Rot gegen Silber reloaded

Von Alexander Mey
Fernando Alonso wurde am Mittwoch von 39.000 Spaniern in Valencia gefeiert
© Getty

Mit den Testfahrten in Valencia ist der erste Schlagabtausch der neuen Autos für die Formel-1-Saison vorüber. Der Hype war riesig, die Zuschauerzahlen brachen Rekorde. Auf der Strecke überzeugte Ferrari, mehr noch als Comebacker Michael Schumacher. Aber wie sind die Testzeiten einzuordnen? Ein erstes Zwischenfazit.

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Einen Rekord hat die neue Formel-1-Saison schon. Mehr als 59.000 Fans sahen an den drei Tagen von Valencia den ersten Schlagabtausch der Großen. Michael Schumacher gegen Fernando Alonso gegen Jenson Button gegen Lewis Hamilton gegen Felipe Massa gegen Nico Rosberg. Und so weiter, und so fort.

Der Hype um den offiziellen Start in die Saisonvorbereitung war riesig, die Fotografen und Reporter traten sich im Fahrerlager gegenseitig auf die Füße.

Aber was haben sie gelernt? Ein Überblick über die Leistungen der teilnehmenden Teams.

Alle Testzeiten aus Valencia im Überblick

Ferrari

Der klare Gewinner der ersten Testwoche. Felipe Massa und Fernando Alonso spulten zusammen 353 Runden ab, und zwar ohne technische Probleme. Die beiden waren auch die einzigen Fahrer, die die Marke von 1:12,0 Minuten knackten. Alonso fuhr in 1:11,470 Minuten die schnellste Zeit der Tests, sechs Zehntel schneller als der beste Nicht-Ferrari-Pilot.

Klingt nach Dominanz, aber davon auszugehen, dass die Roten ab jetzt alles in Grund und Boden fahren, wäre unseriös. "Ich bin da sehr vorsichtig", sagte Alonso nach seinem Ferrari-Debüt: "Man fühlt sich in einem neuen Auto immer erst einmal gut. Das ging mir auch im vergangenen Jahr so, und dann war ich fast nie unter den Top Ten."

Vorsicht ist geboten, denn die Bandbreite der möglichen Benzinmengen, mit denen die einzelnen Teams getestet haben, hat sich durch die größeren Tanks vervielfacht. Auf Long-Runs über 30 Runden oder sogar Rennsimulationen mit vollem Tank lagen die Rundenzeiten bei 1:16 oder 1:17 Minuten, also fünf bis sechs Sekunden über der Bestzeit. Da lassen sich sechs Zehntel Zeitunterschied schnell einmal mit ein paar Kilos Benzin mehr oder weniger erklären.

"Wir sollten uns nicht von ersten positiven Anzeichen blenden lassen", warnte daher Teamchef Stefano Domenicali. "Die können auch komplett in die Irre führen." So geschehen 2009, als Ferrari bei den ersten Tests eigentlich ganz gut dastand, bis Brawn GP kam und alle Gegner schockte. Ein ähnliches Szenario erträumt sich in diesem Jahr Red Bull. Das Team von Sebastian Vettel steigt erst kommende Woche ins Testgeschehen ein.

Trotzdem gilt als erstes Fazit: Ferrari hat nach dem schwachen Saisonende 2009 definitiv mit dem F10 einen großen Sprung nach vorne gemacht. Die Bestzeit von Alonso war nur vier Zehntel von der letzten offiziellen Testbestzeit in Valencia entfernt, und die stammte noch aus dem Jahr 2008. Auf den Long-Runs waren die Roten ebenfalls konstant gut unterwegs. Ferrari ist vielleicht nicht so dominant, wie die Zeiten vermuten lassen. Aber sie gilt es zu schlagen.

Mercedes

Auffällig unauffällig, könnte man sagen. Michael Schumacher und Nico Rosberg drehten zusammen 280 Runden, außer einem Hydraulikdefekt am dritten Tag und Sitzproblemen von Rosberg ebenfalls ohne ernste technische Schwierigkeiten. Schumacher fuhr in 1:12,438 Minuten rund eine Sekunde langsamer als Alonso und belegte in der Gesamtwertung aller Testzeiten Rang sieben. Rosberg war knapp eine halbe Sekunde langsamer und Neunter.

Die Reaktionen von Schumacher und Teamchef Ross Brawn waren verhalten. "Es ist schwer zu sagen, ob wir schon ein Siegerauto haben. Ich würde denken, dass wir etwas im Hintertreffen sind", sagte Schumacher. Brawn ergänzte: "Wir sind nicht so schnell wie Ferrari. Es sieht so aus, als hätten wir noch etwas Arbeit vor uns."

