"Der ist doch zu alt - und zu langsam"

Von Jan-Hendrik Böhmer
Michael Schumacher und Felipe Massa nach dem Brasilien-GP 2006
© Getty

16 Jahre lang fuhr Michael Schumacher in der Formel 1, bevor er 2006 seine Karriere beendete. Bis jetzt: Am 14. März stand Schumi wieder in der Startaufstellung - 19 Jahre nach seinem Debüt. SPOX zählte die Tage bis zum Comeback und erinnerte im Countdown an die bisherigen 16 WM-Jahre des Michael Schumacher. Das Finale: 2006.

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Team: Ferrari

WM-Platzierung: 2

WM-Punkte: 121

Zwei Daten prägten Schumachers Saison 2006. Der 10. September und der 22. Oktober.

Am 10. September trat Schumacher nach dem Sieg beim Italien-GP in Monza vor die Weltpresse und verkündete seinen Rückritt zum Saisonende. "Einmal musste der Tag kommen", leitete Schumacher seine Ankündigung ein. Das sollte es also gewesen sein, nach 16 Jahren Formel 1, sieben WM-Titeln - und der Achte sollte ja noch kommen.

Und zwar am 22. Oktober, dem Tag des letzten Rennens der Saison, des letzten Rennens in der Karriere des Michael Schumacher - und der großen Entscheidung in seiner letzten WM.

Das Duell der Saison: Schumi vs. Alonso

Zwei Wochen sah alles danach aus, als könnte es den krönenden Abschluss geben, den sich Schumacher und Ferrari erträumten. Punktgleich mit Fernando Alonso kam Schumacher zum Japan-GP. Er führte das Rennen an, schied dann jedoch mit einem Motorschaden aus. Alonso siegte und kam mit zehn Punkten Vorsprung nach Brasilien.

Trotzdem drehte sich dort alles um Schumacher. Fußball-Legende Pele überreichte ihm vor dem Rennen einen Ehrenpokal, das gesamte Rennwochenende des Ferrari-Piloten wurde von einer Horde von Journalisten bis ins kleinste Detail dokumentiert.

Benzinpumpe, Reifenplatzer, Aufholjagd

Doch das, was die Journalisten sahen, war mit Sicherheit nicht das, was sich Schumacher und Ferrari vorgestellt hatten. Im dritten Teil des Qualifyings streikte die Benzinpumpe - Schumacher konnte keine Zeit Fahren, nur Startplatz zehn. Alonso startete als Vierter.

Im Rennen kam es dann noch schlimmer. Bis auf Platz fünf hatte sich Schumacher bereits nach vorne gekämpft, als ihm im Duell mit Alonsos Teamkollegen Giancarlo Fisichella der Reifen kaputt ging. Vermutlich hatte sich Schumacher den Pneu an auf der Strecke liegenden Trümmerteilen beschädigt - und fiel jetzt bis ganz ans Ende des Feldes zurück.

Der Titel war weg, das wusste er. Doch so konnte ein Michael Schumacher nicht abtreten. Als Letzter. Und deshalb tat er, was er am besten konnte: überholen - und fuhr wieder bis auf Platz vier nach vorne. Sein letztes Opfer: Kimi Räikkönen, sein Nachfolger bei Ferrari.

Abschieds-Party mit Felipe Massa

"Meistens wünscht man sich, dass das Rennen irgendwann vorbei ist, aber heute hätte ich mir gewünscht, dass es noch ein bisschen länger geht", so Schumacher nach dem Rennen, das Teamkollege Felipe Massa gewann. Als erster Brasilianer seit Ayrton Senna.

Es ist eine kleine Entschädigung, sich mit einem Freund freuen zu können. Denn Massa war für Schumi genau das. Mehr als ein Teamkollege. Ein Freund eben. Und so feierten die beiden bis in die frühen Morgenstunden schrullig verkleidet in einer Bar.

Skandal-Unfall in Monaco

Es war der Höhepunkt einer von Enttäuschungen, Skandalen und Triumphen geprägten Saison. Erfolge wie die Siege bei den Heimrennen in Hockenheim und am Nürburgring, die Aufholjagd gegen Saisonende und die WM-Führung zwei Rennen vor dem Ende.

Enttäuschungen wie in Australien, als er selbst verschuldet in die Mauer flog - oder in Malaysia, als er mit dem Motor haderte. Dazu kamen Skandale wie der Qualifying-Zwischenfall in Monaco, als er ohne ersichtlichen Grund stehen blieb, Alonso behinderte und als Letzter starten musste. Oder aber die nicht beachtete rote Flagge von Budapest.

Und Skandale hatte Schumacher in seiner Karriere genug. Damit kennt er sich aus. "Das nimmst du irgendwann eher locker", so Schumacher in seiner Biografie. "Zu diesem Zeitpunkt habe ich das alles schon viel schneller abgehakt. Früher hat mich das länger beschäftigt, da bin ich Kompromisse eingegangen, die mir selbst nicht gefielen."

"Goodbye from on High"

Jetzt nicht mehr. Auch nicht bei seiner Entscheidung zum Rücktritt. "Ich war mit mir im Reinen. Mein Gefühl war immer: das ist jetzt gut so", erklärt Schumacher. "Natürlich haben viele gefragt: 'Warum? Du bist doch noch konkurrenzfähig.' Aber das ist viel besser als: 'Warum fährt der immer noch? Der ist doch zu alt - und zu langsam.' Daher weiß ich genau: das war die richtige Entscheidung. That's the way it is."

Ein "Goodbye from on High", wie das britische "Autosport"-Magazin damals titelte. Ein Abschied auf dem Höhepunkt. Und so beendete Michael Schumacher nach sieben Fahrer-Weltmeister-Titeln, 91 Siegen, 154 Podestplätzen, 1369 Punkten und unzähligen  Rekorden seine Karriere. Vorerst.

Die Suche nach dem Spaß

Denn schon damals wusste er: "Da werden Entzugserscheinungen kommen. Ich weiß, dass mich mein neues Leben langfristig nicht auslastet. Aber ich werde mir schon etwas suchen, das mir Spaß macht. Ich bin viel zu energiegeladen, um vor mich hinzusiechen."

Recht hatte er, der Schumi. Und damit: welcome back.

Teil 15: 2005 - Reifen-Farce rettet Katastrophen-Saison

Teil 14: 2004 - Tunnel-Debakel und Vierstopp-Wahnsinn

Teil 13: 2003 - Das chaotischste aller Finals

Teil 12: 2002 -  "Let Michael pass.."

Teil 11: 2001 - Stallorder und Flugstunden

Teil 10: 2000 - WM-Saufgelage in der Karaoke-Bar

Teil 9: 1999 - Schumi-Crash in Silverstone kostet den Titel

Teil 8: 1998 -  "Willst du mich umbringen?"

Teil 7: 1997 - Schumachers schwärzeste Stunde

Teil 6: 1996 - Bloß raus aus der roten Gurke!

Teil 5: 1995 - Vom Intimfeind abgeschossen

Teil 4: 1994 - Ein Jahr Hölle mit Happy End

Teil 3: 1993 - Von Senna vorgeführt

Teil 2: 1992 - Beinahe-Schlägerei mit Senna

Teil 1: 1991 - Das Debüt-Jahr