Gigantismus mitten in der Wüste

Von Alexander Mey
Das gigantische rote Zeltdach der Ferrari-World leuchtet in der Wüste Abu Dhabis
© ferrari-world

Ferrari betritt Neuland. Ab 2010 wird das leuchtende Rot der Scuderia nicht mehr nur auf den Formel-1-Rennstrecken der Welt zu sehen sein. Es wird weit über die Wüste Arabiens leuchten. Denn 2010 eröffnet in Abu Dhabi die Ferrari-World, ein gigantischer Freizeitpark, in dem sich alles um die roten Flitzer aus Maranello dreht.

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Andy Keelings Augen leuchten. Endlich ist die Zeit gekommen, von etwas Spektakulärem zu berichten. Keeling steht im obersten Stockwerk des Ferrari-Motorhomes. Und er steht vor dem Modell einer Wüstenlandschaft, in deren Mitte sich ein riesiges rotes Segel erhebt.

Das Segel ist ein Zeltdach, 200.000 Quadratmeter groß. Es bedeckt die Ferrari-World, einen gigantischen Freizeitpark mitten in der Wüste, den Keeling leiten wird, sobald er fertig ist. 200.000 Quadratmeter, das ist ungefähr die Hälfte der Fläche des Vatikans - und alles steht im Zeichen der Scuderia Ferrari.

"Wir wollen erreichen, dass die Menschen Ferrari erleben", sagt Keeling im Gespräch mit SPOX. "Sie sollen die Geschichte der Marke kennen lernen, Formel-1- und GT-Autos sehen und sogar das Gefühl haben, selbst ein Formel-1-Auto gefahren zu sein."

Große Präsentation im Herbst geplant

Endlich darf Keeling von seinem bisher mit Abstand größten Projekt erzählen. Endlich ist der Bau der Ferrari-World so weit fortgeschritten, dass man den ersten Schritt der geplanten PR-Offensive gehen kann.

"Als ich im März 2008 zu dem Projekt gekommen bin, war die Ferrari-World nur eine Zeichnung auf einem Blatt Papier", sagt Keeling, der sich zwischen 1998 und 2003 als Leiter der "Warner Brothers Movie World" in Bottrop einen Namen gemacht hat.

Seitdem ist die Ferrari-World so rasant gewachsen, dass der für 2010 geplanten Fertigstellung wenig im Wege steht. Wann genau der Freizeitpark eröffnet werden soll, will Keeling noch nicht verraten. Das hebt er sich "für eine große Präsentation im Herbst" auf. Wahrscheinlich im Umfeld der Formel-1-Premiere in Abu Dhabi Ende Oktober.

Die schnellste Achterbahn der Welt

Aber er hat schon jetzt eine Menge Details offenbart, die neugierig machen. Vor allem Freizeitpark-Fans werden nach dem, was er an Attraktionen enthüllt hat, mit den Hufen scharren.

"Wir haben drei rasante Fahrgeschäfte", beginnt Keeling seine Beschreibung des Innenlebens der Ferrari-World.

1. Der Freefall-Tower: Er bildet das Zentrum der Ferrari-World. Mit 62 Metern Höhe schraubt er sich durch eine Öffnung in der Mitte des Zeltdachs ins Freie. Die einzige Öffnung im Dach übrigens, denn der rundherum verglaste Innenraum ist auf rund 25 Grad klimatisiert. Sonst wäre es mitten in der Wüste schlichtweg zu heiß.

Nur an der Spitze des Towers muss man die Hitze ertragen, was einem aber durch die Aussicht auf einen spektakulären Fall und das Warten in echten Ferrari-Rennsitzen versüßt wird.

2. Die Hochgeschwindigkeits-Achterbahn: 16 Personen pro Fahrt können in einem überdimensional langen Ferrari Platz nehmen. Doch nicht nur Front und Heck sollen an ein Formel-1-Auto erinnern, auch das Tempo. "Wir wollen die Beschleunigung eines Formel-1-Ferraris simulieren", sagt Keeling und kündigt an: "Es wird die schnellste Achterbahn der Welt werden." Die neue Achterbahn auf dem Nürburgring beschleunigt innerhalb von 2,5 Sekunden auf 217 km/h. Die Konkurrenz in Abu Dhabi wird noch rasanter sein. Die Fahrt wird trotz der hohen Geschwindigkeit mit rund 90 Sekunden sogar recht lang dauern.

3. Die Renn-Achterbahn: Ebenfalls rund 90 Sekunden wird eine Fahrt in der zweiten Achterbahn dauern. Hier geht es aber nicht um reine Geschwindigkeit, es geht um eine Rennsimulation. Zwei Ferrari-Straßenwagen liefern sich auf parallel verlaufenden Schienen ein Rennen mit allem drum und dran. Induktions-Motoren sorgen für originalgetreue Beschleunigungs- und Bremsmanöver.

Bootstour durchs Innere eines Ferrari-Motors

So viel zu den Adrenalin-Erfahrungen, die man in der Ferrari-World haben kann. Aber auch für die Bildung der Besucher soll einiges getan werden. Und das in Verbindung mit jeder Menge Spaß.

Die Boots-Tour: In bester "Die Reise ins ich"-Manier werden die Besucher virtuell auf die Größe einer Fliege geschrumpft und ins Innere eines Ferrari-Motors gesaugt. Durch eine Black Box, in der man Licht, Geräusche und sogar Gerüche kontrollieren kann, geht es in einem Boot vorbei an den zwölf Zylindern, den Ventilen und der Nockenwelle bis zum Auspuff. Durch den wird das Boot auf einer Wasserrutsche wieder ans Tageslicht katapultiert.

Die Fabrik: Eine Nachbildung der Fabrik in Maranello soll den Besuchern einen genauen Einblick in die Konstruktion eines Ferraris geben. Hier wird der komplette Ablauf der Produktion nachgestellt.

Das Museum: Für stille Genießer lädt das Museum mit 32 Modellen von Ferrari Renn- und Straßenwagen zum Schwelgen in der Ferrari-Historie ein. Ebenso wie ein Film über das Leben von Enzo Ferrari.

Das Formel-1-Fahrerlager: Wer schon immer glaubte, Rennstrategien viel besser festlegen zu können als die vermeintlichen Superhirne um Ross Brawn oder Ron Dennis, der kann das in der Ferrari-World beweisen. Im Paddock kann jeder seine eigene Rennstrategie festlegen und in einer Simulation mitverfolgen, wie sich Tankstopps und Reifenwechsel auf das Ergebnis auswirken.

Führerscheine für die Kinder

Wer genug hat von rasanten Achterbahnen und Bildung, der kann sich dem Spieltrieb hingeben. Die Ferrari-World befriedigt sowohl die kleinen als auch die großen Kinder.

Spielzeuge für die Kleinen: Hier liegen Keeling vor allem die Fahrschulen am Herzen. Kinder können zunächst in kleinen Ferrari-Straßenmodellen Verkehrs-Grundregeln erlernen und bekommen sogar einen Führerschein ausgestellt. Vertiefen können die Kleinen ihre Kenntnisse dann in der Rennschule. "Dort können sie mich auf dem Zuschauerhügel treffen, wenn ich meiner Tochter zusehe", sagt Keeling.

Ebenso für die kleinen Kinder gedacht ist ein Karussell in der Mitte der Ferrari-World, sowie der so genannte Spiderman-Ride. In einer 3D-Simulation entführt ein magischer Ferrari die Kids in fantastische Gefilde, wie zum Beispiel auf den tiefen Meeresgrund.

F-1-Simulatoren für Schumi und Kimi

Spielzeuge für die Großen: Ein Wort: Simulatoren. Es wird zum einen acht Rennsimulatoren geben, in denen alle jung Gebliebenen Rennen gegeneinander fahren können. Sahnestücke sind aber zwei echte Simulatoren. Der eine läuft in einem originalen Cockpit eines Ferrari 430 GT, in das man sich hineinsetzen kann.

Der andere ist ein echtes Formel-1-Cockpit, in dem man seine Rennfahrer-Qualitäten so realitätsnah wie sonst wahrscheinlich nie erproben kann. "Für diesen Simulator haben sich sogar Michael Schumacher und Kimi Räikkönen schon angemeldet", sagt Keeling.

Investitions-Wettstreit zwischen Abu Dhabi und Dubai

Es gibt viel zu erleben in der Ferrari-World, aber es gibt auch viel zu finanzieren. Wie viele Millionen oder gar Milliarden Euro das Projekt verschlingt, wird nicht verraten.

Bezahlt wird die Anlage nicht von Ferrari, die Scuderia tritt nur die Namensrechte ab. Das Geld kommt von der als zuverlässig und äußerst liquide geltenden Investment-Gruppe "ALDAR". Sie besitzt über 50 Millionen Quadratmeter Land in Abu Dhabi, auf dem sie zahlreiche ambitionierte Projekte verwirklichen will. Sie sollen das Emirat zum Tourismusmagneten Nummer eins der Vereinigten Arabischen Emirate machen und Konkurrent Dubai überflügeln.

Die Neugierde ist geweckt

Zu diesen Projekten gehört übrigens die Gestaltung der gesamten Yas-Insel. Auf der entsteht bei weitem nicht nur die Ferrari-World. Zu ihr gesellen sich die Formel-1-Rennstrecke, ein "Warner-Brothers"-Themenpark und ein Wildwasser-Park.

"Yas Island soll DER Anlaufpunkt für Freizeitaktivitäten in den Emiraten werden", lautet Keelings Ziel.

Auf dem Papier scheint dieses Ziel locker erreichbar. Doch wie wird die Realität aussehen? Die Neugierde ist auf jeden Fall geweckt.

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