"Let Michael pass..."

Von Alexander Mey
Gesichtsausdrücke, die Bände sprechen. Michael Schumacher und Rubens Barrichello in Österreich
© Getty

16 Jahre lang fuhr Michael Schumacher in der Formel 1, bevor er 2006 seine Karriere beendete. Bis jetzt: Denn am 14. März wird Schumi wieder in der Startaufstellung stehen - 19 Jahre nach seinem Debüt. SPOX zählt die Tage bis zum Comeback und erinnert im Countdown an die bisherigen 16 WM-Jahre des Michael Schumacher. Teil 12: 2002.

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Team: Ferrari

WM-Platzierung: Weltmeister

WM-Punkte: 144

2002 hat Michael Schumacher seine Gegner nicht besiegt, er hat sie gedemütigt, in Grund und Boden gefahren, vernichtet. Die Scuderia war so überlegen, dass das erste Rennen sogar im alten Auto von 2001 noch gewonnen wurde. Mit der Einführung des F2002 war für die Gegner dann endgültig der Ofen aus.

In 17 Rennen stand Michael Schumacher 17 Mal auf dem Podium. Er gewann elf Rennen, wurde fünfmal Zweiter und einmal Dritter. So eine Dominanz hatte es in der Formel 1 noch nie gegeben. Folgerichtig feierten er und Ferrari schon nach dem elften von 17 Rennen in Magny-Cours beide WM-Titel.

"Nahezu vollkommen" oder "Formel Langeweile"?

"Ganz klar, 2002 hatten wir ein tolles Auto, das Ding war richtig gut", sagt Schumacher in seiner Biographie. "Im Endeffekt muss man sagen, dass wir in diesem Jahr stark überlegen waren."

Schumacher und Ferrari bezeichnen das Jahr 2002 heute noch als "nahezu vollkommen", Formel-1-Puristen und Schumacher-Kritiker gefiel der Begriff "Formel Langeweile" für diese Zeit der totalen Ferrari-Dominanz besser.

Ganz so langweilig war es aber gar nicht immer. Wenn es schon auf der Strecke keine Spannung gab, dann machte man eben Nebenkriegsschauplätze auf.

Barrichello ohne Not um den Sieg gebracht

Vor allem in Österreich. Teil 2 der unsäglichen "Let Michael pass for the Championship"-Orgie von Teamchef Jean Todt warf einen dunklen Schatten über Ferraris Erfolge. Im Gegensatz zum Jahr 2001 war die Stallorder diesmal sehr dreist.

Rubens Barrichello wurde wieder in der letzten Runde befohlen, Schumacher im Sinne der Weltmeisterschaft passieren zu lassen. Nur diesmal kostete das den Brasilianer einen wohl verdienten GP-Sieg. Und: Schumacher hatte zu diesem Zeitpunkt 27 Punkte Vorsprung vor Juan Pablo Montoya.

"In der Vergangenheit haben wir dreimal in Folge im letzten Rennen die Fahrer-WM verloren, und wir wissen, dass wir starke Gegner haben. Deshalb müssen wir aus jeder Situation das Meiste rausholen", verteidigte Todt damals seine Entscheidung.

Buhrufe und gellendes Pfeifkonzert

Schumacher sah das im Nachhinein etwas anders. Ihm war die Situation äußerst peinlich. Unter dem gellenden Pfeifkonzert der Zuschauer in Spielberg überließ er Barrichello auf dem Siegerpodest den obersten Platz.

Der Versuch einer fairen Geste, der die ganze Lächerlichkeit der Situation aber ungewollt nur noch weiter anheizte. Sogar die Journalisten begrüßten die Ferrari-Piloten auf der Pressekonferenz mit lauten Buhrufen.

Da Stallorder immer noch nicht offiziell verboten war und die FIA kaum eine rechtliche Handhabe gegen Ferrari hatte, belegte sie das Team wenigstens wegen des Platzwechsels bei der Siegerehrung mit einer Geldstrafe in Höhe von einer Million Dollar.

Missglücktes Fotofinish in Indianapolis

Hatte die Scuderia daraus gelernt? Nicht wirklich, denn eine eigentlich gut gemeinte Geste von Schumacher beim USA-GP in Indianapolis geriet zu einer weiteren roten Peinlichkeit.

Wieder mal waren beide Ferrari-Piloten in den letzten Runden eines Rennens den Gegnern meilenweit enteilt. Schumi wollte auf der Ziellinie ein Fotofinish mit Barrichello inszenieren, ging aber etwas zu sehr vom Gas. Folge: Barrichello gewann ungewollt mit 0,011 Sekunden Vorsprung vor Schumacher.

Ferrari konnte dieser neue Fauxpas eigentlich egal sein, schließlich war die WM zu der Zeit schon lange gelaufen. Aber die Konkurrenz fasste diese Überheblichkeit als Beleidigung auf.

Weltmeister dank Ausrutschers von Räikkönen

Da es sonst kaum spektakuläre Momente in dieser Saison gab, blieb Schumacher Zeit, sich auf Randaspekte zu konzentrieren. Zum Beispiel die Tatsache, dass es ihm 2002 zum ersten Mal gelang, in seinem Wohnzimmer Spa auf der Pole-Position zu stehen. "Mir war das gar nicht bewusst gewesen, bis ich von allen Seiten darauf angesprochen wurde", erinnert sich Schumi. "Ja, und dann habe ich eben versucht, das zu ändern..."

2002 war für Schumacher übrigens auch das Jahr, in dem er erstmals unmittelbar Bekanntschaft mit einem gewissen Kimi Räikkönen machte. Der Iceman führte damals den Frankreich-GP vor Schumacher an, rutschte aber wenige Runden vor dem Ziel auf einer Öllache weg und musste den Deutschen passieren lassen.

Der fuhr den Sieg und damit beide WM-Titel nach Hause. Ein Jahr später wurde nichts aus dem lockeren Einfahren des nächsten Titels. Es wurde bis zum letzten Rennen richtig eng. Und es ging gegen Kimi Räikkönen. Mehr dazu im nächsten Teil der Serie: 2003.

Teil 11: 2001 - Stallorder und Flugstunden

Teil 10: 2000 - WM-Saufgelage in der Karaoke-Bar

Teil 9: 1999 - Schumi-Crash in Silverstone kostet den Titel

Teil 8: 1998 -  "Willst du mich umbringen?"

Teil 7: 1997 - Schumachers schwärzeste Stunde

Teil 6: 1996 - Bloß raus aus der roten Gurke!

Teil 5: 1995 - Vom Intimfeind abgeschossen

Teil 4: 1994 - Ein Jahr Hölle mit Happy End

Teil 3: 1993 - Von Senna vorgeführt

Teil 2: 1992 - Beinahe-Schlägerei mit Senna

Teil 1: 1991 - Das Debüt-Jahr