Der König der Angsthasen

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel (l.) konnte Fernando Alonso bis zu seinem Defekt auf Distanz halten
© Getty

Der Saisonauftakt der Formel 1 in Bahrain hat zahlreiche Erkenntnisse gebracht. Ferrari und Fernando Alonso können wieder siegen, Sebastian Vettel auch, wenn die Technik mitspielt. Michael Schumacher ist solide gestartet und wundert sich etwas über die neuen Regeln. Die gilt es nach dem ersten Härtetest kritisch zu hinterfragen.

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Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger brachte es im SKY-Interview auf den Punkt: "Das Rennen war langweilig." Und nicht einmal Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug, sonst leidenschaftlicher Racing-Botschafter, wollte ihm da widersprechen: "Es war sicherlich nicht eines der spannendsten Rennen aller Zeiten."

Rennanalyse: "Killer" Alonso profitiert von Vettel-Drama

Genau genommen wäre nach dem Start gar nichts Spannendes mehr passiert, hätte bei Sebastian Vettel nicht nach zwei Dritteln des Rennens die Technik gestreikt. Solide Führung, den Auftaktsieg vor Augen - dann versagt eine Zündkerze und raubt dem Red Bull jede Menge Motorleistung. Zunächst vermutete das Team einen gebrochenen Auspuff, das wurde später jedoch revidiert.

Vettel-Pech beschert Alonso den Sieg

"Ich hatte einfach keinen Dampf mehr auf der Kette. Geradeaus kann man auch einen Affen vor das Lenkrad setzen, das bekommt der noch gebacken", beschwerte sich Vettel. Immerhin zeigte er eine kämpferisch starke Leistung und rettete den vierten Platz ins Ziel.

"Der vierte Platz ist noch Schadensbegrenzung, bis dahin war es eigentlich ein perfektes Rennen", resümierte Vettel. Trotzdem fehlen dank der neuen Punkteregel nun schon 13 Zähler auf Sieger und WM-Spitzenreiter Fernando Alonso.

Sebastian Vettel im Interview

Der zog 15 Runden vor Schluss am mit stumpfen Waffen kämpfenden Vettel vorbei und bescherte der Scuderia gemeinsam mit seinem Teamkollegen Felipe Massa einen perfekten Saisonstart. "Die ersten Rennen der Saison sind besonders wichtig. In denen müssen wir so viele Punkte wie möglich mitnehmen", sagte Alonso.

Reifen und Tankverbot haben fatale Folgen

Punkte sind ein schönes Stichwort. Denn das neue System mit 25 Zählern für den Sieger ist eine der Regeländerungen für diese Saison. Vorher oft kritisiert, scheint sie aber nach dem Bahrain-GP am wenigsten im Fokus zu stehen.

Viel größere Auswirkungen hatten das Verbot des Nachtankens und die schmaleren Vorderreifen. Beide Änderungen waren so unberechenbar, dass sie alle Teams und Fahrer lähmten.

Nach dem Start entwickelte sich ein Angsthasen-Rennen, in dem jeder nur darauf bedacht war, die Reifen zu schonen, auf den Benzinverbrauch zu achten und den Abstand nach vorne zu dosieren.

Schumacher: "Überholen konnte ich sowieso nicht"

"Der Start war im Prinzip der interessanteste Part. Danach war es die Odyssee, die man ja ein bisschen auch erwartet hatte", analysierte Comebacker Michael Schumacher. "Es ging darum, keine Fehler zu machen und das Auto nach Hause zu bringen. Man durfte nicht zu dicht auf den Vordermann auffahren und musste sich genug Platz lassen, damit das Auto nicht überhitzt. Man durfte auch die Reifen nicht zu sehr beanspruchen."

Michael Schumacher im Interview

Die Folge war eine Prozession bis zum einzigen Boxenstopp. Danach tat sich zunächst auch nicht viel, bis sich gegen Rennende erste Unterschiede im Umgang mit den Reifen zeigten.

So konnte Alonso zum Beispiel Massa abhängen, der mit Problemen am Ferrari zu kämpfen hatte. Außerdem holte Jenson Button etwas auf Schumacher auf. Überholmanöver gab es deswegen aber noch lange nicht. "Ich habe mich nach hinten konzentriert und darauf, keine Fehler zu machen. Überholen konnte ich sowieso nicht", erklärte Schumacher.

Rückstand, aber keine Unruhe bei Mercedes

Der 41-Jährige fuhr beim Comeback ein solides Rennen ohne irgendwelche Höhepunkte. Platz sechs ist vielleicht nicht das, was sich die deutschen Fans erhofft hatten. Es ist aber das, was man ungefähr von Schumi und dem neuen Mercedes erwarten konnte.

"Ich denke, wir haben heute eine recht solide Leistung gezeigt", sagte Mercedes-Teamchef Ross Brawn. "Es war aber nicht überragend. Wir müssen und werden konkurrenzfähiger werden."

Auch Schumacher lässt sich von den Plätzen fünf für Nico Rosberg und sechs für ihn nicht aus der Ruhe bringen: "Ich habe zu Beginn einer Saison schon große Abstände gehabt - und am Ende des Jahres habe ich trotzdem um die Meisterschaft gekämpft. Ich weiß, wie schnell sich das Blatt wenden kann, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung."

Wenig Hoffnung auf bessere Show

Hoffentlich wendet sich aus deutscher Sicht das Blatt bald, Mercedes wird schneller und Red Bull bekommt die Technik in den Griff. Denn dann kämpfen die deutschen Piloten komplett auf Augenhöhe mit Ferrari und dem ebenfalls sehr starken McLaren-Piloten Lewis Hamilton.

Ob dadurch aber die Show auf der Strecke spannender wird? Viel Hoffnung hat das Rennen in Bahrain nicht gemacht. Auf einer Strecke, die eigentlich zum Überholen einlädt, ging gar nichts. Zu groß sind die Bedenken wegen der Haltbarkeit der Reifen.

McLaren fordert schnelle Verbesserung der Action

"Wir stehen vor einer neuen Herausforderung. Die Regeln machen die Rennen im Bezug auf das Überholen definitiv nicht aufregender", stellte Hamilton nach seinem dritten Platz fest. Sein McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh forderte sogar schon Sofortmaßnahmen wie noch weichere Reifen, um mindestens zwei Stopps zu provozieren. Auch die Verantwortlichen wissen, dass der Bahrain-GP keine Werbung für die Formel 1 war.

Noch will Hamilton aber nicht von einer Saison voller langweiliger Rennen sprechen: "Vor uns liegt eine interessante Saison. Alle lernen, wie sie die Reifen besser verwenden können. Sie versuchen, die Reifen zu verstehen, die Benzinmenge zu reduzieren, zu erkennen, wann man attackieren muss und wann nicht. Ich hoffe, dass wir gute Arbeit leisten und den Fans zeigen können, was wir da tun."

Hoffentlich war Bahrain eine Ausnahme

Vielleicht hat er ja Recht und Bahrain war nur eine unrühmliche Ausnahme. Das würde sicher alle freuen.

Denn bei aller Euphorie um Schumachers Comeback und die Stärke von Sebastian Vettel: Spannende Rennen mit viel Action gehören auch zu einer prickelnden Formel-1-Saison.

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