Sind die Katzen aus dem Haus...

Von Alexander Mey
Michael Schumacher und Sebastian Vettel wurden den Erwartungen beim Ungarn-GP nicht gerecht
© Getty

Sechs deutsche Fahrer stehen in dieser Formel-1-Saison am Start, so viele wie noch nie. Sebastian Vettel bekommt nach dem ereignisreichen Saisonstart die meiste Aufmerksamkeit, aber den echten deutschen Fan interessieren auch die Leistungen aller anderen. Haben Nico Rosberg und Michael Schumacher trotz dessen durchwachsenen Comebacks eine Chance auf den Titel? Schafft Adrian Sutil den Durchbruch? Und was können Nico Hülkenberg und Timo Glock leisten? SPOX blickt nach jedem Rennen durch die deutsche Brille und beurteilt die Leistungen des Sixpacks in der Einzelkritik.

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Und so funktioniert's: Mit Hilfe des GP-Rechners geben wir eine Prognose für jeweils vier Rennen ab. An dieser messen wir jetzt die Leistungen von Michael Schumacher, Nico Rosberg, Sebastian Vettel, Nico Hülkenberg, Adrian Sutil und Timo Glock.

Wer ist im Soll, wer hat uns positiv, wer negativ überrascht?

Dabei geht es weniger um die genaue Position im Ranking, es geht um die Tendenz, darum, ob die Fahrer bei der Erfüllung ihrer Saisonziele auf Kurs sind. Denn gegen technische Ausfälle oder sonstige Zwischenfälle ist kein Fahrer gefeit. Und klar ist, dass sich solche Unwägbarkeiten unmöglich voraussagen lassen.

Rennanalyse: Vettel schenkt Webber die WM-Führung

Nico Hülkenberg - Saisonziel: Barrichello schlagen, regelmäßig Punkte holen

Prognose: keine WM-Punkte

Ergebnis: Platz 6 - 8 WM-Punkte

Zum ersten Mal ist Nico Hülkenberg der beste deutsche Fahrer des Wochenendes gewesen. Mit Rang sechs hat er das mit Abstand beste Ergebnis seiner bisherigen Formel-1-Karriere eingefahren.

Natürlich hatte er etwas Glück bei der Safety-Car-Phase und profitierte von den Ausfällen von Hamilton, Rosberg, Kubica und Sutil. Aber immerhin hat er sich durch sein starkes Qualifying, in dem er Teamkollege Rubens Barrichello geschlagen hat, erst in die Position gebracht, um Nutznießer dieser Ausfälle sein zu können.

Hülkenberg bestätigt den Aufwärtstrend der letzten Rennen. Er profitiert stark davon, dass der Williams sich deutlich verbessert hat. Während aus dem schlechten Auto zu Saisonbeginn nur Barrichello gute Ergebnisse herausquetschen konnte, tut sich der deutsche Rookie nun wesentlich leichter und kann mithalten.

"Natürlich haben wir von den Ausfällen profitiert, aber das Resultat war auch verdient", sagte Hülkenberg und gab zu: "Ehrlich gesagt war es ein langweiliges Rennen für mich. Es ging letztlich nur darum, keinen Fehler zu machen und den "Autopiloten" einzuschalten.

Nico Rosberg - Saisonziel: Rennen gewinnen, Schumacher schlagen

Prognose: Platz 3 - 15 WM-Punkte

Ergebnis: Ausfall - keine WM-Punkte

Gemessen an unserer Prognose hat Rosberg nichts auf Platz zwei der deutschen Fahrer verloren. Gemessen am Zustand seines Autos aber schon. Rosberg hat den Mercedes im Qualifying weit über dessen Verhältnisse platziert. Rang sechs war nicht annähernd das, was realistisch gewesen wäre, denn sowohl der Renault als auch der Williams waren die besseren Autos.

Dass Rosberg am Start von der schmutzigen Seite einen Rang gegen Petrow verloren hat, war nicht verwunderlich. Für den kuriosen Ausfall in der Box konnte er gar nichts. Am Ende bleibt hängen: So groß war der Abstand zwischen ihm und Michael Schumacher in dieser Saison noch nie.

"Der Mechaniker hat die Schraube irgendwie nicht draufgekriegt. Ich bin losgefahren, weil ich Grünes Licht bekommen habe. Ich bin wie eine Krabbe die Boxengasse heruntergefahren", sagte Rosberg. "Auch zuvor lief es schlecht. Ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl und ganz wenig Grip. Es scheint so, dass wir im Qualifying über unseren Verhältnissen waren."

