Zwischen Jubel und Ungewissheit

Von Markus Elser
Fernando Alonso konnte in 140 Rennen 22 Siege feiern
© Getty

Ferrari feiert einen perfekten Formel-1-Saisonstart und bejubelt Fernando Alonso, Felipe Massa und das neue Auto. Doch in Maranello sollte man aus verschiedenen Gründen auf dem Boden bleiben.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Reaktionen nach dem Doppelsieg in Bahrain machen deutlich, wie groß der Druck vor dem Saisonstart bei der Scuderia war, und welche Last den Verantwortlichen nach dem ersten Doppelsieg seit Frankreich 2008 von den Schultern gefallen ist.

Sie haben diesen Erfolg bei Ferrari nach der langen Durststrecke einfach gebraucht, und Teamchef Stefano Domenicali zeigte sich entsprechend erleichtert. "Das Rennen war sehr wichtig für das Team. Wir mussten letzte Saison eine schwierige Entscheidung treffen und man hat gesehen, dass es die richtige war. Das Auto, das wir dieses Wochenende gesehen haben, bietet eine gute Basis für die Zukunft", so Domenicali.

Sie waren nervös in Maranello: War es die richtige Entscheidung, die vergangene Saison abzuschreiben und schon in der zweiten Saisonhälfte alles auf den neuen F10 zu setzen? Wie sieht es mit der Leistungsfähigkeit von Felipe Massa nach dessen schwerer Verletzung aus? Wie integriert sich Fernando Alonso in das Team?

Ferrari noch hinter Red Bull

Das Ergebnis von Bahrain scheint diesbezüglich eine deutliche Sprache zu sprechen. Der Ferrari war schnell, und nach dem Saisonauftakt sind Red Bull und Ferrari die Teams, die es zu schlagen gilt. In dieser Reihenfolge.

Denn bei allem Jubel, der in Italien zurzeit berechtigter Weise herrscht, darf man nicht vergessen, dass nur die Motorprobleme von Sebastian Vettel Ferrari ein perfektes Wochenende beschert haben. Alonso und Massa haben das Rennen nicht dominiert, vielmehr geht es vorne zwischen Red Bull, Ferrari und mit Abstrichen McLaren sehr eng zu. Trotzdem sollten, so hofft Domenicali, die Stimmen, die das frühe Abschenken der Saison 2009 kritisiert hatten, fürs Erste verstummt sein.

Doch schon in Australien muss Ferrari beweisen, dass der Doppelsieg kein Zufallsprodukt war. In Bahrain fand man eine Strecke vor, die Ferrari traditionell gut liegt und auf der man Vorteile gegenüber Red Bull hatte. In Melbourne dagegen werden die Vorzeichen andere sein. "Red Bull ist uns noch ein Stück voraus, weil die Wüstenpiste zu unserem Auto viel besser passte", meinte auch Alonso.

"Können auf eine gute Pace aufbauen"

Ferrari hat eine gute Ausgangsposition, mehr nicht. "Wir können auf eine gute Pace aufbauen", erklärte Domenicali. Nun kommt es darauf an, wer am schnellsten den nächsten Schritt macht und das Auto entscheidend verbessert.

Ferrari ist sich der Lage bewusst und soll laut italienischen Medienberichten schon seit längerem damit beschäftigt sein, ein umfangreiches Update am Auto vorzubereiten. Quasi eine B-Version des F10 mit einer ganz neuen Entwicklungsstufe am Doppeldiffusor.

"Red Bull und McLaren sind beide sehr stark und wir müssen abwarten, wer Neuerungen früher als andere präsentieren kann. Außerdem bleibt abzuwarten, wie die Reifen bei anderen Grands Prix, anderen Konfigurationen und anderen Temperaturen reagieren", spricht Domenicali ein weiteres Fragezeichen an. Von Mercedes redet er interessanter Weise gar nicht.

Massa ist wieder der Alte

Geklärt scheint hingegen das Fragezeichen, das hinter Massas Leistungsfähigkeit nach seiner schweren Kopfverletzung stand. Der Brasilianer meldete sich mit einem überzeugenden zweiten Platz zurück und war nach dem Rennen überglücklich: "Es ist fantastisch, wieder hier zu sein. Ich danke allen, die mich in dieser schweren Zeit unterstützt haben, und es ist toll, gleich ein schnelles Auto mit einer konstant guten Pace zur Verfügung zu haben."

Obwohl er seinen neuen Teamkollegen Alonso im Qualifying noch geschlagen hatte, musste er dem zweimaligen Weltmeister im Rennen den Vortritt lassen, nachdem dieser ihn am Start überholt hatte und so von Vettels Problemen am meisten profitierte. "Natürlich hatte ich keinen guten Start, aber danach lief es perfekt für mich", war Massa dennoch zufrieden.

"Wir sind das beste Team der Welt"

Alonso feierte bei seinem Debüt für Ferrari den ersten Sieg seit 2008 und war dementsprechend aus dem Häuschen. "Für mich ist das ein fantastischer Tag. Nach so langer Zeit wieder ganz oben auf dem Podium zu stehen, ist etwas Besonderes - und dann auch noch mit Ferrari. Besser kann eine Zusammenarbeit gar nicht beginnen. Wir sind das beste Team der Welt, haben den Winter über hart gearbeitet, und die Jungs haben bei den Wintertests Großes geleistet", frohlockte Alonso.

Aber auch er scheint zu wissen, dass der Sieg nicht viel wert ist, wenn die Ergebnisse in den nächsten Rennen nicht stimmen. "Wir haben noch nichts erreicht, sondern nur das erste Rennen gewonnen", so Alonso, der den Sieg den Italienern, den Mechanikern im Team und Präsident Luca di Montezemolo widmete - wohl wissend, dass sie in Italien so ein Erfolgserlebnis nach langer Durststrecke wieder gebraucht haben.

Und er wird auch wissen, dass sie schnell wieder durstig werden in Maranello, wenn die Siege ausbleiben. Darum wäre es wichtig, gleich in Australien nachzulegen, und noch wichtiger, auch nach dem letzten Rennen "das beste Team der Welt" zu sein, wie Alonso es überschwänglich formulierte.

Dann wäre nämlich auch das letzte Fragezeichen geklärt: Ist Ferrari bereit für die Meisterschaft?

Driver-Ranking: Ein komisches Gefühl bei Schumi