Schlupfloch: Schumi testet alten Ferrari

Von Alexander Mey
Michael Schumacher testete den F2007 bereits einmal. Und zwar im Dezember 2007 in Spanien
© xpb

Michael Schumachers Formel-1-Comeback für Ferrari ist weltweit die Sportnachricht der vergangenen Tage. Doch die harte Arbeit beginnt für Schumi jetzt erst. Worauf kommt es für ihn in den kommenden Wochen an? SPOX beantwortet zusammen mit Sky-Experte Marc Surer die wichtigsten Fragen.

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Update Michael Schumachers Ankündigung, dass er den verletzten Felipe Massa bei Ferrari ersetzen wird, hat weltweit für großen Aufruhr gesorgt. Die internationale Presse überschlägt sich und sogar die Sport-Prominenz um Lance Armstrong, Dirk Nowitzki oder Franz Beckenbauer ist begeistert von Schumis Comeback.

Doch während alle Welt jubelt, geht für Schumacher eine harte Zeit des Trainings und der technischen Vorbereitung auf den Europa-GP in Valencia los. Bis zum ersten Training hat er nur drei Wochen Zeit - und zu allem Überfluss herrscht in der Formel 1 im August auch noch absolutes Testverbot.

Schwierige Voraussetzungen also für einen erfolgreichen Start in die neue Mini-Karriere. Aber nichts ist unmöglich.

Schlupfloch: Schumi testet im alten Ferrari

Die erste Klippe hat Schumacher schon umschifft. Er testet schon ab Freitag im Rennsimulator und sogar im Formel-1-Auto auf der Strecke in Mugello.

Wegen des offiziellen Testverbots ist nur eine Probefahrt im historischen F2007 möglich. Den hatte Ferraris Oldtimer-Abteilung F1 Clienti in der Garage stehen. Mit diesem Boliden darf Schumi fahren, da er nicht mehr als aktuelles Formel-1-Auto gilt. Das hilft ihm zwar nicht im Umgang mit KERS und neuer Aerodynamik, aber er kann sich zumindest wieder an die Fliehkräfte gewöhnen, die im Auto wirken. "Ich möchte so viel wie möglich fahren, und da ist das schon mal eine gute Option", sagte Schumacher. Am Vormittag spulte Schumi rund 35 Runden ab.

SPOX beantwortet gemeinsam mit Sky-Experte Marc Surer die wichtigsten Fragen rund um das Comeback von Michael Schumacher.

Was muss Schumi bis zu seinem Comeback alles tun?

Da ist zunächst das Fitnesstraining. Schumi wird ab sofort sein ohnehin schon strammes Trainingsprogramm noch einmal intensivieren und körperlich mit Sicherheit topfit an den Start gehen.

"Wenn er nur faul zuhause vor dem Fernseher gesessen hätte und dick geworden wäre, dann würde ich mir Sorgen machen", sagt Surer. "Aber Michael ist noch voll im Saft. Er ist auch nach seinem Rücktritt im Sport aktiv gewesen und hat daher von seinen Reflexen und seiner Fitness nicht viel eingebüßt."

Problem ist nur sein Nacken. Nach einem Sturz mit dem Motorrad hatte Schumacher lange Schmerzen. Um die restlos zu beseitigen, hat er ein spezielles Trainingsprogramm. "Ich weiß, dass er zu Hause extra für diesen Zweck eine Maschine hat, in die er seinen Kopf einspannt. Zudem habe ich gehört, dass er in den letzten Wochen zweimal Kart gefahren ist. An ernste Nackenprobleme glaube ich also nicht", sagt Surer.

Sicherheit sollen ausführliche Medizinchecks in der Sportklinik in Bad Nauheim bringen. Diese können mehrere Tage dauern. Vorgeschrieben sind sie allerdings von der FIA nicht. Theoretisch könnte Schumi auch ohne medizinisches Okay Rennen fahren.

Was er bis zum 21. August noch braucht, ist die Super-Lizenz. Der Formel-1-Führerschein läuft nämlich nach einem Jahr ohne Rennen ab. Da Schumi aber weiterhin die Kriterien für die Ausstellung einer solchen Lizenz erfüllt, ist eine Erneuerung nur eine Formalie.

Was hat er in den knapp drei Jahren Abstinenz verlernt?

Schumacher hat den großen Vorteil, dass er im Kart und auf dem Motorrad in seinem Ruhestand zahlreiche Rennen absolviert hat. Das hat Reflexe, Kondition und Rennintelligenz geschult. Technisch kommt ihm zugute, dass er immer in die Entscheidungsprozesse des Ferrari-Teams involviert war und daher auf dem neuesten Stand ist.

