Ferrari und McLaren rufen Endspiel aus

Von Alexander Mey
Zwei Teams auf der Jagd nach Red Bull: Ferrari und McLaren
© Getty

Endspielstimmung beim Großbritannien-GP am Wochenende in Silverstone (Training, Fr., 11 Uhr im LIVE-TICKER und bei Sky). Obwohl die Formel-1-Saison erst zur Hälfte vorüber ist und es in der WM eng zugeht, erklären Ferrari und McLaren das Rennen auf dem neuen Silverstone Circuit zum Scheideweg im Kampf gegen Red Bull.

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Der Sieg von Sebastian Vettel in Valencia hat der Konkurrenz Angst gemacht. Vor allem deshalb, weil er deren bis dato recht klares Bild von den Kräfteverhältnissen in der laufenden Saison zerstört hat.

Plötzlich galt die Regel, dass Red Bull wegen des nicht ausgereiften F-Schacht-Systems und des mangelnden Top-Speeds auf allen Kursen zu packen ist, die enge Kurven und lange Geraden haben, nicht mehr.

Die bange Frage bei McLaren und Ferrari: Wenn die Bullen in Valencia schon so schnell sind, wie dominant werden sie erst auf ihren Leib- und Magen-Kursen auftreten? In Silverstone zum Beispiel.

VIDEO: Eine Silverstone-Runde mit Vettel im Rennsimulator

Ferrari-Update muss in Silverstone perfekt funktionieren

Denn dort, wo Vettel und Mark Webber 2009 einen überlegenen Doppelsieg feierten, wollen die beiden Verfolger eigentlich mit großen Updates an ihren Autos die Lücke zu Red Bull endgültig schließen.

Bei Ferrari ging es mit der B-Version des F10 schon in Valencia los. Dort kam der erhoffte Effekt des umgebauten Hecks aber noch nicht voll zur Geltung. Erst in den einst ungeliebten schnellen Kurven wird sich zeigen, ob der Ferrari mehr Abtrieb generiert.

"Das Wochenende wird uns darüber aufklären, wie sehr wir uns verbessert haben", sagt Felipe Massa. "Silverstone ist Istanbul sehr ähnlich, wo wir überhaupt nicht zurechtkamen. Wenn der F10 also hier funktioniert, dann wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Sieg vor der Sommerpause "entscheidend"

Nach der ersten von drei Evolutionsstufen in Valencia wird Ferrari in Hockenheim und in Ungarn noch zwei große Pakete nachlegen. An deren Ende wird ein komplett umgebautes Heck mit neuer Luftführung und veränderter Hinterachse stehen.

Spätestens dann muss ein Sieg her, sonst ist die Saison gelaufen. "Ein Sieg vor der Sommerpause wäre entscheidend für die Meisterschaft und für die Motivation", gibt Teamchef Stefano Domenicali zu. "So ein Schlüsselmoment in den kommenden drei Rennen ist sehr wichtig."

Große Hektik bei McLaren

McLaren steht nicht ganz so sehr unter Zugzwang wie Ferrari, denn immerhin liegen Lewis Hamilton und Jenson Button in der Fahrerwertung noch vor Vettel. Und auch das Team sonnt sich noch auf Rang eins der Konstrukteurs-WM.

Trotzdem herrscht Hektik. Das Team hat erst für den Deutschland-GP geplante Updates - vor allem das nach Red-Bull-Vorbild umgebaute Heck - um ein Rennen nach vorne gezogen, um auf die Verbesserungen der Konkurrenten zu reagieren.

Nicht unproblematisch. "Wir haben eine ganze Reihe von Teilen, die ich gerne am Freitag am Auto hätte, noch nicht einmal gebaut", sagt McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale "Autosport". "Wir befinden uns also in einem Wettlauf mit der Zeit."

McLaren-Update nur am Freitag?

Gut möglich sogar, dass McLaren das neue Paket am Freitag ausprobiert und feststellt, dass es auf der Strecke nicht funktioniert. Dann würde es zum Qualifying wieder entfernt - und mit ihm womöglich auch die Siegchance beim Heimspiel.

Dabei haben auch die McLaren-Piloten wie ihre Ferrari-Kollegen Silverstone zu einer Art Endspiel emporgehoben. "Diese Updates sind sehr wichtig für den Rest der Saison", betont Button.

Erste Tests bringen unzureichende Ergebnisse

Weil McLaren das weiß, ging man mit den schon fertigen neuen Teilen auf die Teststrecke und führte Geradeaus-Tests durch. Mehr ist während der Saison nicht erlaubt.

"Wie immer hatte dieser Test gute und schlechte Seiten. Es war eben leider kein kompletter Test, bei dem man altes und neues Auto hätte vergleichen können", sagt Neale. "Der Freitag wird für uns also ein reiner Testtag werden."

Wegen des Testverbots reicht die Zeit schlicht und ergreifend nicht, um das Auto perfekt auf so drastische Änderungen einzustellen. Diese Erfahrung haben viele Teams bei der Kopie des F-Schachts von McLaren gemacht.

Kopie des Red-Bull-Hecks "überbewertet"

Jetzt ist es beim Heck des Red Bull das gleiche. Nur die Führung der Auspuffrohre allein zu verändern, reicht nämlich nicht, wie deren Teamchef Christian Horner gegenüber "auto, motor und sport" erklärt: "Der Vorteil dadurch wird von unseren Rivalen total überbewertet. Wir reden dabei nur von zwei bis drei Zehnteln."

Vettel konkretisiert: "Das Heck hilft uns schon ein bisschen, aber nur in Verbindung mit dem gesamten Paket, das auch unsere Hinterradaufhängung beinhaltet. Und die kann man während der Saison nicht kopieren."

Kaum Verbesserungen bei Red Bull

Es bleibt also ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den drei Teams im Titelkampf. Wer kann welchen technischen Kniff der Gegner am schnellsten und am besten nachbauen?

Red Bull scheint momentan in diesem Wettlauf die Nase vorn zu haben. Die eigene Version des F-Schachts funktioniert seit Valencia ganz gut, für Silverstone gibt es nur minimale Veränderungen an Front- und Heckflügel.

Gelassenheit also in der Fabrik in Milton Keynes. Bleibt die Frage, ob Vettel und Webber diese auch auf die Rennstrecke übertragen können. Denn dort hat Red Bull bisher nicht nur einmal Punkte liegen gelassen.