Silberne Festspiele im Regen

Von Alexander Mey
Jenson Button und Lewis Hamilton haben das Rennen in Shanghai bestimmt
© Getty

Silberne Festspiele beim China-GP in Shanghai. Jenson Button und Lewis Hamilton haben in einem aufgrund von Regen chaotischen Rennen einen Doppelsieg für McLaren gefeiert. Nico Rosberg wurde im Mercedes Dritter. Sebastian Vettel und Michael Schumacher hatten einen harten Tag.

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Jenson Button hat es geschafft, in einem chaotischen Rennen in China vor allem bei der tückischen Reifenwahl keinen Fehler zu machen, und deshalb verdient seinen zweiten Saisonsieg gefeiert. Sein McLaren-Kollege Lewis Hamilton zeigte einmal mehr einige herausragende Überholmanöver und machte den Doppelsieg des Teams perfekt.

"Dieser Sieg bedeutet mir unheimlich viel. Bei diesen Bedingungen auf Platz eins vor Lewis ins Ziel zu kommen, zeigt, wie gut das Team ist", sagte Button. "Klar haben mir die Verhältnisse zum Sieg verholfen. Aber man darf nicht nur von Glück reden. Wir haben immer im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen getroffen." Hamilton resümierte trotz seines tollen Rennens selbstkritisch: "Jenson hat die Reifen deutlich besser im Griff gehabt als ich."

Gratwanderung von Rosberg wird belohnt

Nico Rosberg wurde im Mercedes dank ebenfalls fehlerfreier Reifentaktik und starker Fahrt Dritter. In den letzten Runden verteidigte er diesen Rang mit Zähnen und Klauen gegen Fernando Alonso, der im Ferrari trotz eines Frühstarts und folgender Durchfahrtsstrafe Vierter wurde.

"Ich bin total happy. Mit zwei Podestplätzen in vier Rennen hat das Team einen sehr guten Start erwischt", sagte Rosberg. Er hatte wie Button davon profitiert, zu Rennbeginn nicht auf Intermediates gewechselt und sich somit zwei Boxenstopps gespart zu haben. "Die Entscheidung war unglaublich knapp. Nur ein Tick mehr Regen, und sie wäre falsch gewesen. So war sie am Ende goldrichtig", sagte Rosberg, der später wegen abbauender Intermediates das Tempo der McLarens nicht mehr mitgehen konnte.

Vettel: "Es hätte noch viel schlimmer kommen können"

Red Bull konnte seine perfekte Ausgangslage (Startpositionen eins und zwei) nicht umsetzen. Vettel verlor schon am Start zwei Positionen gegen Webber und Alonso. Später hatte er im Regen nicht immer das richtige Händchen mit der Reifenwahl, rieb sich in harten Zweikämpfen auf und wurde am Ende nur Sechster.

"Heute war es eine Lotterie. Es hätte auch ganz anders ausgehen können, wir hatten den Speed, um weiter vorne anzukommen. Aber am Ende ist es wichtig, in so einem Rennen noch ein paar Punkte mitzunehmen. Es hätte noch viel schlimmer kommen können", sagte Vettel.

LIVE-TICKER: Das Rennen in China zum Nachlesen

Lehrstunde für Schumacher

Michael Schumacher erlebte eine Lehrstunde der jungen Garde. Strategisch immer auf der Höhe, konnte Schumacher in den tückischen Zweikämpfen vor allem Hamilton und Vettel nicht Paroli bieten. Die Plätze, die er an der Box gutmachte, verlor er auf der Strecke immer wieder.

Kurz vor Schluss verlor er auch noch den Zweikampf gegen seinen Ex-Ferrari-Kollegen Felipe Massa und wurde am Ende nur Zehnter. Sein Fazit war geprägt von harter Selbstkritik: "Das war ein Pokerspiel. Und ich habe dabei keinen guten Job gemacht. Ich habe die Reifen zu hart rangenommen und konnte mich in den letzten Runden nicht mehr wehren. Dieses Wochenende war für mich generell nicht glücklich. Im Bezug auf meine eigene Leistung kann ich daraus viel lernen und einiges besser machen."

In der Fahrerwertung führt nun Button mit 60 Zählern vor Rosberg (50), Alonso und Hamilton (beide 49). Vettel hat als Fünfter 45 Punkte auf dem Konto.

Die Schlüsselszenen des Rennens:

Start: Vettel verpatzt den Start und muss sowohl Alonso als auch Webber ziehen lassen. Alonso hat allerdings einen Frühstart hingelegt und wird mit einer Drive-Trough bestraft. Im Hinterfeld gibt es einen Crash zwischen Liuzzi, Kobayashi und Buemi. Glock setzt bei einsetzendem Regen als einziger Fahrer auf Intermediates, kann aber nicht losfahren, weil sein Virgin aufgebockt am Start stehen bleibt.

Runde 2: Das Safety-Car ist auf der Strecke. Fast alle kommen zum Reifenwechsel auf Intermediates an die Box. An der Spitze bleiben Rosberg, Button und beide Renaults auf Trockenreifen draußen.

