gute Titelchancen zu haben, hat er sich selbst verwehrt. Durch seine Kollision mit Felipe Massa in der ersten Runde, bei der die Aufhängung an seinem Auto brach.

In Monza war sein McLaren zusammen mit dem Ferrari das schnellste Auto, ein Sieg oder wenigstens ein Podestplatz musste drin sein, um ein Polster auf die Gegner zu haben. Denn das Layout der letzten fünf Kurse spricht tendenziell eher für Red Bull als für McLaren.

Das ist Hamilton schmerzlich bewusst. Entsprechend selbstkritisch war er nach seinem Crash: "Das war ganz klar mein Fehler. Solche Sachen passieren, wenn man im Rennen alles gibt. Es sind aber solche Fehler, die WM-Titel kosten. Ich kann mir nur selbst die Schuld geben."

Fernando Alonso (Ferrari), WM-Dritter, 166 Punkte

Der große Gewinner der letzten Rennen. Abgesehen vom Ausfall in Spa hat Alonso seit der umstrittenen Teamorder von Ferrari in Hockenheim fast das Optimum an Punkten geholt. Zwei Siege und ein zweiter Platz stehen in den letzten vier Rennen zu Buche. So kommt es, dass der fast schon abgeschriebene Spanier wieder mitten im Titelrennen ist.

Und das, obwohl seine Saison keineswegs fehlerfrei war. Völlig ungewohnt für ihn hat sich Alonso in dieser Saison schon einige Böcke geleistet. Angefangen beim Frühstart in China, über den Unfall im Training in Monaco bis hin zum Crash in Spa.

Er weiß, wie schnell man vom Helden zum Deppen werden kann und umgekehrt. Kein Wunder also, dass er sich bei Kampfansagen im Titelkampf zurückhält.

"Ein einziges schlechtes Rennen kann die WM stark beeinflussen", sagte Alonso nach dem Heimsieg in Monza. "Deshalb feiern wir die nächsten zwei Tage und denken erst später an die WM. Wir müssen in allen fünf Rennen auf das Podium kommen, wenn wir den Titel noch gewinnen wollen."

Jenson Button (McLaren), WM-Vierter, 165 Punkte

Gewonnen hat der amtierende Weltmeister in der Europa-Saison kein einziges Rennen, aber unter anderem durch drei zweite Plätze hat er sich in Schlagdistanz gehalten. Kaum auszudenken, wo Button läge, hätte ihn Vettel nicht in Spa abgeschossen.

Der Button anno 2010 ist der gleiche Button wie 2009. Er besticht durch seine Konstanz und macht so gut wie keine Fehler. Seine Entscheidung für den Einsatz des F-Schachts in Monza war ebenfalls goldrichtig. Dazu seine Fahrweise, die immer bedacht ist. Er geht keine unnötigen Risiken ein und bleibt selbst in so engen Duellen wie in Monza gegen Alonso oder in der Türkei gegen Hamilton cool. Seine Gelassenheit macht ihn zu einem heißen Titel-Tipp.

"Ich gehe viel entspannter in die letzten Rennen als vor einem Jahr", sagte Button. "Der WM-Pokal steht bei mir zu Hause, dort soll er auch bleiben."

Sebastian Vettel (Red Bull), WM-Fünfter, 163 Punkte

Vettel fehlte in der Europa-Saison genau das, was Button auszeichnet: Konstanz. Bärenstarken Rennen wie in Valencia stehen zu viele Fehler gegenüber, um in der WM an der Spitze zu liegen. Crash mit Webber in der Türkei, schlechter Start und Reifenschaden in Silverstone, Tiefschlaf beim Restart in Ungarn und Crash mit Button in Spa. Diese Liste ist eigentlich viel zu lang, um noch vom WM-Titel träumen zu können.

Aber dank seiner meist überragenden Qualifyings und seines Kampfgeistes in den Rennen - Monza ist ein sehr gutes Beispiel dafür - ist fünf Rennen vor Schluss doch noch alles drin.

"Die nächsten Strecken sollten uns etwas besser liegen als Monza. Ich muss weiter an mich glauben", sagte Vettel. "Die 24 Punkte Rückstand sind eigentlich egal. Weniger wären zwar besser, aber das neue Punktesystem alarmiert die Leute mehr als notwendig."

Was er meint? 24 Punkte hören sich mehr an als sie sind. Nach der alten Punkterechnung wäre Vettels Rückstand einstellig - also nicht einmal ein Sieg.

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