"Fehlen noch die Frau und der Chinese"

SID
Formel-1-Boss Bernie Ecclestone wäre sehr traurig, würde Hockenheim aus dem GP-Kalender fallen
© Getty

Im Interview mit dem "sid" spricht Bernie Ecclestone über die Situation in der Formel 1 in Zeiten der Wirtschaftskrise und die Zukunft der Königsklasse in Deutschland.

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Formel-1-Boss Bernie Ecclestone spricht im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst "sid" über die Zukunft der Königsklasse in Deutschland, Europa, Asien und Amerika und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise.

sid: Deutsche Fahrer sind erfolgreich, deutsche Rennstrecken haben aber Probleme. Hockenheim benötigt sechs Millionen Euro für das Rennen 2010, sonst steht die Startampel auf Rot. Wie sehen Sie die Situation?

Bernie Ecclestone: Viele Unternehmen in Deutschland haben momentan finanzielle Probleme, oder? Ich hoffe, es fällt eine gute Entscheidung für Hockenheim. Andererseits wäre es schwierig für sie, mit dem Nürburgring zu konkurrieren, wenn eine Strecke unterstützt wird und die andere nicht.

sid: Sie könnten Hockenheim helfen und die Lizenzgebühr reduzieren. Wie klingt das für Sie?

Ecclestone: Es ist an der Regierung, ihnen zu helfen. Ich kann nicht verstehen, warum das nicht passiert.

sid: Wären Sie traurig, wenn Hockenheim aus dem WM-Kalender verschwindet?

Ecclestone: Ja, das wäre eine große Enttäuschung für mich. Wir haben viel für Hockenheim getan und waren dort auch Promoter.

sid: Was wäre, wenn Deutschland bald gar kein Formel-1-Rennen mehr hätte?

Ecclestone: Wir haben auch kein Rennen mehr in Frankreich. Das spiegelt die ökonomische Lage Europas wider. Ich habe das schon vor langer Zeit gesagt. Europa könnte zu einer Dritte-Welt-Wirtschaft werden.

sid: Sie haben Frankreich angesprochen. Dort scheint man sich jetzt auf einen Platz für eine neue Rennstrecke geeinigt zu haben. Könnte es bis 2011 klappen, den Grand Prix nach Frankreich zurückzubringen?

Ecclestone: Ich weiß nicht. Es gibt noch Proteste von Anwohnern und dem Bürgermeister. Aber immerhin unterstützt der Ministerpräsident das Projekt. Das ist sehr wichtig. Sie haben die Strecke noch nicht gebaut, sondern gerade mal das nötige Land gekauft.

sid: Gefällt Ihnen die Idee eines Rennens in Rom?

Ecclestone: Ja, das könnte großartig werden. Es ist gut, solche Rennen in Städten zu haben. Das Interesse ist groß.

sid: Würde ein Grand Prix in Rom zusätzlich zum Rennen in Monza stattfinden oder anstatt Monza?

Ecclestone: Zusätzlich.

sid: Sie mögen Stadtrennen. Wie steht es mit Ihrem Plan von einem Rennen in London? Ist das möglich?

Ecclestone: Es gibt Gespräche. Abwarten.

sid: Ein tolles Stadtrennen war Singapur im letzten Jahr. Sie sprachen schon von den neuen Kronjuwelen der Formel 1.

Ecclestone: Ja, das war super.

sid: Nur wegen der Faszination des ersten Nachtrennens?

Ecclestone: Nein, nicht nur. Es war ein guter Platz, ein sehr guter. Und die Leute dort haben einen fantastischen Job gemacht. Es war ein Straßenkurs, der wie eine richtige Rennstrecke aussah. Und das mitten im Herzen von Singapur.

sid: Können Sie sich noch weitere Nachtrennen vorstellen?

Ecclestone: Es muss eine Notwendigkeit vorliegen. In Singapur war die Notwendigkeit, dass wir dadurch bessere Fernsehzeiten in Europa bekommen haben

sid: Malaysia hat seinen Vertrag vorzeitig verlängert, mit einer Klausel, kein Nachtrennen veranstalten zu müssen. Nur die Startzeit wurde auf 17 Uhr verschoben. Wie auch in Melbourne...

Ecclestone: Wir sagen niemandem, ihr müsst ein Nachtrennen veranstalten. Wenn sie es wollen, können sie es aber machen.

sid: Welche neuen Rennen kommen in den nächsten Jahren dazu?

Ecclestone: 2010 in Südkorea, 2011 in Indien.

sid: Das sind jeweils große neue Märkte für die Formel 1, wichtig in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise, oder?

Ecclestone: Das ist gut für die Hersteller. Aber ich habe immer nach neuen Märkten gesucht. Die Verträge mit diesen beiden Ländern haben wir schon vor der Krise gemacht.

sid: Beeinträchtigt die Krise die Formel 1 insgesamt?

Ecclestone: Jeder wird beeinträchtigt, bis zum Eisverkäufer an der Rennstrecke, wenn nicht mehr so viele Zuschauer kommen.

sid: Wie steht es mit der Rückkehr nach Nordamerika? Dort gibt es im Moment kein Rennen mehr.

Ecclestone: Die Teams wollten zu viel Geld für die Rennen dort haben. Das war das Problem.

sid: Das würde bedeuten, wenn es eine finanzielle Einigung gäbe, könnten Sie mit der Formel 1 leicht nach Kanada und die USA zurückkehren?

Ecclestone: Ich bin sicher, dass wir das könnten. Wir führen Gespräche.

sid: Ist in den USA die Rückkehr nach Indianapolis denkbar?

Ecclestone: Wir würden woanders hingehen. Im Moment wollen die Teams aber nicht mehr als 17 Rennen.

sid: Was halten Sie von den Plänen für ein neues US-Team?

Ecclestone: Das ist super. Sie kommen aber nur, weil es die Budget-Grenze gibt.

sid: Wird man dieses Team schon 2010 in der Startaufstellung sehen?

Ecclestone: Sie sagen es, ich hoffe es.

sid: Wäre es für Sie ein Traum, wenn dort auch Danica Patrick fahren würde?

Ecclestone: Das wäre prima. Wir sind aber keine Freak-Show. Wenn sie so schnell wäre wie die Kerle, wäre das gut. Sie macht einen guten Job.

sid: Was fehlt der Formel 1 noch? Vor einigen Jahren hatten Sie einmal gesagt, wir brauchen einen Schwarzen, einen schnellen Deutschen, eine Frau und einen Chinesen.

Ecclestone: Da fehlen noch die Frau und der Chinese.

sid: Die Frau könnte Danica Patrick werden...

Ecclestone: Es wäre aber besser, wenn sie Chinesin wäre. Dann wären wir perfekt aufgestellt.

sid: Und Bernie Ecclestone wäre zufrieden. Wie lange wollen Sie der Formel 1 noch erhalten bleiben?

Ecclestone: Wenn ich das nicht mehr leisten kann, was von mir erwartet wird, werde ich gehen. Aber im Moment bin ich körperlich noch gut in Schuss, mental auch. Und ich genieße, was ich tue. Denn ich bin in der glücklichen Lage, dass ich es nicht tun muss.