Wer soll Button jetzt noch stoppen?

Von Alexander Mey
Jenson Button holte bislang 41 von 45 möglichen WM-Punkten
© Getty

Jenson Button und Brawn GP waren auch beim Spanien-GP nicht zu stoppen. Nach vier Siegen in fünf Rennen führen Button und das Team die WM-Wertungen mit riesigem Vorsprung an. Offiziell redet bei Brawn GP noch niemand vom WM-Titel, aber was soll den Emporkömmling der Saison eigentlich noch stoppen? Weltmeister Brawn GP - ein Pro und Contra.

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Vier Finger reckte Jenson Button nach dem Triumph in Barcelona nach oben. Vier Siege in fünf Rennen, da kann man auch einmal stolz sein.

Umso mehr, wenn man seinen Vorsprung in der Fahrer-WM auf 14 Zähler ausgebaut hat. 41 Punkte hat Button auf dem Konto, es folgen Teamkollege Rubens Barrichello (27) und Sebastian Vettel (23).

Dazu baute Brawn GP durch den Doppelsieg in Barcelona den Vorsprung in der Konstrukteurs-WM auf 29,5 Punkte aus. Gegen Red Bull steht es 68 zu 38,5.

Hier geht's zum kompletten WM-Stand

WM-Titel wird endgültig zum Thema

"Im Moment läuft einfach alles für mich", sagte Button zu seinem fast schon beängstigenden Lauf. Teamchef Ross Brawn sah eine "fantastische Art, die Europa-Saison zu beginnen."

Barcelona könnte der Knackpunkt in der Saison gewesen sein. Die Top-Teams wollten den Rückstand auf Brawn GP aufholen, sie haben es nicht geschafft. Jetzt müssen sich Ross Brawn und Jenson Button endgültig an den Gedanken gewöhnen, Weltmeister werden zu können.

Jetzt nachlesen: So lief das Rennen in Barcelona

Was spricht für Champions in weiß und gelb? Was kann Button und Brawn GP noch stoppen? SPOX stellt Pro und Contra gegenüber.

Button und Brawn GP werden Weltmeister, weil...

...die Statistik es sagt:

Das letzte Mal, dass ein Fahrer einen 14-Punkte-Vorsprung nach fünf Saisonrennen auf den WM-Zweiten noch verspielt hat, ist schon 21 Jahre her. 1988 fing Ayrton Senna den um 15 Punkte enteilten Alain Prost noch ab.

In der Konstrukteurs-WM ist noch niemals ein so großer Vorsprung, wie Brawn GP ihn hat, hergeschenkt worden.

...die Top-Teams den Anschluss nicht geschafft haben:

Ferrari, BMW-Sauber und McLaren-Mercedes wollten zum Europa-Auftakt Brawn GP einholen, sie sind alle gescheitert. Am ehesten hätte Ferrari Button und Barrichello gefährden können, doch die Roten schlugen sich durch eigene Fehler in Qualiying (Räikkönen) und Rennen (Benzin-Panne bei Massa). Folge: Alle drei Teams haben den Titelkampf offiziell schon aufgegeben.

Die Stimmen zum Rennen in Barcelona

"Im Moment können wir noch nicht einmal Rennen gewinnen, da brachen wir an den Titelkampf nicht zu denken", sagte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen schon vor dem Spanien-GP.

Ferrari-Pilot Felipe Massa sagte nach dem Rennen in Barcelona: "Selbst wenn wir uns massiv verbessern und drei oder vier Zehntel vor ihnen liegen, werden sie weiter Punkte holen. Das können wir vergessen."

Auch Lewis Hamilton ließ nach Platz neun in Barcelona den Kopf hängen und sagte der "BBC": "Es ist ein Jammer, dass mir mein Team kein Auto gegeben hat, mit dem ich meinen Titel verteidigen kann. Das Auto ist so schlecht, da besteht keine Hoffnung mehr."

...die erste Weiterentwicklung des Brawn seit dem Saisonstart eingeschlagen hat:

Brawn GP konnte während der Übersee-Rennen das Auto aus finanziellen und logistischen Gründen nicht verbessern. Folglich schmolz der Vorsprung bis zum Bahrain-GP. Aber: "Das Team hat großartige Arbeit geleistet, und mit diesem Paket kann man sehen, dass wir unseren Vorteil wieder zurückgeholt haben", sagte Button.

...Hauptverfolger Sebastian Vettel viele Punkte liegen lässt:

Sechs Punkte in Australien weggeworfen, in Bahrain einen möglichen Sieg am Start verspielt, in Barcelona mindestens einen zweiten Platz am Start verspielt. Rechnet man diese Punkte zusammen, hätte Vettel anstatt 18 nur fünf Zähler Rückstand auf Button. Zwar hat Vettel auch so ein jederzeit siegfähiges Auto, aber 18 Zähler muss er erst einmal aufholen.

Button und Brawn GP werden noch gestoppt, weil...

...auch die Statistik es sagt:

Zum Glück für Buttons Gegner kann man Statistiken meistens in zwei Richtungen interpretieren. So auch in diesem Fall. Es hat zwar seit 21 Jahren kein Fahrer mehr einen 14-Punkte-Vorsprung nach fünf Rennen auf den WM-Zweiten verspielt, es hat aber sehr wohl ein späterer Weltmeister geschafft, einen solchen Rückstand aufzuholen.

Und zwar erst vor kurzem. Kimi Räikkönen lag 2007 als WM-Vierter nach fünf Rennen 15 Punkte hinter Lewis Hamilton. Hoffnung also zum Beispiel für Vettel, dem zurzeit 18 Punkte auf Button fehlen.

...die härtesten Gegner noch mehr Entwicklungspotenzial haben:

Red Bull hatte in Barcelona so gut wie keine Neuerungen am Auto und hätte Brawn GP bei optimalem Rennverlauf trotzdem schlagen können. Kommen bei Red Bull erst einmal der Doppel-Diffusor und weitere Updates, dann könnte der Vorsprung von Vettel auf Button deutlicher werden. "Die Jungs in der Fabrik arbeiten Tag und Nacht", sagte Teamchef Christian Horner.

Das tun auch die Ingenieure bei Ferrari. Das Auto der Scuderia hat schon in Barcelona einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht, und die Roten haben deutlich größere Ressourcen als Brawn GP.

Ferrari wie auch McLaren-Mercedes und BMW-Sauber können vielleicht selbst nicht mehr Weltmeister werden, sie können aber sicher im Laufe des Jahres noch Rennen gewinnen und so im WM-Kampf Zünglein an der Waage spielen.

Angesichts der Bedrohung von hinten warnt Teamchef Ross Brawn: "Wir hatten das Glück, die Messlatte zu legen, aber alle anderen haben aufgeholt. Ich bin sicher, dass jemand kommen wird, der die Messlatte höher legt. Dann müssen wir in der Lage sein zu antworten."

...es Probleme im eigenen Team geben könnte:

Rubens Barrichello könnte im Laufe der Saison zu einem Problem für die Harmonie bei Brawn GP werden. Der als ewige Nummer zwei verschriene Brasilianer sieht schon wieder seine Felle gegen Button davonschwimmen und befürchtet Stallorder gegen ihn.

"Ich hatte das Rennen in der Hand und habe mich schon gewundert, dass das Team Jensons Strategie auf zwei Stopps geändert hat", sagte Barrichello nach Platz zwei in Spanien. "Das würde ich gerne verstehen."

Zwar beteuerte das Team umgehend, dass die Strategie von Button nichts mit Stallregie zu tun hatte. Barrichello stellte aber trotzdem in Erinnerung an bittere Ferrari-Zeiten unter Ross Brawn vorsorglich klar: "Ich werde keinen Team-Anordnungen mehr folgen. Dass das ein für allemal klar ist!"

Und mehr noch, er drohte Brawn sogar mit Ausstieg: "Ich habe ihm gesagt, dass ich den Helm an den Nagel hänge, wenn er irgendwas gemacht hat, damit Jenson das Rennen gewinnt." Nimmt ein trotziger Barrichello irgendwann Button wichtige Punkte weg?

Wird die unglaubliche Geschichte Realität?

Fazit: Es gibt sie noch, die Hoffnungsschimmer für die Gegner von Brawn GP und alle neutralen Fans, die eine spannende WM-Entscheidung 2009 erleben wollen.

Allerdings gibt es auch eine ganze Menge Anzeichen dafür, dass das Jahr der großen Regeländerungen auch zum Jahr der großen WM-Sensation werden könnte. Ein Team auf dem Thron, das es wenige Wochen vor Saisonstart in der Form überhaupt noch nicht gab. Ein Fahrer auf dem WM-Thron, dessen Formel-1-Karriere vor der Saison schon am seidenen Faden hing.

Eine unglaubliche Geschichte wäre es allemal.

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