Runde 6: Hamilton und Vettel sind parallel an der Box, um zurück auf Slicks zu wechseln. Beinhartes Duell Rad an Rad, Vettel drängt Hamilton leicht ab, der McLaren-Pilot muss zurückstecken. Für den Zwischenfall wurden Hamilton und Vettel nach dem Rennen verwarnt.

Runde 13: Sutil liegt direkt vor Vettel und Hamilton. Vettel greift Sutil an, beide bremsen spät und rutschen von der Ideallinie. Hamilton nutzt das und geht an beiden vorbei.

Runde 15: Hamilton greift über viele Kurven hinweg Schumacher an. Der wehrt sich sehenswert - ein tolles Duell. Letztlich setzt sich Hamilton aber durch.

Runde 19: Rosberg macht in Führung liegend einen Fehler und verliert fünf Sekunden. Button kommt mit mehr Schwung auf die Gerade, nutzt den aus und geht in Führung.

Runde 22: Wieder kommt das Safety-Car raus, Trümmerteile von Alguersuaris Flügel liegen auf der Strecke. Damit sind die 40 Sekunden Vorsprung von Button, Rosberg und Kubica dahin.

Runde 25: Wieder Hamilton gegen Schumacher, wieder ein beinhartes Duell. Und Hamilton setzt sich erneut durch.

Runde 36: Hamilton hat mittlerweile Kubica überholt und ist an Rosberg dran. Das erste Überholmanöver von Hamilton kann Rosberg noch kontern, doch im zweiten Versuch ist der McLaren-Pilot endgültig vorbei.

Runde 52: Schumacher muss seinen Platz an Petrow hergeben und ist nur noch Neunter.

Runde 55: In der vorletzten Runde geht auch Massa noch an Schumacher vorbei.

Ziel: Doppelsieg für McLaren! Button fährt das Rennen souverän nach Hause und hält den erneut furiosen Hamilton hinter sich. Rosberg gewinnt das Duell gegen Alonso und wird Dritter.

Mann des Rennens:

Lewis Hamilton: Gebt dem Briten Regen und ein paar Autos zum Überholen, und er liefert ein Freudenfest für Rennfans nach dem anderen. So auch in Shanghai wieder. Seine Überholmanöver waren erneut eine Augenweide. Seine Duelle gegen Vettel und Schumacher waren beinhart, aber nie unfair. Auch gegen Rosberg hat er sich sehr gut durchgesetzt.

Flop des Rennens:

Felipe Massa: Nicht nur, dass er nach Platz neun die WM-Führung los ist. Er musste sich auch von Teamkollege Alonso vorführen lassen. Der Spanier wurde mit vier Boxenstopps und einer Durchfahrtsstrafe deutlich vor dem Brasilianer Vierter. Schlimmer noch: Alonso machte Massa bei der Boxeneinfahrt lächerlich, als er sich dreist daneben bremste und direkt vor der Linie beim Boxeneingang vorbei ging.

Szene des Rennens:

Runde 13: Hamilton geht in einem Rutsch an Vettel und Sutil vorbei. Das Trio kommt auf die lange Gerade, Vettel saugt sich an Sutil heran und will ihn Ausbremsen. Sutil wehrt sich, beide bremsen spät und rutschen von der Ideallinie. Hamilton nutzt das, sticht innen rein und geht auf einen Schlag an beiden vorbei.

Lehren des Rennens:

Wieder einmal hat Regen für ein ebenso chaotisches wie spektakuläres Rennen gesorgt. Gerade in den ersten Runden brauchte man auch einiges an Glück, um immer im richtigen Moment auf den richtigen Reifen zu sein. Am besten ist das Button, Rosberg und Kubica gelungen.

McLaren hat für derartige Rennen das perfekte Fahrer-Duo. Button ist der Mann mit dem perfekten Riecher für die richtige Strategie, der so gut wie keine Fehler macht und deshalb die chaotischen Rennen gewinnt. Hamilton ist der begnadete Zweikämpfer, der ein Weltklasse-Manöver nach dem anderen zeigt. Mit diesem Duo ist McLaren das Team der Stunde.

Red Bull wird das Wetter verfluchen. Wieder haben Vettel und Webber das überlegene Auto nicht in einen Sieg ummünzen können. Mit der Reifenstrategie lagen sie nicht immer richtig, Vettel hat sich in Zweikämpfen aufgerieben und wieder wichtige WM-Punkte eingebüßt.

Bei Mercedes und Ferrari zeichnet sich schon eine klare Hierarchie ab. Alonso und Rosberg sind Massa und Schumacher deutlich überlegen. Vor allem Schumi muss dieses Rennen nachdenklich stimmen. Die junge Garde hat ihm in den Zweikämpfen gehörig den Schneid abgekauft. Allerdings hatte er wohl auch mit einem angeschlagenen Auto zu kämpfen.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM