Vettel siegt - Webber fliegt

Von Alexander Mey
Lewis Hamilton (l.) greift am Start Sebastian Vettel an. Beide kollidieren leicht
© Getty

Sieg für Sebastian Vettel beim Europa-GP in Valencia. Der Red Bull-Pilot bestimmte das Rennen souverän und sicherte sich seinen zweiten Saisonsieg vor Lewis Hamilton im McLaren. Mercedes erlebte ein Rennen zum Vergessen, Mark Webber überstand einen Horrorcrash unverletzt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Freude und Schock bei Red Bull. Gut eine Stunde nachdem Mark Webber einen spektakulären Unfall unverletzt überstanden hatte, siegte Sebastian Vettel souverän und feierte damit seinen zweiten Saisonsieg.

"Das wurde mal wieder Zeit! Für die WM ist es ganz wichtig, so viele Punkte geholt zu haben", freute sich Vettel.

Alonso und Ferrari wettern gegen Hamilton

Zweiter wurde Lewis Hamilton im McLaren, obwohl er wegen eines Regelverstoßes in der Safety-Car-Phase nach dem Webber-Unfall eine Durchfahrtsstrafe absolvieren musste. Der Brite behält damit die Führung in der Fahrerwertung.

Eine Tatsache, über die sich Ferrari-Pilot Fernando Alonso maßlos ärgerte. Er hatte sich an die Regeln gehalten und war dadurch weit zurückgefallen: "Das ist eine Schande. Die Zuschauer haben ein manipuliertes Rennen gesehen. Hamilton hätte dort landen müssen, wo ich gelandet bin." Das Team ging in einem offiziellen Statement sogar noch weiter: "Ein Skandal, anders kann man das, was beim Europa-GP passiert ist, nicht bezeichnen."

Strafen für neun Piloten

Die weiteren Platzierungen liefen zunächst unter Vorbehalt, denn während besagter Safety-Car-Phase leisteten sich die dem Führungsduo folgenden Piloten um Jenson Button, Rubens Barrichello und Robert Kubica ebenfalls Verstöße, die nach dem Rennen untersucht und mit Fünf-Sekunden-Strafen geahndet wurden.

Es traf Button, Barrichello, Hülkenberg, Kubica, Petrow, Sutil, Buemi, de la Rosa und Liuzzi. Das bedeutet, dass Alonso vom neunten auf den achten Platz nach vorne rückte und Rosberg trotz eines verkorksten Rennens Rang zehn erbte.

Webber wirbelt durch die Luft

Szene des Rennens war aber der Unfall, der zu der Safety-Car-Phase führte. Webber hob nach einem Auffahrunfall mit Heikki Kovalainen ab und segelte meterhoch und meterweit durch die Luft. Zum Glück konnte er das Wrack seines Autos aber unverletzt verlassen.

"Das Wichtigste ist, das Mark gesund ist. Er hat diesen üblen Unfall gut überstanden. Der Lotus hat viel früher gebremst, als Mark erwartet hatte", erklärte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.

Mercedes erlebte nach dem Qualifying das zweite Debakel. Nico Rosberg hatte früh mit Bremsproblemen zu kämpfen und war bei Zieldurchfahrt nicht in den Punkten. Erst danach bekam er zum 25. Geburtstag noch Rang zehn geschenkt.

Auch Schumacher nicht, obwohl er durch die Safety-Car-Phase auf Rang drei nach vorne gespült worden war. Eine äußerst zweifelhafte Strategie beim folgenden Reifenwechsel warf ihn aber aussichtslos ans Ende des Feldes zurück.

Haug: "Ein Rennen zum Vergessen"

Teamchef Ross Brawn verteidigte dennoch die Taktik bei Schumacher: "Es ist frustrierend, weil wir trotz des verkorksten Qualifyings im Rennen unsere Chancen hatten. Als wir Michael an die Box geholt haben, hatte sich hinter dem Safety-Car noch keine Schlange gebildet. Deshalb hätte man ihm nicht unbedingt die rote Ampel zeigen müssen. Unserer Meinung nach war es richtig, Michael zu diesem Zeitpunkt an die Box zu holen."

Mercedes-Sportchef Norbert Haug sah das ein wenig kritischer: "Ein Rennen zum Vergessen - gestern ein schwaches Qualifying, heute kein gutes Boxenstopp-Timing."

Schlüsselszenen des Rennens:

Start: Vettel kommt gut weg, aber Webber hat Probleme. Hamilton geht vorbei und bremst sich in der ersten Kurve sogar noch mit Gewalt neben Vettel. Das wird verdammt eng, Vettel schrammt nur hauchdünn an der Mauer vorbei, berührt aber Hamilton leicht. Der klagt danach über Vibrationen vorne links. Sein Frontflügel ist leicht beschädigt. Webber schlittert von einem Zweikampf in den nächsten und wird bis auf Rang neun durchgereicht. Schumacher kommt gut weg und ist nach der ersten Runde schon Elfter. Rosberg fällt dagegen im Startgetümmel auf Platz 14 zurück.

Runde 10: Horrorcrash! Was für ein unfassbarer Unfall zwischen Webber und Kovalainen! Webber fährt beim Anbremsen mit vollem Speed auf den Lotus auf und hebt ab. Und wie! Der Red Bull segelt mehrere Meter hoch und viele Meter weit durch die Luft, durchschlägt ein Schild über der Strecke und überschlägt sich dabei. Wie durch ein Wunder passiert ihm dabei nichts. Er steigt sofort aus dem Auto aus. Puh. Das war einer der spektakulärsten Crashes der letzten Jahre.