"Michael ist noch so gut im Team integriert, er kennt jeden Knopf am Lenkrad. Er wird keine Probleme haben, sich zurechtzufinden", sagt Surer und erinnert an die Erkenntnisse vom Ungarn-GP: "Erinnern Sie sich an Jaime Alguersuari. Er ist ohne Erfahrung ins Auto gestiegen und war von Anfang an ganz gut dabei. Formel 1 zu fahren ist also so schwierig auch wieder nicht, wenn man das nötige Talent hat."

Davon sollte Schumi selbst mit 40 noch ein bisschen mehr haben als der 19-jährige Spanier.

Kann er das Testverbot irgendwie umgehen?

Nein. An einen Test mit dem aktuellen Auto ist nicht zu denken. Testfahrten während der Saison sind generell verboten, im August kommt auch noch der Zwangsurlaub der F-1-Teams dazu. In dieser Zeit gibt es nicht einmal Aerodynamik-Tests auf gerader Strecke.

Als Ausweg bliebe nur Heimlichtuerei, doch davon rät Surer ab: "Eine Testfahrt geheim zu halten, ist unmöglich. Selbst wenn man eine Strecke exklusiv mietet, gibt es immer irgendjemanden, der dort lauert. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass Ferrari in diesem Punkt trickst. Ich glaube aber auch nicht, dass Michael das nötig hat."

Ganz verzichten will er aber nicht. Er und Ferrari haben ein Schlupfloch im Reglement gefunden, das es ihnen erlaubt, in einem historischen Ferrari F2007 in Mugello zu fahren. Das wird ab Freitag passieren. Das bringt keine Erkenntnisse über das aktuelle Auto, aber es ermöglicht Schumacher, sich wieder an die Fliehkräfte zu gewöhnen.

Die Grundschnelligkeit sollte Schumi ohnehin noch haben. Alles, was zählt, ist Übung, Übung, Übung. Dabei wird ihm vor allem der Rennsimulator im Fiat-Forschungszentrum in Turin helfen.

"Der Simulator ist das wichtigste Trainingsinstrument. Dort kann man alles durchspielen: unterschiedliche Abstimmungen, unterschiedliche Programme. Sogar das Fahrverhalten des Autos wird realistisch wiedergegeben. Er hat auch alle seine Knöpfe am Lenkrad", sagt Surer. "Er wird so lange durch die Gegend fahren, bis er alles im Schlaf kennt, auch die Strecke in Valencia."

Was kann er für Ferrari sportlich und technisch erreichen?

Bei seinem Manager Willi Weber geht die Angst davor um, dass sich Schumi blamieren und seinen Ruf zerstören könnte. Diese Befürchtung teilen alle Experten durch die Bank aber nicht.

Auch Surer nicht: "Für ihn ist das alles nichts Neues. Er wird einsteigen und gleich wieder zu Hause sein. Sein Maßstab ist Kimi Räikkönen. In seine Nähe wird er sicher kommen." Eine Sache gibt er allerdings zu bedenken: "Auch er wird aus dem Ferrari kein Wunderauto machen."

Aus dem 2009er Ferrari nicht mehr. Aber je länger Schumacher 2009 noch fährt, desto mehr Informationen kann er für die Entwicklung des 2010er Autos an die Ingenieure weitergeben. "Mit seiner Erfahrung kann er in der Tat sehr viel technischen Input geben", ist Surer überzeugt.

Ist sein Comeback wirklich zeitlich begrenzt?

Wenn er schon technischen Input liefert und selbst sagt, dass er sich auf die Herausforderung freut: Warum soll er dann nicht auch 2010 noch fahren? Klar, dass diese Frage vor allem in den Boulevard-Medien sofort aufkommt, aber ebenso umgehend trudelte das Dementi ein.

Manager Weber sagte: "Nach Aussagen von Ferrari wird es nur so lange dauern bis Massa wieder fit ist."

Aber wie lange wird das sein? Massas Genesung schreitet sehr gut voran, aber seriöse Aussagen über einen möglichen Comeback-Zeitpunkt kann niemand machen.

Vor diesem Hintergrund fing Motorsport-Urgestein Klaus Ludwig schon einmal an zu träumen: "Ich traue ihm zu, dass er in diesem Jahr noch einen Grand Prix gewinnt und halte es auch nicht für ausgeschlossen, dass im nächsten Jahr das Traumduo Fernando Alonso und Michael Schumacher im Ferrari-Cockpit sitzt."

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