Die fantastischen Vier

Von Alexander Mey
Ferrari, McLaren-Mercedes, BMW-Sauber und Renault gelten als Titelkandidaten
© spox

Mit BMW-Sauber hat der letzte selbsternannte Titelkandidat für die kommende Saison sein neues Auto vorgestellt. Jetzt sind es vier. Ferrari, McLaren-Mercedes, BMW-Sauber und Renault schreiben sich auf die Fahnen, 2009 Weltmeister zu werden. Und keinem kann man zu diesem Zeitpunkt Hochstapelei unterstellen. Alle haben realistische Chancen. Eine Konstellation, die es in der Formel 1 schon seit langem nicht mehr gab.

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Dennoch sind die Voraussetzungen der vier Herausforderer unterschiedlich. Ferrari brachte das neue Auto zwar als Erster auf die Strecke, hat aber noch Probleme mit dem Hybridantrieb KERS und einigen Aerodynamik-Komponenten.

McLaren-Mercedes und BMW-Sauber sind mit der KERS-Entwicklung am weitesten. Vor allem BMW-Sauber muss aus der vergangenen Saison einen Rückstand gegenüber Ferrari aufholen.

Und Renault? Die Franzosen hatten gegen Saisonende 2008 eines der schnellsten Autos, haben mit Fernando Alonso einen der besten, wenn nicht den besten Fahrer im Feld, und Renault hat bei der Konstruktion des neuen Autos für die größten Überraschungen gesorgt.

Wer steht zu Testbeginn wo und was sagen die Verantwortlichen der vier WM-Kandidaten? Ein Überblick:

WM-Kandidat Nummer 1: Ferrari

Das neue Auto: Der F60 hat eine lange hohe Nase, die über den weit ausladenden Frontflügel hinausragt. Der Radstand wurde gegenüber dem F2008 verlängert. Die weit außen angebrachten Rückspiegel dienen als verkappte Leitbleche. Die Seitenkästen sind relativ kurz und rundlich, nach hinten allerdings stark tailliert.

Probleme: Ferrari hat bisher so gut wie keine Erfahrung mit KERS: Erst beim Roll-Out am 12. Januar in Mugello war das System zum ersten Mal an Bord. Noch ist offen, ob die Scuderia zum Saisonstart überhaupt KERS einsetzt. Weitere Probleme bereiten die Auspuffrohre. Die ragen bei Ferrari aus der Verkleidung des Autos heraus, was nach Ansicht der Konkurrenz illegal ist. Allerdings sollte es kein großer Aufwand sein, in diesem Punkt nachzubessern. Noch ein Problem deutet sich beim Frontflügel an. Der wurde beim Roll-Out beschädigt. Die Fehleranalyse läuft noch.

Das sagen die Beteiligten:

Luca di Montezemolo (Präsident): "Ich finde das neue Auto hässlich. Aber wenn es gewinnt, dann ist es für mich das schönste Auto der Welt. "

Gilles Simon (Motorenchef): "KERS ist ein komplexes System, das wir noch nicht auf der Strecke weiterentwickelt haben. Da wartet noch eine Menge Arbeit auf uns."

WM-Kandidat Nummer 2: McLaren-Mercedes

Das neue Auto: Der MP4-24 fällt durch eine lange, abgerundete Nase auf, die die Luft optimal nach hinten leiten soll. Die Seitenkästen sind weit ausladend, laufen aber nach hinten wie beim Ferrari schmal zu. Elegant und gleichzeitig aerodynamisch vorteilhaft ist die Verkleidung der Auspuffrohre gelöst.

Probleme: Überraschend wenige. Nur der Motor macht noch ein bisschen Sorgen. Nicht unbedingt, weil er länger halten muss, sondern weil er nur noch 18.000 Umdrehungen pro Minute leisten darf. Dadurch ist das Aggregat nicht mehr voll am Limit und Mercedes kann die Vorteile im Grenzbereich, die man 2008 hatte, nicht mehr voll ausnutzen.