Sebastian Vettel - Saisonziel: Weltmeister werden

Prognose: Platz 4 - 12 WM-Punkte

Ergebnis: Platz 3 - 15 WM-Punkte

Platz drei klingt erst einmal nicht nach einem Drama, aber wenn man gesehen hat, wie überlegen Vettel an diesem Wochenende eigentlich war, ist alles andere als der Sieg eine Pleite. So etwas Dummes, wie den Restart nach der Safety-Car-Phase derart zu verpennen, darf Vettel einfach nicht passieren, wenn er Weltmeister werden will.

Dabei war er eigentlich auf dem besten Weg, der große Held des Wochenendes zu werden. Seine letzten beiden Qualifying-Runden am Samstag waren außerirdisch, eine richtige Ohrfeige für Teamkollege Mark Webber. Dann hat auch noch der Start funktioniert, der Boxenstopp war perfekt, alles bestens eigentlich. Bis zu Vettels Aussetzer eben.

"Es sind gute Punkte, aber wir hätten heute gewinnen sollen. Ich habe mir selbst keinen Gefallen getan", sagte Vettel.

Timo Glock - Saisonziel: Ins Ziel kommen, bestes der neuen Teams werden

Prognose: keine WM-Punkte

Ergebnis: Platz 16 - keine WM-Punkte

Rang vier unter den Deutschen bekommt er vor allem wegen seines großartigen Qualifyings. Für ihn gilt das gleiche wie für Rosberg. Er hat den Virgin vor beiden Lotus platziert, obwohl das Auto eigentlich langsamer ist. Eine tolle Runde.

Im Rennen hat er eine bessere Platzierung in der ersten Kurve verloren, als er auf der schmutzigen Linie einige Plätze eingebüßt hat. Unter anderem gegen Teamkollege Lucas di Grassi, hinter dem er sich dann an der Box anstellen musste. Das hat viel Zeit gekostet.

"Wir haben das Rennen mit beiden Autos beendet und hatten wieder ein starkes Wochenende. Ich denke, nun können alle im Team die Sommerpause genießen", sagte Glock.

Adrian Sutil - Saisonziel: Regelmäßig in die Punkte fahren, die Großen ärgern

Prognose: keine WM-Punkte

Ergebnis: Ausfall - keine WM-Punkte

Wieder mal ein Wochenende zum Vergessen für Sutil, wobei er sich an den kuriosen Crash mit Robert Kubica in der Boxengasse vielleicht doch noch länger erinnern wird.

Viel hat sich Sutil eigentlich nicht vorzuwerfen. Er war im Qualifying als 13. immerhin schneller als Schumacher und holte mehr aus dem schwachen Force India heraus als erwartet. Sein Rennen war schnell vorüber. Keine Möglichkeit, im Hinblick aufs kommende Jahr Werbung in eigener Sache zu machen.

"Die Szene an der Box mit Kubica war ziemlich offensichtlich. Renault hat mich anscheinend nicht gesehen", sagte Sutil. "Vielleicht wäre es in die Top Ten gegangen, aber ich weiß es nicht."

Michael Schumacher - Saisonziel: Um den WM-Titel fahren

Prognose: Platz 6 - 8 WM-Punkte

Ergebnis: Platz 11 - keine WM-Punkte

Der letzte Platz für den Rekordchampion, und zwar gleich aus zwei Gründen. Natürlich für sein Manöver gegen Barrichello. Das war übertrieben hart, wie er mittlerweile selbst zugegeben hat. Die Strafe gegen ihn ist verdient, auch wenn die große Empörung über die Aktion schon etwas verwundert. Denn wenn man Schumacher angreift, weiß man, was passieren wird. Dass er knallhart bis an die Grenzen geht, ist seit fast 20 Jahren bekannt.

Enttäuschend bei Schumacher war aber auch, dass er das Auto für das Qualifying in eine völlig falsche Richtung entwickelt hat. So etwas ist ihm früher nicht passiert. Da war ihm Rosberg klar überlegen.

"Das Rennen war wohl eines meiner härtesten bisher. Das Auto war schwer am Limit zu fahren und ich kämpfte mich durch das Rennen. Am Ende fuhr ich wie auf Eis", sagte Schumacher. Für das Manöver gegen Barrichello entschuldigte er sich: "Das war zu hart. Ich wollte ihn logischerweise nicht gefährden."

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM