Neues Auto gegen den Frust

Von Alexander Mey
Michael Schumacher wurde in Shanghai gleich zweimal von Lewis Hamilton überholt
© xpb

Michael Schumacher ist auch nach dem enttäuschenden China-GP das Lachen nicht komplett vergangen. Geduldig und freundlich stellte er sich nach Rang zehn der Presse. Doch was er zu sagen hatte, offenbarte, dass er sich über sich selbst maßlos geärgert hat. Aber er hat Grund zur Zuversicht. In Barcelona wird er ein fast neues Auto bekommen.

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Michael Schumacher ist die Nummer zwei bei Mercedes. Schlechter als Nico Rosberg, schlechter als sein Teamkollege. Nach vier Rennen steht es 10:50 in der Fahrer-WM und 0:4 in den Quali-Duellen.

Drei Jahre Pause hin oder her: Das ist Schumi in 16 Jahren Formel 1 zuvor nie passiert. Frust. "Ich habe keinen guten Job gemacht", stellte Schumacher fest. "Ich habe die Reifen zu hart rangenommen und konnte mich in den letzten Runden nicht mehr wehren. Dieses Wochenende war für mich generell nicht glücklich. Im Bezug auf meine eigene Leistung kann ich daraus viel lernen und einiges besser machen."

Presse: "Schumi, was für eine Blamage"

In einem turbulenten Rennen wie dem in China mit der Reifenwahl nicht immer richtig zu liegen, ist noch keine Schande, auch nicht für den ehemaligen Regenkönig Schumacher. Auch die Zweikämpfe auf der Strecke gegen Hamilton, Vettel und Co. kann man verlieren, wenn man bedenkt, dass Schumachers Auto nach einer Kollision mit Hamilton nicht mehr einwandfrei funktionierte.

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Die italienische Presse nahm Schumi trotzdem auseinander. "Warum hat er sich das angetan?", fragt die "Gazzetta dello Sport". "Tuttosport" schreibt: "Schumi, was für eine Blamage. Michael ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Er verlässt das Auto, als wäre er darin zerstückelt worden."

Unerklärlicher Rückstand im Qualifying

Viel alarmierender als das Rennen war das Qualifying. Dort hatte Schumacher sieben Zehntelsekunden Rückstand auf Rosberg - so viel wie noch nie. Eine Erklärung hatte er schnell parat: Rosberg habe im Gegensatz zu ihm auf den alten Heckflügel gewechselt, daran habe es bestimmt gelegen.

Hatte es nicht. Denn Schumacher war falsch informiert. Rosberg hatte exakt die gleichen Voraussetzungen wie Schumacher. Es gab also keine Erklärung für die sieben Zehntel Rückstand. Schumi ist schlicht und ergreifend so viel langsamer gefahren als sein Teamkollege.

Rosberg ist besser als sein Auto

"Ich bin frustriert", lautet das logische Fazit des 41-Jährigen nach vier Überseerennen. Und auch Rosberg wundert sich: "Vor Saisonbeginn hatte ich gehofft, auf einem Level mit Michael fahren zu können. Jetzt bin ich vor ihm."

Rosberg ist in der Lage, aus dem noch nicht ausgereiften Mercedes das Maximum herauszuholen. Sein zweiter Platz in der Fahrer-WM mit nur zehn Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Jenson Button spiegelt nicht annähernd die tatsächlichen Kräfteverhältnisse wider. Rosberg ist viel besser als sein Auto, Schumi nicht.

Haug: "Er hat das Autofahren nicht verlernt"

"Wir haben es bisher nur noch nicht geschafft, ihn und das Auto zusammenzubringen", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Er nimmt den siebenmaligen Champion energisch in Schutz: "Michael ist eine Institution, er hat das Autofahren nicht verlernt. Wir werden von ihm noch begeisternde Rennen sehen, keine Angst."

Eine ähnliche Hoffnung hegt auch Ex-Weltmeister und Formel-1-Experte Niki Lauda im SPOX-Gespräch: "Er muss sich nur auf sich selbst konzentrieren und zusehen, dass er so schnell wie möglich auf Touren kommt. Was er derzeit bringt, ist nicht sein Anspruch. Aber für Barcelona gibt es zahlreiche Updates, und ich denke, da wird auch Michael wieder vorne dabei sein."

Laudas Rennanalyse: "Das ist nicht Schumachers Anspruch"

Bessere Gewichtsverteilung durch verlängerten Radstand

Die Hoffnungen ruhen in der Tat auf der Weiterentwicklung des Silberpfeils. Die begann schon in Shanghai mit dem neuen Heckflügel, der aber offensichtlich nur Rosberg wirklich etwas gebracht hat.

In Barcelona soll es weitergehen. Erstes Ziel ist es, die Gewichtsverteilung des Mercedes zu verändern. Es muss mehr Gewicht auf die Hinterachse, damit das Untersteuern und der hohe Reifenverschleiß minimiert werden.

Um das zu erreichen, soll der Radstand verlängert werden. Laut "auto, motor und sport" soll die Vorderachse um fünf Zentimeter nach vorne versetzt werden. Damit einher gehen eine generell verlängerte Nase und ein neuer Frontflügel. Großes Problem: Die Luftführung um das längere Auto herum muss völlig neu berechnet werden.

Schnorchel-System wohl erst in Istanbul

Zusätzlich zur komplett veränderten Aerodynamik ist angeblich auch eine Überarbeitung der Hinterachse und des Getriebegehäuses geplant, um noch mehr Platz für den Doppel-Diffusor zu schaffen.

Erst im zweiten Schritt soll das F-Schacht-System folgen, das McLaren auf den Geraden so schnell macht. Der neue Heckflügel ist dafür schon ausgelegt, aber eine neue Finne auf der Motorabdeckung inklusive Schnorchel muss erst noch ausgetüftelt werden. Das wird laut "auto, motor und sport" bis zum Türkei-GP Ende Mai dauern.

Eine dritte Ausbaustufe des Entwicklungsprogramms soll es dann beim Großbritannien-GP geben. "In Silverstone schieben wir noch einmal ein richtig großes Paket hinterher", zitiert das Fachmagazin Teamchef Ross Brawn.

Richtungsentscheidung bis Mitte Juli

Bis dahin ist es Mitte Juli und Mercedes sollte schon Rennen gewonnen haben. Ansonsten ist spätestens danach das Projekt 2010 beendet und die Konzentration wird der Entwicklung für 2011 gelten.

Dann wird es hoffentlich auch für Schumacher um die Fahrer-WM gehen. Für dieses Jahr sieht es momentan nach nur einem Titelanwärter in einem Silberpfeil aus - Nico Rosberg.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM