Zum Teufel mit den neuen Teams

Von Alexander Mey
Immer auch ein Mann der Show: Virgin-Boss Richard Branson trägt das Model Pia Miller auf Händen
© Imago

Während an der Spitze der Formel-1-WM der Kampf um die beste Ausgangslage im Titelrennen tobt, geht es auch am anderen Ende des Feldes ganz eng her. Aber worum kämpfen die Neulinge Lotus, Virgin und HRT eigentlich? Nur um die Ehre? Mitnichten.

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Es ist in jedem Qualifying das gleiche Bild. In der ersten Runde gibt es unter normalen Umständen nur eine Handvoll Fahrer, die darum zittern muss, nicht den einen 18. Platz einzunehmen, der das Ausscheiden bedeutet. Die restlichen sechs Sitzenbleiber stehen ohnehin fest.

Es sind die Neulinge von Lotus, Virgin und HRT, die in der Regel nie eine Chance haben, eine Runde weiter zu kommen. Rühmliche Ausnahmen waren Heikki Kovalainen und Timo Glock beim Malaysia-GP mit den Plätzen 15 und 16.

Das ändert aber nichts an der Gesamtsituation. Die drei Neuen haben es verdammt schwer, überhaupt Autos an den Start zu bringen, die bis zum Ziel durchhalten. Noch schwerer ist es für sie, konkurrenzfähige Autos bereitzustellen.

Montezemolo: "Ihr Platz ist bei den Nachwuchsrennen"

Zu allem Überfluss kommen dann auch noch ständige Meckereien der Top-Fahrer, die sich bei Überrundungen aufgehalten fühlen.

Und Sticheleien wie die jüngste von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo, der den Neulingen die Existenzberechtigung abspricht, wenn er in der "Gazzetta dello Sport" sagt: "Autos, die nicht schneller sind als GP2-Boliden, sollte nicht erlaubt werden, an Formel-1-Rennen teilzunehmen. Ihr Platz ist am Sonntagmorgen bei den Nachwuchsrennen."

Platz zehn ist wie der WM-Titel

Auch wenn sie in den Augen von Menschen wie dem Ferrari-Boss nicht viel wert sind und man über ihren Nutzen für die Formel 1 diskutieren kann, so tragen sie doch auch einen Wettkampf untereinander aus. Und zwar um viel Geld und die damit verbundene Perspektive, mittelfristig nicht mehr das Gespött der Großen sondern etablierte Teams zu werden.

Der WM-Titel der Kleinen heißt Platz zehn in der Konstrukteurs-Wertung. Dafür gibt es nach einem komplizierten Schlüssel im Concorde Agreement viel Geld. Rund 20 Millionen Euro bekommt der Zehntplatzierte, die anderen beiden müssen sich einen Pot von knapp 25 Millionen Euro teilen.

Die Ausschüttung von Prämien berechnet sich nach so genannten Kategorie-1-, 2- und 3-Teams. Kategorie-1-Teams sind alle, die in den vergangenen beiden Jahren unter den Top Ten der Konstrukteurs-WM waren, also alle etablierten Teams. Kategorie 2 sind alle, die nur im vergangenen Jahr in den Top Ten waren. Die Neulinge fallen in die Kategorie 3, und nur einer von ihnen kann im kommenden Jahr aufsteigen.

Branson: "Dafür gibt es Geld?"

Eine Tatsache, die Virgin-Boss Richard Branson überhaupt nicht bewusst war. "Dafür gibt es Geld? Davon hat mir nie jemand etwas gesagt. Das ändert natürlich einiges", sagte Branson der BBC. "Ich habe immer gesagt, dass mir der zehnte Platz egal ist. Aber jetzt habe ich natürlich großes Interesse daran."

Momentan ist Branson mit seiner Virgin-Truppe Zwölfter und Letzter in der Konstrukteurs-WM, die sich abseits der Punkteränge aus den besten Platzierungen errechnet.

Virgin hat neben schon zehn Ausfällen einen 14. Platz von Lucas di Grassi in Malaysia auf dem Konto. Das zuverlässigere HRT-Team (nur acht Ausfälle) zehrt von zwei 14. Plätzen von Karun Chandhok. Primus ist momentan Lotus mit einem 13. Platz von Heikki Kovalainen in Australien.

Hoffen auf den Lucky Punch

Es geht also ganz eng zu. Nur ein verrückter Rennverlauf und ein bisschen Glück, und ein neues Team kann sich zum Beispiel durch einen geerbten zehnten Platz fast uneinholbar in Führung bringen.

"Es wäre schon großartig, immer häufiger beide Autos ins Ziel zu bringen", sagte Branson. "Wenn wir dann noch einen oder zwei WM-Punkte holen könnten, wäre das natürlich noch viel besser."

Unter normalen Umständen wird das Virgin nicht gelingen. HRT erst recht nicht, denn die Spanier sind von allen neuen Teams vom Speed her die schwächsten. Sie leben momentan von der Konstanz von Chandhok, der nur zweimal nicht ins Ziel kam.

Lotus hat die besten Voraussetzungen

Lotus hat eindeutig das größte Potenzial der Neulinge. In Kanada hätte es Kovalainen fast aus eigener Kraft geschafft, Sauber-Pilot Kamui Kobayashi im Qualifying zu schlagen. Zwischen Sauber und Lotus lagen zu Jahresbeginn noch mehr als zwei Sekunden, jetzt sind es noch zwei Zehntel.

Das kommende Rennen in Valencia wird der 500. Grand Prix für Lotus sein. Wäre doch eine tolle Sache für das Team, wenn es dort mit einem Glückstreffer und vielleicht sogar einem WM-Punkt klappen würde.

Bloß keine Stewardess!

Für Virgin wäre das allerdings nicht so toll. Natürlich wegen des Geldes, aber auch wegen einer speziellen Wette der Teambesitzer Branson und Tony Fernandes.

Wer immer in der Konstrukteurs-Wertung hinter dem anderen landet, muss als Stewardess auf einem Flug der Airline des anderen die Gäste bedienen - und sich dabei natürlich komplett zum Affen machen.

Und das tut stolzen Männern wie Branson und Fernandes sicher fast genauso weh wie der Verlust einiger Millionen Euro.

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