Runde 11: Hochbetrieb an der Box. Alle kommen rein, um sich neue Reifen zu holen. McLaren wechselt bei Hamilton auch gleich den Frontflügel mit. Ferrari ist der große Verlierer. Massa muss hinter Alonso anstehen, beide fallen weit zurück.

Runde 12: Schumacher wurde bis auf Rang drei nach vorne gespült, wechselt dann aber doch seine harten Reifen. Bei der Ausfahrt muss er aber an der roten Ampel halten, weil gerade das Feld vorbeigeführt wird. Damit fällt er aussichtslos zurück. Aber warum kommt er überhaupt rein? Mit den harten Reifen hätte er noch jede Menge Runden fahren können.

Runde 14: Schumi schon wieder an der Box. Er wechselt wieder zurück auf die harten Reifen. Jetzt ist er Letzter.

Runde 25: Durchfahrtsstrafe für Hamilton! Die Rennleitung bestraft den McLaren-Piloten, weil er zu Beginn der Safety-Car-Phase zu spät noch am Safety-Car vorbei fährt. Bis zur Safety-Car-Linie hätte er es gedurft, doch er hat einige Meter danach überholt.

Runde 28: Hamilton kommt in der letztmöglichen Runde zur Durchfahrtsstrafe rein. Vorher hat er die schnellsten Rennrunden gedreht - und es reicht. Er hat genug Vorsprung raus gefahren, um vor Kobayashi und Button auf Platz zwei zu bleiben.

Ziel: Vettel gewinnt vor Hamilton. Ein toller Sieg des Deutschen. Die übrigen Platzierungen laufen unter Vorbehalt, denn die Rennleitung muss noch eventuelle Strafen gegen die Piloten aussprechen. Das geschieht drei Stunden nach dem Rennen. Kobayashi hat auf neuen Reifen noch Alonso und Buemi überholt.

Mann des Rennens:

Sebastian Vettel: Endlich hat er es mal wieder geschafft, seine guten Leistungen im Qualifying in ein zählbares Rennergebnis umzumünzen. Den zweiten Saisonsieg hat er sich durch ein nahezu perfektes Wochenende verdient. Nur beim Neustart nach der Safety-Car-Phase hat er einen Fehler gemacht. Aber der Verbremser eingangs Start-Ziel blieb ohne Folgen.

Flop des Rennens:

Mercedes: Das Qualifying war mit den Plätzen zwölf für Rosberg und 15 für Schumacher schon eine Katastrophe. Im Rennen wurde es aber wider Erwarten noch schlimmer. Erst verzockt sich das Team in der Safety-Car-Phase mit den Boxenstopps von Schumacher und zerstört damit sein Rennen. Er wurde glücklich auf Rang drei nach vorne gespült, nur um dann durch zwei auf den ersten Blick völlig unnötige Boxenstopps ans Ende des Feldes durchgereicht zu werden. Bei Rosberg machen schon vor Halbzeit des Rennens die Bremsen schlapp.

Szene des Rennens:

Runde 10, Horrorcrash zwischen Webber und Kovalainen: Da bleibt einem das Herz stehen. Webber passiert das Schlimmste, was einem Formel-1-Fahrer heutzutage passieren kann. Er fährt beim Anbremsen auf den Vordermann Kovalainen auf und wird vom Hinterreifen nach oben katapultiert. Er hat offensichtlich den Bremspunkt des Lotus-Piloten völlig falsch eingeschätzt. Danach fliegt er meterhoch durch die Luft, durchschschlägt ein Schild, kracht auf den Asphalt und rutscht mit immer noch hohem Tempo in die Reifenstapel. Wie durch ein Wunder passiert Webber überhaupt nichts. Er wirft verärgert das Lenkrad weg und steigt direkt aus. Einer der heftigsten Unfälle der letzten Jahre.

Lehren des Rennens:

Die mit Abstand wichtigste Lehre: Die Formel 1 ist so sicher, dass selbst ein Horrorcrash wie der von Webber ohne Verletzungen abgeht.

Darüber hinaus überrascht es Red Bull und erschreckt es vielleicht die Konkurrenz, dass Vettel auf einem Kurs souverän gewinnen kann, der vom Layout her dem aerodynamisch so starken Auto gar nicht so gut liegt. Wie gut ist Red Bull dann auf den nächsten Strecken in Silverstone und Hockenheim, wo es schnelle Kurven gibt, in denen der Red Bull bisher immer überlegen war? Die nächsten Updates der Konkurrenten sollten schon sehr gut funktionieren, wenn man Red Bull von der Spitze verdrängen will.

Ferrari ist der große Verlierer der Safety-Car-Lotterie. Alonso und Massa hielten sich perfekt an die Regeln und wurden dadurch benachteiligt, indem sie weit zurückgefallen sind. Hamilton übertrat die Regeln und wurde wie neun andere Piloten bestraft. Das tröstete das Team aber kaum.

Mercedes kann abgesehen von dem geschenkten Punkt für Rosberg überhaupt nichts Positives aus dem Wochenende mitnehmen. Die Reifen funktionieren so schlecht, dass Schumacher sogar im Rennen Tests fuhr, nachdem ihn eine zweifelhafte Strategie aussichtslos zurückgeworfen hatte.

LIVE-TICKER: Das Rennen in Valencia zum Nachlesen