Sonne, Sintflut, Abschiedsschmerz

Von SPOX
Als McLaren-Mercedes noch schnell war: Lewis Hamilton rast 2008 zum Sieg in Silverstone
© Getty

Jenson Button eilt von Sieg zu Sieg - und jetzt hat er beim Großbritannien-GP auch noch Heimvorteil. Ob ihm dieser Rückenwind verleiht oder zur Last wird, was der WM-Leader zum letzten Rennen in Silverstone sagt, was vom englischen Wetter zu halten ist und wie die Politik die Schlagzeilen bestimmt, steht in den Brennpunkten.

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Wer schafft den großen Sprung? McLaren-Mercedes wird es nicht sein. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass die Silberpfeile noch weiter an Boden verlieren, denn das geplante Update-Paket lässt weiter auf sich warten, während der Rest der Konkurrenz mehr oder weniger große Fortschritte gemacht haben dürfte.

Lewis Hamilton ist immerhin froh, dass man inzwischen herausgefunden hat, warum der MP4-24 so lahm ist. Die Lösung fürs Problem wird aber noch auf sich warten lassen, weshalb der Vorjahressieger und amtierende Weltmeister ganz vage auf ein Top-Ten-Ergebnis hofft.

Wesentlich optimistischer geht Ferrari das achte Saisonrennen an. Ein neueres leichteres Chassis am Wagen von Felipe Massa, ein neuer Frontflügel, eine neue Radaufhängung und Gerüchten zufolge auch eine leichtere KERS-Version sollen den Sprung nach vorne bringen. Massa glaubt zudem, dass man aus den Fehlern von Istanbul gelernt habe und eine ganze Ecke weiter sei als noch vor zwei Wochen.

Kimi Räikkönen liebäugelt mit einem Podestplatz, hält einen Sieg über Brawn allerdings für utopisch. Da dürfte der Finne wohl richtig liegen, zumal der WM-Leader sich ja nicht auf seinen Lorbeeren ausruht. "Wir haben im Laufe der letzten Wochen in aller Stille Fortschritte gemacht. Wir halten eine ganze Serie an Verbesserungen bereit, inklusive neuer Front- und Heckflügel für das Rennen an diesem Wochenende", berichtet Teamchef Ross Brawn.

Deutsche Chancen: Große Vorfreude, wohin man blickt und lauscht. Williams-Pilot Nico Rosberg freut sich auf eine echte Fahrerstrecke und rechnet sich gute Chancen aus: "Unser Auto funktioniert auf solchen Strecken in diesem Jahr am besten."

Genau das Gleiche sagt Timo Glock über seinen Toyota. Der 27-Jährige will auf den Fortschritten aufbauen, die sich beim Türkei-GP zuletzt zeigten, als Kollege Jarno Trulli Vierter und Glock selbst Achter wurde. Um besser als in Istanbul abzuschneiden, muss der Deutsche aber im Qualifying deutlich besser abschneiden.

Red Bull sollte Brawn auf dem Highspeed-Kurs Paroli bieten können, dann aber müssen fahrerische (Sebastian Vettel) und strategische Fehler abgestellt werden.

Ungleiches britisches Duell: Hamilton kommt als Weltmeister zu seinem Heimat-GP, doch der große Star ist der 23-Jährige ja nicht mehr. Button hat ihn nicht nur auf der Strecke abgelöst, sondern auch in Sachen Fangunst überholt. Das Verhältnis zwischen den beiden ist aber ganz entspannt. Button lobte Hamilton für dessen tolle Leistungen in der Vorsaison, und Hamilton erzählte davon, dass er als junger Kartfahrer zum bereits beachtlich erfolgreichen Button aufgeschaut habe und ihm den Sieg in Silverstone gönnen würde.

Ex-Formel-1-Champion Damon Hill macht sich unterdessen Sorgen um Buttons Nervenkostüm. Die Erwartungshaltung des britischen Publikums könnte sich hemmend auswirken, glaubt der 48-Jährige und verweist auf den sogenannten Vorführeffekt, nach dem eine Sache gerade dann schief zu gehen droht, wenn man sie besonders gut machen will.

Englisches Wetter: In Silverstone ist alles möglich. Strahlender Sonnenschein und sintflutartiger Regen. Gerne auch beides an einem Nachmittag. Erinnert sei an das Regenchaos vom letzten Jahr, als Hamilton am Ende die besten nautischen Fähigkeiten an den Tag legte und überlegen siegte, als Nick Heidfeld in sensationeller Manier auf Platz zwei kraulte und sich Massa im Ferrari so oft drehte, dass er seekrank wurde. Auch in diesem Jahr besteht wieder Regenrisiko und damit die Hoffnung beim ein oder anderen Konkurrenten, gegen Button anstinken zu können, was bei trockenen Bedingungen wohl unmöglich sein dürfte.

Goodbye Silverstone: Zum vorerst letzten Mal heulen die Motoren in Silverstone auf. 59 Jahre nach dem ersten Rennen. Ab der kommenden Saison ist Donington der Austragungsort des Großen Preises von Großbritannien. Kaum jemand macht einen Hehl aus seinem Bedauern um den Kurs auf der ehemaligen Luftwaffenbasis.

Button spricht aus, was viele aktive und frühere Piloten empfinden: "Silverstone ist eine der Rennstrecken der alten Schule. Da können die neuen Strecken nicht mithalten. Daher finde ich es schade, dass wir Silverstone verlieren sollen."

Noch ist das Ende der Strecke nicht endgültig, da sich die Umbaumaßnahmen in Donington Park noch hinziehen. Dennoch ist der erste GP seit 1993 dort für Juli 2010 geplant. Insgesamt 17 Jahre soll die Zusammenarbeit zwischen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone und Donington Park Ventures laufen.

Störfaktor Politik: Etwas mehr andächtiges Schweigen und Schwelgen hätte sich der altehrwürdige Kurs bei seiner Derniere schon verdient, doch stattdessen bestimmt das politische Gekeife im Streit zwischen FOTA und FIA die Schlagzeilen. "Was immer auf der Strecke an diesem Wochenende passiert, die aktuelle politische Situation des Sports wird wieder die Überschriften bestimmen", sagt etwa Massa.

Ausgerechnet an diesem Wochenende wird über die Zukunft der Formel 1 entschieden. Am Sonntag soll verkündet werden, wer endgültig 2010 mit dabei sein wird. Sollte es nicht noch wie durch ein Wunder eine Lösung in dem Konflikt um die geplante Budgetobergrenze von 45 Millionen Euro geben, kann es zum großen Knall kommen. Ferrari, Red Bull, Toro Rosso, Toyota, Renault, BMW-Sauber, Brawn GP und McLaren-Mercedes wären raus aus der Königsklasse.

So steht's in der WM