Schulz: "In Valencia droht ein Geister-GP"

Von Alexander Mey
Michael Schumacher ist elf Jahre lang für Ferrari Formel 1 gefahren
© Getty

Michael Schumachers Formel-1-Comeback ist geplatzt. Ein Schock. Aus medizinischer Sicht tut Schumi natürlich das Richtige, aber er und vor allem Ferrari müssen sich fragen lassen, ob sie sich nicht viel zu sehr der Euphorie hingegeben haben. Sie hätten um die Gefahren wissen müssen und werden jetzt die Konsequenzen tragen.

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Michael Schumacher war in den vergangenen Wochen nicht Michael Schumacher. "Der Kopfmensch Schumacher hat auf seinen Bauch gehört, als Ferrari an seine Emotionen appellierte", schrieb seine Pressesprecherin Sabine Kehm in der "Welt am Sonntag".

Das trifft es. Obwohl Schumi genau wissen musste, wie schwer er sich bei seinem Motorrad-Unfall im Februar verletzt hatte, ließ er sich von seinen alten Freunden überreden, etwas aus seiner Sicht völlig Unvernünftiges zu tun. Etwas, das gegen alles spricht, wofür Schumi in 15 Jahren Formel 1 gestanden hat.

Der oft als Maschine verschriene Schumacher hat auf sein Herz gehört, obwohl ihm der Verstand von Anfang an gesagt haben muss, dass das Comeback in so kurzer Zeit ein Himmelfahrtskommando ist.

(Schumi über sein geplatztes Comeback - die PK, Mittwoch ab 14 Uhr im LIVE-Stream)

Schumacher: "Brüche im Bereich Kopf und Hals"

"Es gibt viel mehr Gründe dagegen als dafür", schrieb Kehm. "Michael hat sie sich selbst bewusst gemacht während seiner Entscheidungsfindung. Und sich dann bewusst darüber hinweg - und damit ins Risiko gesetzt."

Jetzt ist es schief gegangen. Kaum verwunderlich, wenn Schumi jetzt selbst offenbart, im Februar bei seinem Sturz "Brüche im Bereich Kopf und Hals" erlitten zu haben. Zudem spricht Kehm noch von einer Verletzung der Arterie. Ein halbes Jahr danach die Kräfte in einem Formel-1-Auto auszuhalten, scheint nach so einer ernsten Verletzung kaum möglich.

"Das hat sich im Verlauf der Untersuchungen, die wir während der vergangenen beiden Wochen immer wieder angestellt haben, und der Abschluss-Untersuchung gestern Nachmittag deutlich gezeigt", bestätigte Schumacher in seinem Statement.

Aber was will man ihm vorwerfen? Er hat es versucht, hat sich dabei offenbar selbst überschätzt und kehrt nun nach emotionalen Wochen wieder zur Vernunft zurück.

Reaktionen: "Vielleicht fährt er jetzt in Monza"

Ferrari ging noch mehr Risiko als Schumacher

Mindestens ebenso bitter wie für ihn ist das geplatzte Comeback aber für Ferrari. Die Roten haben alles versucht, um die sportlich verkorkste Saison doch noch zu retten, ein Comeback ihres Helden Schumi kam ihnen da gerade recht.

Präsident Luca di Montezemolo und Teamchef Stefano Domenicali haben Schumacher überredet und sich blind darauf verlassen, dass er das mit seinem Nacken schon irgendwie hinbekommen wird.

Die Scuderia ist noch mehr ins Risiko gegangen als Schumacher selbst. Sie haben künstlich einen Hype erzeugt, den die Leistungen auf der Strecke nicht annähernd rechtfertigten.

"Ein massiver Rückschlag für Ferrari"

Umso größer ist jetzt die Fallhöhe. Denn bei allem Respekt vor Luca Badoer. Der Testfahrer ist vor zehn Jahren zum letzten Mal ein Formel-1-Rennen gefahren und war dabei noch nicht einmal erfolgreich. Er wird bis zu Felipe Massas Rückkehr ein Mitläufer sein, der dafür sorgt, dass zwei rote Renner in der Startaufstellung stehen. Mehr nicht.

Anstatt großer Begeisterung wird Ferrari bei den kommenden Rennen - vor allem beim Heimspiel in Monza - wohl große Ernüchterung entgegenschlagen. Ein Jojo-Effekt, der bewirkt, dass die Saison 2009 nach Schumachers Absage endgültig gelaufen ist.

"Das ist ein massiver Rückschlag für Ferrari", bestätigt Sky-Experte Jacques Schulz im Gespräch mit SPOX. "Für den langjährigen Tester Badoer ist das ein verdienter Lohn, aber Marc Gene wäre vielleicht die schnellere Variante gewesen."

In Valencia werden schon Tribünen abgebaut

Und die beim nächsten Rennen in Valencia deutlich attraktivere. Denn er hätte als Spanier wenigstens ein paar seiner Landsleute an die Strecke locken können. Vor allem dann, wenn die FIA die Sperre für Fernando Alonso und sein Renault-Team bestätigen sollte.

Ohne spanische Zugpferde droht in Valencia nämlich der GAU. "Dort werden schon die ersten Tribünen abgebaut. 30.000 Tickets sind bisher gerade mal verkauft. Uns droht dort ein Geister-Grand-Prix", beschreibt Schulz.

"Ohne Vettel sähe es finster aus"

Bei dem TV-Kommentator, der Schumi seine ganze Karriere über begleitet hat, sitzt die Enttäuschung über das geplatzte Comeback tief. "Das ist erschütternd, auch wenn die Gesundheit natürlich vorgeht. Für mich wäre es noch einmal ein emotionales Highlight gewesen, Schumi im Duell der Generationen gegen Sebastian Vettel und Lewis Hamilton fahren zu sehen."

Dass das nun geplatzt ist, passt für Schulz ins Bild der Formel 1, die seit Monaten fast nur noch für negative Schlagzeilen sorgt. "Die Formel 1 verliert an Bedeutung. Wenn wir Vettel nicht hätten, sähe es auf dem deutschen Markt ganz finster aus", sagt Schulz.

Und Vettel fährt ja zum Glück immer noch um Siege und vielleicht sogar den WM-Titel. Davon wird man jetzt, da Schumi doch nicht zurückkommt, wieder häufiger sprechen.

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