Whitmarsh denkt an Rücktritt

SID
Martin Whitmarsh hatte nach der "Lügen-Affäre" viele Fragen zu beantworten
© Getty

Die "Lügen-Affäre" um Weltmeister Lewis Hamilton könnte nach McLaren-Sportdirektor Dave Ryan auch Teamchef Martin Whitmarsh den Job kosten.

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Teamchef Martin Whitmarsh bietet seinen Rücktritt an, Lewis Hamilton wollte die Silberpfeile angeblich verlassen, und der Automobil-Weltverband FIA denkt an weitere Sanktionen: McLaren-Mercedes kommt trotz der Lügen-Beichte des Weltmeisters nicht zur Ruhe.

Er sei bereit, seinen Rücktritt anzubieten, sagte Whitmarsh am Sonntag in Kuala Lumpur. "Langfristig werde ich mir meine Zukunft gründlich überlegen, aber das habe ich nicht nur selbst in der Hand. Es liegt an den Teilhabern des Teams, sich eine Meinung zu bilden und zu entscheiden, was das Beste ist", sagte der Brite, der erst vor wenigen Wochen das Erbe von Ron Dennis angetreten hatte.

Hamilton stand kurz vor dem Abschied

Der geschockte und bitter enttäuschte Hamilton stand nach seiner Disqualifikation in der "Lügen-Affäre" um das Rennen in Melbourne anscheindend kurz vor seinem Abschied von McLaren-Mercedes oder sogar dem kompletten Rücktritt. Nach einem Bericht der "Sunday Times" soll sich Hamiltons Vater und Manager Anthony mit FIA-Präsident Max Mosley über solche Konsequenzen unterhalten haben.

Hamilton fühlte sich von seinem Team fehlgeleitet, nachdem er von dem inzwischen suspendierten Sportdirektor Dave Ryan zu einer falschen Aussage bei den Renn-Kommissaren angestiftet worden war.

Whitmarsh zweifelt den "Times"-Bericht allerdings an: "Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Bericht wahr ist. Ich glaube es nicht."

Die FIA hat in der "Lügen-Affäre" inzwischen einen Bericht der Sportkommissare angefordert. Dieser wird laut Mosley genau studiert. Sollte der Weltverband dann feststellen, dass McLaren-Mercedes dem Ansehen des Sports geschadet hat, sind weitere Sanktionen möglich: Geldstrafe, weiterer Punktabzug, schlimmstenfalls droht dem Team sogar der WM-Ausschluss.

Mosley rechnet mit Bericht an FIA-Weltrat

Er habe die Unterlagen bisher noch nicht erhalten, sagte Mosley am Rande der Portugal-Rallye. Er könne sich aber vorstellen, dass es in dieser Angelegenheit einen Bericht an den FIA-Weltrat gibt. "Wenn es einen gibt, werde ich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit eine der Personen sein, die darüber entscheidet, was passiert", meinte der 68-jährige Brite.

Dass sich der FIA-Präsident nun selbst einschaltet, könnte für die Silberpfeile kein gutes Ende nehmen. Denn es ist bekannt, dass Mosley und McLaren seit Jahren auf Konfrontationskurs steuern. Der Höhepunkt war die Rekordgeldstrafe von 100 Millionen Dollar gegen McLaren-Mercedes wegen der Spionage-Affäre.

Mosley betont jedoch, dass es keine persönliche Fehde gebe. Ihm gehe es nur um die Regeln. "Wir versuchen, sicherzustellen, dass sich jeder so benimmt, wie er es tun sollte", sagte Mosley. Der gelernte Jurist räumt zwar ein, dass das System nicht perfekt sei, doch die FIA tue immer ihr Möglichstes, um sicherzustellen, dass alle den Regeln genügen.

Mosley: "Ich würde nicht sagen, dass wir strikter sind als in der Vergangenheit, aber vielleicht haben wir nun bessere Leute." Dass Hamilton sich vor der Weltpresse entschuldigt hat, habe der Weltverband positiv bewertet, sagte ein FIA-Sprecher. Dennoch gibt die Affäre weitere Rätsel auf.

Whitmarsh hätte Bescheid wissen müssen

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh beteuert, dass er nicht darüber informiert gewesen sei, was Hamilton und sein inzwischen suspendierter Sportdirektor Dave Ryan den Sportkommissaren bei der Anhörung erzählt hätten. Insider vermuten allerdings, dass Whitmarsh als Boss über alles Bescheid gewusst haben muss.

Bitter ist die Situation für Mercedes. Die Stuttgarter hatten wie bei der Spionage-Affäre von den Vorgängen auch diesmal überhaupt keine Ahnung, dennoch werden sie jetzt mit an den Pranger gestellt. Der Imageverlust für die renommierten Silberpfeile ist nur schwer abzuschätzen.

"Ich stehe in permanentem Kontakt mit Stuttgart und berichte direkt an Vorstandschef Dr. Dieter Zetsche", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug.

"Es stehen erneut Fragezeichen hinter dem Team und seinen leitenden Mitarbeitern. Dieser neue Lügen-Skandal wird Auswirkungen auf die Atmosphäre innerhalb der McLaren-Gruppe, den Sponsoren und Mercedes-Benz haben", sagte der ehemalige McLaren-Mercedes-Pilot David Coulthard.

Für Mario Theissen wirft die Situation kein gutes Licht auf die Formel 1. "Es war immer so, dass die Formel 1 von unvorhergesehenen Dingen und Irregularitäten gelebt hat. Die Diskussionen, die dadurch in der Öffentlichkeit entstehen, gehören dazu. Aber was da im Moment auf dem Tisch ist, ist zu viel", meint der BMW-Motorsportdirektor: "Ich hoffe sehr, dass wir die Situation schnell hinter uns lassen."

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