Die WM-Rivalen im direkten Vergleich

Von Alexander Mey
Ferrari und McLaren kämpften im vergangenen Jahr um den Gewinn der Konstrukteurs-WM
© spox

Ferrari und McLaren-Mercedes haben die Hosen herunter gelassen. Die großen Rivalen um die beiden WM-Titel haben ihre neuen Autos für die Formel-1-Saison 2009 vorgestellt. Die neuen Regeln haben die Roten und die Silbernen gezwungen, ähnliche Wege zu gehen. Aber eben nicht genau die gleichen. Wo gibt es Gemeinsamkeiten und wo Unterschiede zwischen dem Ferrari F60 und dem McLaren MP4-24? SPOX und Premiere-Experte Marc Surer haben verglichen.

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Um herauszufinden, wie die beiden Top-Teams die Herausforderungen des neuen Reglements gemeistert haben, bietet es sich an, die Autos von vorne nach hinten unter die Lupe zu nehmen.

Dabei gilt eine Voraussetzung: Die Autos, insbesondere Aerodynamikteile wie die Flügel, werden sich im Laufe der Testfahrten bis zum Saisonstart noch einige Male deutlich verändern. Von daher kann es bei der folgenden Analyse nur darum gehen zu zeigen, welche Basis die Top-Teams von einem weißen Blatt Papier weg geschaffen haben.

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Eine nicht zu unterschätzende Basis, denn: "Wer in der Konzeptphase Fehler gemacht hat, wird diese in der Entwicklungsphase nicht mehr aufholen können", zitiert das Fachmagazin "auto, motor und sport" den scheidenden McLaren-Teamchef Ron Dennis.

Punkt 1: Die Frontpartie

Zunächst eine Gemeinsamkeit. "Beide Autos haben die lange Nase als Lösung gefunden, im Gegensatz zu Toyota", sagt Surer im Gespräch mit SPOX.

Bei Ferrari und McLaren ragt die Nase des Autos deutlich über den Frontflügel hinaus, Toyota hat den Flügel dagegen an der Spitze der Nase befestigt.

"Das halte ich für einen Fehler", sagt Surer. "Denn bei leichten Auffahrunfällen fliegt der große Frontflügel sehr viel schneller weg als der alte. Wenn die Nase nun kürzer ist als die Position des Frontflügels, dann ist die Gefahr viel größer, dass man ihn am Hinterreifen des Vordermanns abfährt. Die lange Nase schützt den Frontflügel dagegen etwas."

Auffällig ist ebenfalls bei beiden Top-Autos, dass die Nase sehr hoch ist, damit die anströmende Luft ungehindert unter das Auto und in den Diffusor strömen kann. "Die neuen Regeln erfordern, dass so viel Luft wie möglich unter das Auto eintreten kann. Der Unterboden muss den Anpressdruck kompensieren, der durch die neuen Bestimmungen für die Flügel verloren geht", sagt Dennis.

Dass die Nase des McLaren etwas rundlicher wirkt als die des Ferrari, scheint nicht von entscheidender Bedeutung. Ebenso wie die Tatsache, dass McLaren am Frontflügel mit zweiteiligen Flaps arbeitet und Ferrari nicht.

Zum Vergleich: Die Bilder des neuen Ferrari

Punkt 2: Die Seitenkästen

Hier zeigen sich deutlichere Unterschiede zwischen Ferrari und McLaren.

Zum Beispiel bei den Rückspiegeln. Während McLaren seine Spiegel konventionell nahe am Cockpit angebracht hat, hat Ferrari die Spiegel weit nach außen versetzt und am Unterboden verankert. Grund: Die senkrechten Halterungsstreben der Spiegel wirken als verkappte Leitbleche, die den Luftfluss um das Auto herum beruhigen.

Eigentlich ein cleveres Design, wären da nicht Sicherheitsprobleme, die sich bereits 2008 gezeigt haben.

"Das gehört verboten, weil die Fahrer durch die Rückspiegel schlicht nichts sehen können. Aus Sicherheitsgründen gehört der Spiegel einfach nicht da hin", sagt Surer.

Die Seitenkästen selbst sind bei beiden Autos ausladender als früher. Grund dafür ist der Platz, den der Hybridantrieb KERS beansprucht.

Trotz KERS haben beide Teams auf überraschend kleine Lufteinlässe für die Motorkühlung gesetzt. Während Ferrari jedoch eine Winkelform bevorzugt hat, zieren den McLaren ovalförmige Öffnungen.

Unabhängig von der Form ist es die Größe, die Surer nachdenklich macht. Schließlich ist der Hybridantrieb bisher dadurch aufgefallen, dass die Batterie sehr schnell überhitzt und zusätzliche Kühlung benötigt.

"Ich bin mir noch nicht sicher, ob das so bleibt. KERS braucht eine Kühlung, die von woanders herkommt als von den Seitenkästen", sagt Surer. "Wenn man wirklich mit KERS fährt, muss man irgendwoher noch frische Kühlluft bekommen. Da werden wohl noch einige Löcher in der Karosserie dazukommen."

Punkt 3: Motorabdeckung und Heck

Der Ferrari wirkt in der Heckpartie einen Tick schlanker als der McLaren. Die Taillierung in Richtung Heck ist beim roten Renner etwas deutlicher ausgeprägt. Auch die Airbox über dem Cockpit ist beim Ferrari schmaler.

Der Clou des Silberpfeils liegt in den Auspuffkaminen. Die Auspuffrohre sind im Gegensatz zum Ferrari voll verkleidet. Das wirkt nicht nur sehr elegant, es sorgt auch dafür, dass keinerlei Luftverwirbelungen entstehen können.

Fehlt noch der Heckflügel, der laut Reglement schmaler und höher sein muss als bisher. Den Teams bleibt darüber hinaus kaum Spielraum für eigene Ideen. Beim Blick auf die beiden Konzepte fällt lediglich auf, dass Ferrari mit durchgehenden Seitenwänden etwas konservativer zu Werke gegangen ist als McLaren, die die Seitenwände bereits aerodynamisch zugeschnitten haben.

Ein Unterschied, der sich bei den folgenden Tests aber mühelos angleichen lässt, sofern sich Veränderungen im Fahrverhalten ergeben.

Viele Details, die im Ernstfall ab Ende März die entscheidenden Hundertstelsekunden bringen sollen. Die Experimentierphase beginnt am Montag bei den Tests in Portimao.

Der Formel-1-Rennkalender 2009 im Überblick