Das sagen die Beteiligten:

Norbert Haug (Motorsportchef): "Wenn der Motor 1000 Kilometer halten muss, wird er auf Prüfständen auf 1500 Kilometer erprobt. Mit den neuen Regeln müssen wir sie jetzt 3000 Kilometer auf dem Prüfstand fahren. Das schüttelt man nicht aus dem Ärmel."

Ron Dennis (Teamchef): "Der MP4-24 ist ein Auto, bei dem das Konzept stimmt. Und er ist dank unserer ausgefeilten Programme und Simulatoren auch ein hochentwickeltes Auto."

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WM-Kandidat Nummer 3: BMW-Sauber

Das neue Auto: Der F1.09 ist auf den ersten Blick das konservativste der neuen Autos. Ins Auge fällt zuerst der mächtige dreiteilige Frontflügel. Er ist am vorderen Ende einer ebenso wuchtigen Nase angebracht. Die Seitenkästen weisen keine so starke Taillierung auf wie bei der Konkurrenz. Vor den Kühlöffnungen in den Seitenkästen leiten kleine Leitbleche die Luft sauber um das Auto herum.

Probleme: BMW gibt trotz ausgiebiger Tests zu, dass KERS noch nicht die Rennreife besitzt. Ein Einsatz in Melbourne, wo der Vorteil mit KERS ohnehin nicht allzu groß sein sollte, ist noch nicht hundertprozentig sicher. Eventuell rächt sich das konservative Design des Autos noch und man muss nachbessern. Das müssen die ersten direkten Vergleiche mit der Konkurrenz aber erst noch zeigen.

Das sagen die Beteiligten:

Mario Theissen (Motorsportchef): " Wir haben alle unsere Ziele in den ersten drei Jahren realisiert, und ich sehe keinen Grund, warum wir das schwerste nicht auch erreichen sollten. Wir wollen mit den anderen zwei, drei großen Teams um die Titel mitkämpfen."

Robert Kubica (Pilot): "Ich denke, wir werden für beide WM-Titel zu den Anwärtern gehören."

WM-Kandidat Nummer 4: Renault

Das neue Auto: Der R29 ist das radikalste Konzept alle Titelkandidaten. Renault hat trotz der Regeländerungen bei der Aerodynamik an der Haifischflosse als Verlängerung des Flügels an der Airbox festgehalten. Das sorgt zwar für mehr Luftwiderstand, bringt aber auch eine bessere Anströmung der Luft an den kleineren Heckflügel. Die Nase ist extrem breit und die Seitenkästen sind deutlich taillierter als zum Beispiel beim BMW. Das Wichtigste ist aber: Renault durfte im Winter als einziges Team den Motor nachbessern. Dort lag 2008 der größte Nachteil gegenüber der Konkurrenz. Nun, da man dort gleichwertig ist, scheint alles möglich.

Problem: Renault hat noch gar nicht mit KERS getestet und es ist auch alles andere als sicher, ob sie das System überhaupt zum Saisonstart einsetzen, obwohl Teamchef Flavio Briatore davon ausgeht. Wegen des relativ hohen Gewichts des Systems musste Renault das Auto ultraleicht bauen. Folge: Man fiel im ersten Anlauf durch den FIA-Crashtest.

Das sagen die Beteiligten:

Fernando Alonso (Pilot): "Ich glaube, wir können in der Weltmeisterschaft 2009 nur ein Ziel haben: Gewinn des Fahrertitels und der Konstrukteursmeisterschaft. Unsere Ergebnisse im Windkanal und auf dem Motorenprüfstand haben uns bessere Werte beschert, als wir es jemals erwartet hätten."

Flavio Briatore (Teamchef): "Wir haben den Motor nicht verändert. Wir durften ein bisschen weiterentwickeln, aber das war nichts Dramatisches. Es war genug, um den Abstand zur Spitze zu schließen. McLaren-Mercedes und Ferrari sind vielleicht ein bisschen besser dran, aber wir haben den Abstand verkürzt. Jetzt sind wir immerhin konkurrenzfähig.

Der Formel-1-Rennkalender 2009 im Überblick