Galgenfrist für den Hockenheimring

SID
Zukunft des Hockenheimrings für die Formel 1 weiter ungewiss
© Getty

Die Entscheidung, ob der Hockenheimring auch zukünftig Veranstaltungsort eines Formel-1-Rennens sein wird, soll am 20. Mai in einem prominent besetzten Spitzengespräch fallen.

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Erneute Galgenfrist für den Hockenheimring: Die Entscheidung über die Zukunft der deutschen Traditionsrennstrecke als Veranstaltungsort von Formel-1-Läufen ist abermals vertagt worden und soll nun in einem hochkarätig besetzten Spitzengespräch am 20. Mai in Stuttgart fallen.

An diesem sollen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone, die Ministerpräsident Günther Oettinger (Baden-Württemberg) und Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) sowie Vertreter der Stadt Hockenheim und der beiden deutschen Hersteller in der Formel 1, BMW und Mercedes, teilnehmen.

Dies beschloss der Gemeinderat der Stadt Hockenheim am Mittwoch einstimmig. Ob der für 2010 geplante Lauf auf dem Ring ausgetragen wird, ist somit noch offen. Der Gemeinderat will bis zum 20. Mai noch verschiedene Optionen prüfen.

Oberbürgermeister Gummer enttäuscht

"Ich bin ein Stück weit enttäuscht von der Aussage der Landesregierung, die keine konkreten Zahlen genannt hat", sagte Oberbürgermeister Dieter Gummer nach dem zögerlichen Entgegenkommen der Regierung.

Zwar hatte diese mitgeteilt, dass sie sich "nicht verschließen wolle, bei der Abdeckung eines eventuellen Defizits ihren Beitrag zu leisten". In welchem Umfang sich dies bewegen könnte, gab das Land aber nicht preis.

Der Gemeinderat beschloss schließlich laut Gummer, "das Angebot der Landesregierung zu einem Spitzengespräch gerne anzunehmen".

"Im Interesse der Region und des Landes"

Der Rat woll "im Interesse der Region und des Landes" auch über 2010 hinaus an der Formel 1 festhalten, erklärte Gummer: "Deshalb werden wir auch weitere Optionen prüfen. Das Ergebnis bleibt völlig offen. Aber bis zum Sommer brauchen wir ein Ergebnis. Denn dann müssen das Rennen geplant und der Haushalt der Stadt erstellt werden."

Karl-Josef Schmidt, Geschäftsführer der Hockenheimring GmbH, gab allerdings zu bedenken, dass auch ein vorzeitiger Ausstieg alle Beteiligten teuer zu stehen kommen könnte.

"Im schlimmsten Fall könnten die Abstandszahlungen die Höhe des zu erwartenden Verlusts betragen", sagte Schmidt.

Entscheidung über finanzielle Hilfen verschoben

Am Dienstag hatte das Land Baden-Württemberg erneut eine Entscheidung über finanzielle Hilfen verschoben. Für den Lauf 2010 wird ein Verlust von sechs Millionen Euro veranschlagt.

Der Hockenheimring wechselt sich derzeit mit dem Nürburgring als Veranstalter des deutschen Laufs ab, im Falle eines Ausstiegs würde es 2010 erstmals seit 50 Jahren kein WM-Rennen in Deutschland geben.

Die Hockenheimring GmbH, die zu 94 Prozent der Stadt gehört, hatte zuletzt immer wieder das Land aufgerufen, sich finanziell zu beteiligen. Die Sport-Chefs der vier im Motorsport tätigen deutschen Autobauer hatten eine Beteiligung ausgeschlossen. Ecclestone weigerte sich zudem, der deutschen Traditionsstrecke bei den Lizenzgebühren entgegenzukommen.

Seit 1970 31 WM-Rennen

Seit 1970 wurden 31 WM-Läufe der Formel 1 auf dem Hockenheimring ausgetragen. Rekordsieger ist Michael Schumacher mit vier Erfolgen. 2008 gewann der spätere Weltmeister Lewis Hamilton (Großbritannien). Zuletzt hatte es 1960 kein Formel-1-Rennen auf deutschem Boden gegeben.

Anstatt finanzielle Hilfen für die Rennstrecke zu beschließen, hatte die Landesregierung am Dienstag lediglich beschlossen, dass Oettinger (CDU) und Beck (SPD) das Gespräch mit Ecclestone suchen sollen, um generell über die Zukunft der deutschen Formel-1-Strecken Hockenheimring und Nürburgring zu sprechen.

Dabei hatte sogar Ecclestone erklärt, dass es "jetzt an der Regierung ist, ihnen zu helfen. Ich kann nicht verstehen, warum das nicht passiert."

"Umsatz von etwa 40 Millionen Euro"

Karl-Josef Schmidt, Geschäftsführer der Hockenheimring GmbH hatte bereits Ende der vergangenen Woche sein Unverständnis deutlich gemacht. Er könne nur hoffen, dass sich das Land "einen Ruck gibt. Es handelt sich hier schließlich nicht um irgendein Ereignis, sondern um ein sportliches Großevent, das an einem Wochenende einen Umsatz von etwa 40 Millionen Euro einbringt", sagte er und monierte auch die Wettbewerbsnachteile:

"Wir messen uns hier mit einer 20.000-Einwohner-Stadt mit Metropolen wie Singapur oder Melbourne. Ohne eine maßgebliche Beteiligung eines Dritten kann das nicht gut gehen." Dass es nach 2011 überhaupt kein Formel-1-Rennen mehr in Deutschland gibt, hielt er "nicht nur vorstellbar, sondern für ein durchaus realistisches Szenario".

Auch Nürburgring schreibt rote Zahlen

Denn auch der Nürburgring schreibt mit der Königsklasse des Motorsports längst nur rote Zahlen. Dort aber kommt das Land Rheinland-Pfalz als 90-prozentiger Anteilseigner noch weitgehend für die Verluste auf.

Der WM-Lauf 2009 findet am 12. Juli auf dem Nürburgring statt, der Vertrag läuft auch noch für 2011.

Ecclestone hat Alternativen

Alternativen hat Ecclestone längst gefunden. 2010 findet das erste Formel-1-Rennen in Südkorea statt, ein Jahr später ist Indien erstmals dabei.

Auch der Plan eines Stadtrennens in Rom ist nicht vom Tisch. Auch mit London gibt es weiter Gespräche über ein Stadtrennen.

Eine Rückkehr in die USA sei ebenfalls kein Problem, dieses Rennen würde dann aber nicht mehr in Indianapolis stattfinden. Ecclestone schwebt offenbar Las Vegas, New York oder Miami vor.

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