Konkret heißt das: Mit dem Handling und der Balance des neuen Silberpfeils gab es noch Probleme, die nicht von jetzt auf gleich behoben werden konnten. Grund dafür sind laut Brawn die neuen Reifen. Zudem breche der Auspuff nach 150 bis 200 Kilometern. "Das bekommen wir aber schnell in den Griff", sagte Brawn.

Sehr positiv ist, dass das Auto mit vollen Tanks sehr gut liegt und somit über einen starken Rennspeed verfügen sollte. Das stellte Rosberg bei einer Rennsimulation am zweiten Tag fest. "Die Balance war prima", sagte der 24-Jährige und strotzte danach vor gewohntem Optimismus: "Nächste Woche in Jerez wird sich der Schleier weiter lüften und man bekommt ein präziseres Bild. Wir werden bestimmt an der Spitze sein."

Erstes Fazit: Mercedes ist bei der Musik. Natürlich lange nicht so dominant wie Brawn GP im vergangenen Jahr, aber die Richtung stimmt. Geht man davon aus, dass das Team mit Schumi den vielleicht besten Entwickler der Formel 1 hat und die Verantwortlichen etwas tief gestapelt haben, dann ist mit einer Neuauflage des ewig jungen Duells Rot gegen Silber zu rechnen.

McLaren-Mercedes

Lewis Hamilton stark, Jenson Button - naja. Zusammen mit Testfahrer Gary Paffett kamen die beiden britischen Weltmeister auf 276 Runden. Auch hier lief fast alles nach Plan. Hamilton fuhr am zweiten Testtag in 1:12,256 Minuten die insgesamt fünftschnellste Zeit, schneller als beide Mercedes-Piloten. Button verbrachte viel Zeit damit, sich ans neue Auto zu gewöhnen, und wurde am Ende Zehnter.

Aber er vertraute Hamilton bei dessen Urteil über den ersten Eindruck vom neuen Auto. "Verglichen mit der ersten Ausfahrt im 2009er Auto war das ein Unterschied wie Tag und Nacht", sagte Hamilton.

Erstes Fazit: Einen erneuten kapitalen Fehlstart wie 2009 wird es mit dem MP4-25 wohl nicht geben. Das Auto funktioniert und hat laut Beobachter Robert Kubica gerade im Bereich des Hecks einige interessante Aerodynamik-Lösungen parat. Die Frage ist nur, wie die sich auf den unterschiedlichen Strecken auswirken. Sorgen sollte sich nur Button machen. Er muss sich schnell akklimatisieren, sonst droht ihm Hamilton zu Saisonbeginn davonzufahren.

Sauber

Die Überraschung der Tests. Kamui Kobayashi und Pedro de la Rosa fuhren beide in 1:12,0 Minuten fast gleich schnell und ließen bis auf das Ferrari-Duo alle Stars hinter sich. 250 Runden sprechen außerdem für eine ordentliche Zuverlässigkeit.

Erstes Fazit: Auch hier ist es natürlich viel zu früh, von den Rundenzeiten auf die tatsächliche Stärke des Teams zu schließen, aber Sauber könnte davon profitieren, dass der Aufschwung von BMW-Sauber zum Saisonende 2009 Auswirkungen auf das neue Auto hat. Zudem ist der Ferrari-Motor nicht der schlechteste. "Ich glaube nicht, dass es mit dem Auto grundlegende Probleme gibt", äußerte sich Kobayashi optimistisch.

Renault, Williams, Toro Rosso

Die drei übrigen Teams im gemeinsamen Schnelldurchlauf. Renault fiel ähnlich wie Mercedes nicht mit schnellen Einzelrunden auf, dafür aber mit sehr konstanten Rundenzeiten bei Long-Runs. "Dort waren wir nicht viel langsamer als die Ferrari", sagte Robert Kubica. Auch wenn das neue Auto etwas klobig aussieht, scheint es zumindest ein solider Wurf zu sein.

Williams durfte sich vor allem über die große Zuverlässigkeit freuen. Rubens Barrichello und Niko Hülkenberg spulten mehr als 300 Runden ab. Nur Ferrari war noch fleißiger. Allerdings ließen die Rundenzeiten noch stark zu wünschen übrig. Beiden Piloten fehlten rund zwei Sekunden auf die Bestzeit.

Toro Rosso war eine Woche früher dran als das Schwesterteam Red Bull, obwohl man zum ersten Mal das Auto komplett in Eigenregie konstruiert hat. Prompt gab es am ersten Tag größere Probleme mit dem Getriebe, die eine lange Pause zur Folge hatten. An den beiden folgenden Tagen spielte die Technik besser mit. Jaime Alguersuari ließ mit der achtbesten Zeit aufhorchen, allerdings wahrscheinlich mit etwas weniger Benzin als der direkt vor ihm platzierte Schumacher.

Offiziell: Nick Heidfeld wird Testfahrer bei Mercedes