Schumi geht ein hohes Risiko ein

Von Alexander Mey
Michael Schumacher wird Anfang Februar zum ersten Mal den neuen Mercedes testen
© Getty

Michael Schumacher kommt zurück. Diesmal nicht nur für ein paar Rennen als Ersatz, wie er es vor einigen Monaten bei Ferrari vorhatte. Er fährt eine komplette Saison für Mercedes, wenn alles gut läuft, sogar drei. Comeback ist Comeback, könnte man sagen und in die Jubelarien einstimmen. Aber so einfach ist es diesmal nicht. Das Schumi-Comeback hat Folgen für alle Beteiligten.

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Eines gleich vorneweg: Dass Michael Schumacher in die Formel 1 zurückkehrt, ist großartig. Für die Schumi-Fans früherer Jahre sowieso. Auch viele Kollegen äußern sich extrem positiv - ganz zu schweigen von den Medien und Formel-1-Boss Bernie Ecclestone.

Warum? Ganz klar: Dank Schumi wird die Formel 1 weltweit wieder mehr in den Fokus rücken. "RTL"-Sportchef Manfred Loppe freut sich schon auf ein "magisches Formel-1-Jahr". Magisch werden vor allem die Einschaltquoten sein. Die waren nach dem Schumi-Rücktritt 2006 trotz spannender WM-Enscheidungen rückläufig.

Sahen 2006 noch 7,6 Millionen Leute im Schnitt Formel-1-Rennen auf "RTL", waren es 2007 nur noch 5,9 Millionen, 2008 noch 5,1 Millionen.

Run auf Hockenheim-Tickets gigantisch

Dank Sebastian Vettel ging es 2009 zwar wieder etwas aufwärts - den Deutschland-GP sahen zum Beispiel 6,4 Millionen Menschen. Nun ist es durchaus vorstellbar, dass 2010 bei einzelnen Rennen wieder die Werte von 2001 erreicht werden. Damals lag der Schnitt bei über 10 Millionen Zuschauern. Dank Schumi.

Auch die Rennstrecken profitieren. Der Run auf die Tickets für das Rennen in Hockenheim im Sommer ist seit dem 23. Dezember so gewaltig, dass Mitarbeiter aus dem Weihnachtsurlaub geholt werden mussten, um den Ansturm zu bewältigen.

Betriebsrat beschwert sich zu unrecht

Ebenfalls positiv ist der Coup für die Marke Mercedes zu bewerten, auch wenn das der Betriebsrat nach wie vor nicht wahrhaben will. Mal abgesehen davon, dass der Werbeetat eines so großen Konzerns wie Daimler keine direkten Auswirkungen auf die Belegschaft am Band hat: Man darf sich in diesem Fall einfach nicht am Kaufpreis für Brawn GP und sieben Millionen Euro Gehalt für Schumacher festbeißen. Das sind einmalige, wenn auch immense, Investitionen.

Ist das Projekt Schumacher/Mercedes aber erfolgreich, wird der weltweite Werbeeffekt das Geld locker wieder reinholen. "Das ganze Thema wird sehr viele Autos verkaufen und sehr viele Leute auf die Qualität des Sterns aufmerksam machen", sagte Mercedes-Sportchef Haug dem "ZDF heute-journal".

Schumi hat deutlich mehr Druck als im August

Was Werbewirkung und Show angeht, bietet das Schumi-Comeback wenig Anlass zur Skepsis. Sportlich sieht das schon etwas anders aus.

Denn dieses Comeback ist nicht mit dem im August geplanten bei Ferrari zu vergleichen. Damals hätte Schumi kaum Druck gehabt. Er wäre der nette Onkel gewesen, der seinen Kumpels bei Ferrari aus der Patsche hilft. Hätte er nebenbei auch noch Rennen gewonnen, umso besser. Einen Platz im Mittelfeld hätte ihm gerade in dem damals schwächelnden Ferrari niemand übel genommen.

Das ist jetzt völlig anders. Schumi steigt wieder voll ein, mit Testfahrten und allem drum und dran. Entsprechend kritisch wird jede seiner Runden beäugt werden. Ist er noch der Alte? Kann er die Rundenzeiten von Vettel und Co. noch fahren? Macht er vielleicht sogar Fahrfehler?

Schumis Ruf könnte beschädigt werden

Das Risiko, sich seinen Ruf zu beschädigen, ist deutlich höher als im Sommer. Der Druck ist da, die Erwartungshaltung ist da. Doch genau diesen Herausforderungen will sich Schumi noch einmal stellen.

"Mein Ziel ist es natürlich, am Ende wieder ganz oben auf dem Treppchen zu stehen", sagt Schumi und macht damit klar, dass er sich seiner Rolle in der kommenden Saison bewusst ist. Mitfahren reicht nicht.

Schumi oder Rosberg - wer nimmt Schaden?

Das gilt vor allem im teaminternen Duell gegen Nico Rosberg. Das sollte Schumacher nicht verlieren, auf keinen Fall deutlich. Auf der anderen Seite sollte aber auch Rosberg nicht zu deutlich gegen Schumacher verlieren, sonst läuft er Gefahr, seinen Ruf als einer der besten jungen Fahrer im Feld zu beschädigen.

Rosberg sagt, er findet Schumachers Comeback "fantastisch". Mal sehen, ob er das nach den ersten Rennen immer noch so sieht.

Teamchef Ross Brawn ist sich dessen sicher: "Nico ist eine unheimlich aufregende Zukunftsaktie. Die Partnerschaft mit Michael sollte für ihn sehr lehrreich und spannend sein. Er wird viel daraus mitnehmen. Ich weiß, dass die beiden sich anstacheln werden, denn sie sind sehr schnelle Fahrer. Ich halte sie für ein großartiges Gespann."

Ist Schumi wirklich topfit?

Bleibt noch die Gesundheit. Schumacher beteuert, topfit zu sein und mit dem Nacken keine Probleme mehr zu haben. Ärzte, die im Zuge des Comebacks von den Medien mit Ferndiagnosen beauftragt wurden, sind da skeptischer. Olympia-Arzt Antonius Kass sprach zum Beispiel von einem "grundsätzlich hohen Risiko" und meinte: "Ich würde an seiner Stelle nicht mehr neu starten. Er kann eigentlich nur verlieren."

Den Medien bleibt nichts anderes übrig, als davon auszugehen, dass ein fast 41-Jähriger genau weiß, was er tut. Denn der GAU wäre selbstverständlich, wenn Schumi zum zweiten Mal ein Comeback absagen müsste.

Buchmacher setzen auf Weltmeister Schumacher

Das will aber niemand hoffen, denn die Vorfreude auf die Teamduelle Schumacher/Rosberg gegen Hamilton/Button, Alonso/Massa und Vettel/Webber lässt sich bei aller Neutralität nicht verhehlen.

Und übrigens, wer wetten will: Schumacher ist beim Weltmeister-Tipp der Buchmacher schon auf Platz drei vor Vettel und Rosberg. Nur Hamilton und Alonso liegen vor ihm. Noch.

Reaktionen auf das Comeback von Michael Schumacher