"Immer und überall gewinnen"

SID
Fuhr am 25. August 2006 sein erstes Formel-1-Rennen: Sebastian Vettel
© Getty

Vor dem Europa-Start spricht Sebastian Vettel über seine Rückkehr nach Deutschland, die Vorbereitungen auf das Rennen in Barcelona und den Verlauf der Saison.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Frage: Wie war das Gefühl, nach der erfolgreichsten Woche Ihrer Karriere wieder nach Hause zu kommen? Hatten Sie Gelegenheit, die Erlebnisse aus China und Bahrain noch einmal in Ruhe Revue passieren zu lassen?

Sebastian Vettel: Es ist natürlich ein schönes Gefühl. Familie und Freunde teilen die Freude mit einem. Aber man lebt nicht in Erinnerungen, in der Formel 1 geht es immer weiter. Wer rastet, der rostet. Also habe ich die Zeit mehrheitlich genutzt, um mich vorzubereiten.

Frage: Waren Sie auch zu Hause in Heppenheim? Wie sind Sie dort empfangen worden?

Vettel: Wenn ich zu Hause bin, geht es eher ruhiger zu. Ich brauche keinen Rummel um meine Person.

Frage: Wie sehen Sie selbst nach den ersten vier Rennen Ihre Chancen in dieser Saison? Was ist mit Red Bull möglich? Auch der WM-Titel

Vettel: Ich denke, wir haben von Anfang der Saison an gezeigt, dass wir ein gutes Auto haben. Ich bin überglücklich darüber. Die Autos sind aber noch frisch und stehen am Anfang ihrer Entwicklung. Jetzt muss man bei den nächsten Rennen weitersehen, wie sich die Kräfteverhältnisse entwickeln werden. Derjenige, der am Ende die meisten Punkte gesammelt hat, wird die WM gewinnen. Vier Rennen liegen hinter uns und 13 vor uns. Es wird ein langer, harter Weg, Ziel ist es, immer und überall zu gewinnen, das auch im Hinblick auf die WM.

Frage: Ärgern Sie sich im Nachhinein jetzt noch mehr über den Unfall in Melbourne mit Robert Kubica und die dort verpassten Punkte?

Vettel: Nein. Ich bin niemand, der lange Dingen hinterherschaut. Sonntagabend war das Thema abgehakt, es wurde nach vorne geschaut.

Frage: Wie wird Ihr Auto für Barcelona verbessert?

Vettel: In England laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das Team arbeitet hart. Für Barcelona wird es Veränderungen am Auto geben. Aber wir lassen uns überraschen, denn viele Teams versprechen sich dort einen großen Schritt.

Frage: Einen Doppel-Diffusor hat Ihr Chef-Konstrukteur Adrian Newey frühestens für Monte Carlo angekündigt. Ist das ein Problem?

Vettel: Das ist kein Problem. Ich denke, wir haben schon bei den letzten Rennen gezeigt, dass wir auch ohne Doppel-Diffusor ein sehr konkurrenzfähiges Auto haben. Das Design-Team weiß, wo das Auto noch zu verbessern ist, da mach' ich mir keine Sorgen.

Frage: Was ist mit KERS?

Vettel: Bisher sind wir ohne KERS ausgekommen. KERS-Autos haben einen Vorteil beim Start oder wenn man eine Position verteidigt, es ist schwierig, ein KERS-Auto zu überholen. Bisher haben wir noch kein Datum, an dem wir zum ersten Mal KERS einsetzen werden.

Frage: Wie ist Ihr Verhältnis mit Ihrem Teamkollegen Mark Webber, den Sie in den ersten Rennen klar im Griff hatten?

Vettel: Sehr gut. Er ist sehr schnell, sehr erfahren. Ich kann immer noch von ihm lernen.

Frage: Ist es nach dem guten Saisonauftakt schwieriger, die sicher zahlreicher gewordenen Anfragen und Interviewwünsche selbst zu koordinieren? Können Sie weiterhin allein ohne Manager Ihre Angelegenheiten regeln?

Vettel: Da Sie Antworten für Ihre Fragen bekommen, scheint das mit der Koordination noch hinzuhauen. Was den Manager betrifft: Ein sogenannter Manager ist für mich mehr als jemand, der sich nur um Finanzen und so weiter kümmert. Es sollte in erster Linie ein Jemand sein, dem man zu hundert Prozent vertrauen und mit dem man über alles reden kann. Diese Menschen gibt es für mich. Ich sehe im Moment nicht, dass ich daran etwas ändern müsste.

Frage: Wenn Teams wie Ferrari oder McLaren-Mercedes Sie verpflichten wollten, müssten Luca di Montezemolo oder Norbert Haug also bei Ihnen selbst anrufen?

Vettel: Richtig.

Frage: Wie gehen Sie mit den neuen Spekulationen um, Sie könnten nach 2010 in einem Ferrari sitzen?

Vettel: Ich gehe die Dinge Schritt für Schritt an und lasse mich nicht von Spekulationen beeinflussen. Mein Ziel ist es, im bestmöglichen Auto zu sitzen und Rennen zu gewinnen. Ich bin im Moment gut aufgehoben dort, wo ich bin.

Frage: Wäre ein Platz bei Ferrari oder in einem Silberpfeil ein Traum oder ist die Loyalität gegenüber Ihrem langjährigen Förderer Red Bull größer?

Vettel: Ich fahre für Red Bull, die mich seit Jahren unterstützen und die es mir ermöglicht haben, in die Formel 1 einzusteigen. Ich fühle mich wohl aus dem Grund, dass das Auto eines der besten im gesamten Feld ist. Red Bull Racing hat großes Potenzial. Es liegt an uns Fahrern und am ganzen Team, dieses Potenzial richtig zu nutzen und das Beste rauszuholen. Ich will die Weltmeisterschaft gewinnen und der Beste auf der Strecke sein.

Frage: In dieser Saison sind die drei Top-Teams des vorigen Jahres noch weitgehend hinterhergefahren. Wem aus dem Trio Ferrari, McLaren-Mercedes und BMW-Sauber trauen Sie am ehesten zu, schnell wieder zur Spitze aufzuschließen?

Vettel: Der am besten und schnellsten entwickelt, wird am Ende am ehesten vorne sein.

Frage: Welche anderen Teams sind denn für Sie im Moment die gefährlichsten Gegner?

Vettel: Ich denke, jeder hat das gleiche Ziel, und deswegen muss man jedes Team als ernsten Gegner sehen. Um Nummer 1 zu sein, müssen wir alle schlagen. Im Moment sind die Jungs von Brawn noch leicht vorne, aber dahinter ist es sehr eng und hart umkämpft.

Frage: Bei den Fahrern gehört zu Ihren Gegnern auch Timo Glock, der ja nur einen Steinwurf von Heppenheim entfernt groß geworden ist und mit Ihnen nun um den Titel des schnellsten Hessen in der Formel 1 kämpft...

Vettel: Es geht nicht um eine hessische Meisterschaft. Toyota ist ein starkes Team. Aber wie bereits erwähnt, willst du siegen, musst du alle schlagen. Auch die Hessen.

Frage: Einer Ihrer größten Fans ist Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Hat er Ihnen selbst auch schon einmal gesagt, dass Sie für ihn ein kommenden Weltmeister sind?

Vettel: Wir verstehen uns sehr gut. Er hat mir schon des Öfteren mit gutem Rat zur Seite gestanden. Um aber auf die Frage zurückzukommen: Nein.

Frage: "Hat Ecclestone mit seiner Einschätzung Recht?"

Vettel: "Natürlich freut es einen, zu lesen oder zu hören, wenn jemand wie Bernie Ecclestone so etwas sagt. Aber ich sehe das sehr verhalten, denn meiner Meinung nach macht es mich auf meiner nächsten Runde nicht schneller. Ich muss mich genau so anstrengen wie zuvor und kriege deswegen auch nichts geschenkt."

Mario Theissen: "Vettel ist WM-Favorit"